Zurück zu den neuesten Artikeln...
37. Nick Cave & Warren Ellis „Australian Carnage – Live At The Sydney Opera...
38. Arvo Pärt „Tractus“
39. Hania Rani „Ghosts“
40. Tom Gaebel „A Christmas To Remember“
41. The Gurdjieff Ensemble / Levon Eskanian „Zartir“
42. Jeremias Keller „Alloy“
Mittwoch 27.12.2023
Nick Cave & Warren Ellis „Australian Carnage – Live At The Sydney Opera House“
Bilder
Nick Cave fährt schon seit geraumer Zeit die Ernte ein, deren Grundstock er vor vier Jahrzehnten gesät hat. Damals noch ein Außenseiter, ein Rebell, ein Egozentriker, der jede Form von musikalischem Mainstream verdammte, gehört sein Schaffen heute zum Kanon ambitionierter Popmusik. Seine Balladen müssen mittlerweile in einem Atemzug mit denen von Leonard Cohen genannt werden – was aber nicht heißt, Cave wäre nicht mehr in der Lage, musikalisch zu provozieren, oder ein Rock'n Roll-Feuerwerk in Punk-Manier abzubrennen.
Doch spätestens seitdem sich der Australier Cave mit dem Australier Warren Ellis zusammengetan hat, veränderte sich sein musikalischer Schaffensprozess hörbar. Knapp zwanzig Alben mit Filmmusik haben die beiden zusammen veröffentlicht und waren, im Zenit ihres Schaffens und Erfolges, im letzten Jahr erstmals zusammen in Australien auf Tour. Sie wurden im ganzen Land gefeiert wie zwei erfolgreiche Heimkehrer und traten die letzten drei Tage in Sydney auf. Das Ereignis wurde jetzt auf „Australian Carnage – Live At The Sydney Opera House“ veröffentlicht. Beseelte Songs, die mehr nach Gospel als nach Alternative klingen, die ebenso erbaulich wirken, wie sie düster klingen und Trauer wie auch Schmerz zum Ausdruck bringen. Zeitlose Song-Obsessionen aus dem Grenzbereich zwischen Unerbittlichkeit, Würde und Harmonie. Kurz: Mehr Kunst als Punk.
Jörg Konrad

Nick Cave & Warren Ellis
„Australian Carnage – Live At The Sydney Opera House“
Goliath Records
Permalink zum ArtikelDiese Adresse können sie verwenden, um von ihrer Seite, ihrem Blog etc. direkt auf den Artikel zu verweisen.
Klicken sie dazu auf den Link und verwenden die Adresse in der Adressleiste, oder klicken mit der rechten Maustaste hier und kopieren den Link direkt.
Nach oben scrollenKlicken sie hier um schneller an den Anfang der Seite zu gelangen.
Autor: Siehe Artikel
Dienstag 19.12.2023
Arvo Pärt „Tractus“
Bilder
Die Musik Arvo Pärts hat bei ECM schon seit fast vierzig Jahren eine legitime Heimat gefunden. In dieser Zeit ist ein Großteil der Werke des estnischen Komponisten meisterhaft auf dem Münchner Label editiert worden. Vom ersten Album „Tabula Rasa“, das 1984 erschien und zugleich die Reihe ECM New Series eröffnete, spricht man heute vals einem „Monument der modernen Musik“.
Das jetzt erschienene „Tractus“ von Arvo Pärt vereinigt Kompositionen, die zwischen 1988 und 2014 entstanden sind und die in ihrem klanglichen Kern das Verhältnis zwischen Streichorchester und menschlicher Stimme noch einmal neu ausloten. Denn Pärt hat die Stücke überarbeitet, sie mit seinen heutigen Erfahrungen und seinem jetzigen Wissen abgeglichen und sie somit, wie in einem Begleittext zu lesen ist, mit der Vergangenheit versöhnt.
Eingespielt wurden die Aufnahmen, die, wie man es von dem Esten gewohnt ist, den Dialog zwischen Klang und Stille, Musik und Wort, Instrumentalem und Vokalem und zwischen Weltlichem und Kirchlichem (Wolfgang Sandner) aufrecht erhalten, im September 2022 in der Methodist Church in Tallin. Es spielt das Tallin Chamber Orchestra und der Estonian Philharmonic Chamber Choir unter der Leitung von Tonu Kaljuste.
Die textliche Grundlage eines Großteil der hier versammelten Werke sind Gebete, die der Musik einen hohen Grad an Spiritualität verleihen. Diese vermittelt inhaltlich, auch was ihr Klangspektrum betrifft, Demut und Respekt vor dem Leben. Um dies zu spüren, bedarf es im Grunde keiner namentlichen zugeordneten Religiosität. Jedoch einer sensiblen Sinneswahrnehmung, oder, ganz profan ausgedrückt: Offener Ohren. Dann wird dieses nachdenklich machende und dabei trostspendende Album in dieser gebrochenen Zeit zu einem Fest der Hoffnung. Die Suche nach dem vollendeten Ausdruck hat den 89jährigen Pärt bis heute nicht verlassen. Und, wie „Tractus“ so beeindruckend hörbar macht, wird er immer wieder fündig.
Jörg Konrad

Arvo Pärt
„Tractus“
ECM
Permalink zum ArtikelDiese Adresse können sie verwenden, um von ihrer Seite, ihrem Blog etc. direkt auf den Artikel zu verweisen.
Klicken sie dazu auf den Link und verwenden die Adresse in der Adressleiste, oder klicken mit der rechten Maustaste hier und kopieren den Link direkt.
Nach oben scrollenKlicken sie hier um schneller an den Anfang der Seite zu gelangen.
Autor: Siehe Artikel
Freitag 15.12.2023
Hania Rani „Ghosts“
Bilder
Ihre Songs scheinen aus fernen Welten zu uns herüberzuwehen. Es sind luftige, melancholische Lieder, die in einer Zeit verzaubern, in der sich die Poesie innerhalb der Musik immer schwerer durchsetzt - weil sie gnadenlos dem Kommerz zum Opfer fällt. Hania Ranis Werke hingegen sind zauberhafte Hymnen, unberechenbare Metaphern aus dem Jenseits. Die Songs besitzen Brückenfunktion. Rani tastet sich mit ihnen langsam und behutsam in wenig erforschtes, der electronic zugehörendes Niemandsland vor. Hier setzt die in Danzig geborene und heute in Berlin lebende Komponistin, Sängerin, Instrumentalistin und Produzentin auf der Grundlage ihrer Sensibilität und Neugierde individuelle Marksteine. Alben wie „Esja“, „Home“ oder zuletzt ihre Reminessenz an den schweizer Bildhauer und Grafiker Alberto Giacometti, für dessen Dokumentarfilm „I Giacometti“ (Regie: Susanna Fanzun) sie den Soundtrack komponiert und eingespielt hat, sind ein Beispiel für Suche nach den Sounds, die ihr Innenleben bestimmen und ausfüllen.
Nun „Ghosts“, ein Album, das ähnlich seinen Vorgängern, mit einem Minimum an instrumentaler Begleitung auskommt. Hania Rani reduziert alle zusätzlichen Stimmungen, um keine überwältigenden Atmosphären zu schaffen. Ihr sind die kleinen musikalischen Dinge, Wendungen und Konturen von großer Wichtigkeit. Ihre Songs sollen atmen, sollen mit der Umgebung in Wechselwirkung stehen. Ihr elfenähnlicher Gesang gibt den Songs noch ein zusätzliches Geheimnis, das für verwunschene Landschaften, zeitlose Abläufe steht.
Welche musikalischen Einflüsse haben Hania Rani aber selbst sozialisiert? „Nun, ich habe natürlich klassische Musik studiert, aber ich habe viele verschiedene Arten von Musik gehört“, erzählte sie in einem Interview. „Ich habe einfach versucht, neue Dinge zu entdecken, wie jeder Teenager oder jedes Kind. Natürlich gab es Bands wie Radiohead, die für mich sehr wichtig waren, Pink Floyd und sogar noch vor den Beatles, dann war es vielleicht eher elektronische Musik. Ich habe mich für alle Arten von Musik interessiert und nie nur für eine Art von Musik.“ Das wird auch an der Wahl ihrer Gastmusiker für „Ghost“ deutlich. Mit dabei sind Ólafur Arnalds, Duncon Bellamy (Portico Quartet) und Patrick Watson.
Hania Rani macht somit auch deutlich, wie wichtig ihr Einflüsse von außen sind – ohne dass das eigene musikalische Ergebnis dabei nach diesen Favoriten klingt. Aber sie helfen ganz gewiss, die eigene Stimme zu finden und den Mut zu haben, den eigenen künstlerischen Weg zu gehen.
Eine Jahreshitparade gibt es bei KultKomplott nicht. Sollte es diese hingegen doch geben, läge „Ghost“ mit Sicherheit ganz weit vorn.
Jörg Konrad

Hania Rani
„Ghosts“
Gondwana
Download / CD / Vinyl
Permalink zum ArtikelDiese Adresse können sie verwenden, um von ihrer Seite, ihrem Blog etc. direkt auf den Artikel zu verweisen.
Klicken sie dazu auf den Link und verwenden die Adresse in der Adressleiste, oder klicken mit der rechten Maustaste hier und kopieren den Link direkt.
Nach oben scrollenKlicken sie hier um schneller an den Anfang der Seite zu gelangen.
Autor: Siehe Artikel
Dienstag 12.12.2023
Tom Gaebel „A Christmas To Remember“
Bilder
Er war einzigartig, hat das Amerika der Reichen wie kaum ein anderer (musikalisch) verkörpert; er konnte swingen wie der Teufel, hat schlichte Schlager gesungen und sie mit seinen Interpretationen veredelt; um ihn zu begleiten haben sich Orchesterchefs wie Count Basie oder Nelson Riddle bis aufs Messer bekämpft; und Miles Davis sagte einmal über ihn, er habe, was die Phrasierung und das Zeitgefühl betrifft, von niemanden soviel gelernt wie von Ol’ Blue Eyes. Frank Sinatra, „The Voice“, war schon zu Lebzeiten eine Legende. Seit zweieinhalb Jahrzehnten nicht mehr unter den Lebenden, haben sich nur ganz wenige an ihn und seine Kunst herangewagt.
Einer von diesen wenigen ist Tom Gaebel, der im Grunde seine ganze Kariere auf Sinatra aufgebaut hat. Und wer eines von Gaebels Konzerten besucht hat weiß, mit welchem Geschick und welcher Hingabe sich der Gelsenkirchener dieser Aufgabe stellt.
Trotzdem, Gaebel klingt zwar wie Sinatra, aber er weiß auch, das er nicht Sinatra ist. Er führt einfach weiter, was der aus Hoboken, New Jersey stammende Sänger, Schauspieler und Entertainer einst verkörperte. Und da Sinatra auch bekannt für seine swingenden Alben zum Weihnachtsfest war, häufig zusammen mit Sammy Davis jr. und Dean Martin, wundert es nicht, dass auch Tom Gaebel ähnlich produziert. Vor einigen Wochen erschien mit „A Christmas To Remember“, eine Sammlung von Weihnachtssongs, die dieses typische Sinatra-Feeling ausstrahlt. Und wie sein Favorit nimmt auch Gaebel den langen Noten das Gewicht, intoniert wie ein Jazzsänger, verschiebt die Nuancen minimal und wirkt dadurch sehr persönlich. Hinzu kommen orchestrale Arrangements für Big Band und mit Streichern, die der Musik eine gewisse Sentimentalität geben, aber doch alles federleicht erscheinen lassen. Diese Form der zeitlosen Musik, scheint heute hingegen der Vergangenheit anzugehören. Dieses kokette, charmante, raffinierte Songwriting - wie beiläufig, aber perfekt. Auch wenn das Cover manchen Wunsch offen lässt - ideale Musik zum Jahresausklang.
Jörg Konrad

Tom Gaebel
„A Christmas To Remember“
Warner
Permalink zum ArtikelDiese Adresse können sie verwenden, um von ihrer Seite, ihrem Blog etc. direkt auf den Artikel zu verweisen.
Klicken sie dazu auf den Link und verwenden die Adresse in der Adressleiste, oder klicken mit der rechten Maustaste hier und kopieren den Link direkt.
Nach oben scrollenKlicken sie hier um schneller an den Anfang der Seite zu gelangen.
Autor: Siehe Artikel
Dienstag 05.12.2023
The Gurdjieff Ensemble / Levon Eskanian „Zartir“
Bilder
Das Gurdjieff Ensemble unter der Leitung des im Libanon geborenen Musikethnologen Levon Eskenian beschäftigt sich seit Jahren mit traditioneller armenischer Musik, die historisch bis in die Antike zurückreicht. Eskenian übertrug für das Album „Zartir“ originale Vorgaben von Sayat-Nova (1712-1795), Asgugh Jivani (1846-1909) und speziell Georges I. Gurdjieff (1877-1949) auf volkstümliche Instrumente und arrangiert damit ein besonderes akustisches Erlebnis. Denn einerseits bewahrt Eskanian das musikalische Kulturerbe Armeniens und schafft zugleich eine völlig neue, beinahe moderne Offenheit für dieses historische Liedgut. Durch das Zusammenbringen von typisch östlichen Instrumenten wie der Oud, der Kamancha (Stechgeige), der Zurna (einem Doppelrohrblattinstrument mit trichterförmigem Schallbecher), der Pogh (Flöte), der Santur (einer Art Hackbrett) und verschiedene Hand- und Schlegeltrommeln entsteht ein ganz besonderes gemeinschaftliches Klangbild, das neue Hör-Dimensionen erschließt. Es sind akustische Botschaften ferner Regionen und Religionen. Als eine Verbindung zwischen geistlicher und weltlicher Musik vermitteln diese Aufnahmen zugleich unterschiedliche Stimmungen, die von zart lyrisch, über meditativ, überwältigend, bis mahnend intensiv gefangen nehmen. Das Gurdjieff Ensemble unter der Leitung von Levon Eskanian unternimmt auf „Zartir“ versöhnliche Wanderungen durch Zeiten und Gezeiten, durch Territorien und Befindlichkeiten, durch Hoffnungen und Überzeugungen, durch Originäres und Adaptives. Es ist der Klang der Seele einer für uns fernen und doch ungemein faszinierenden Welt.
Jörg Konrad

The Gurdjieff Ensemble
Levon Eskanian
„Zartir“
ECM
Permalink zum ArtikelDiese Adresse können sie verwenden, um von ihrer Seite, ihrem Blog etc. direkt auf den Artikel zu verweisen.
Klicken sie dazu auf den Link und verwenden die Adresse in der Adressleiste, oder klicken mit der rechten Maustaste hier und kopieren den Link direkt.
Nach oben scrollenKlicken sie hier um schneller an den Anfang der Seite zu gelangen.
Autor: Siehe Artikel
Dienstag 28.11.2023
Jeremias Keller „Alloy“
Bilder
Ronin Rhythm Records ist ein in Zürich ansässiges Label, welches 2006 von Nik Bärtsch gegründet wurde. Nachdem er auf dieser Plattform in den ersten Jahren seine eigenen Alben veröffentlichte, steht es jetzt kreativen Geistern offen, die ihre musikalische Erfüllung im Grenzgebiet von New Minimal, Funk und Ritual Groove Music finden.
Jeremias Keller ist Multi-Instrumentalist, Komponist, Songwriter und Produzent. Neben seiner Mitgliedschaft in Nik Bärtschs Formation Ronin war und ist er unter anderem Teil des Gewandhaus Orchester Leipzig, hat mit den Steamboat Switzerland Extended gespielt, mit Django Bates und Collin Valon. „Alloy“ ist Kellers neustes Projekt auf dem er sich zwischen hartem Funk, Minimal Music und weitflächigen Klanglandschaften bewegt. Es sind zum Großteil elektronische Bausteine, die er hier in einem Soloritt zusammensetzt, diese mit ungeraden Metren unterlegt und so etwas wie eine Dub-Ambient-Sinfonie entwickelt. Der polyrhythmische Groove kommt pulsierenden Beschwörungsformeln gleich; harmonische Schlaufen, die ineinandergreifen, setzen in ihrer kontrollierten Freiheit unglaubliche Energien frei. Diese Musik ist sehr konkret und ermöglicht einen glühendheißen Blick in die Ferne. Sie beruhigt in ihrer Minimalkunst und regt mit ihrer grollenden Statik zugleich an und auf. Körpermusik – nicht unbedingt für das Tanzparkett, aber für die Dancehall allemal.
Jörg Konrad

Jeremias Keller
„Alloy“
Ronin Rhythm Records
Permalink zum ArtikelDiese Adresse können sie verwenden, um von ihrer Seite, ihrem Blog etc. direkt auf den Artikel zu verweisen.
Klicken sie dazu auf den Link und verwenden die Adresse in der Adressleiste, oder klicken mit der rechten Maustaste hier und kopieren den Link direkt.
Nach oben scrollenKlicken sie hier um schneller an den Anfang der Seite zu gelangen.
Autor: Siehe Artikel
© 2024 kultkomplott.de | Impressum
Nutzungsbedingungen & Datenschutzerklärung
KultKomplott versteht sich als ein unabhängiges, kulturelle Strömungen aufnehmendes und reflektierendes Portal.