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125. Die Rückkehr zum Mond
124. Die Schraube ist eine lösbare Verbindung
123. Wandernde Sonnenflecken
122. Zum Schwärmen schön
121. Scheinbare Ordnung
120. Orion im Anmarsch
Montag 01.04.2024
125. Die Rückkehr zum Mond
Bilder
Foto: Martin Gebhardt
Im Monat April verändern sich die abendlichen Beobachtungsbedingungen abrupt. Der natürliche Faktor ist dabei die Verschiebung der Dämmerung und die damit verbundene Zunahme der Tageslänge. Bis zum Ende des Monats nimmt sie auf 14 Stunden und 40 Minuten zu. Ein zweiter, in diesem Falle selbst auferlegter Faktor stellt die Umstellung auf die Sommerzeit dar. Von einem Tag auf den anderen verschiebt sich dadurch die Dämmerung um eine weitere Stunde. Daher ist das Aufsuchen der Sternbilder auf Zeiten nach 20 Uhr beschränkt. Trotzdem ist der Wechsel von den Wintersternbildern zu den Frühlingssternbildern deutlich auszumachen. Der Löwe mit seinem Hauptstern Regulus und die ab Mitternacht sichtbare Jungfrau mit ihrem Hauptstern Spica bestimmen den Anblick in südlicher Richtung. Die Planeten machen sich nun komplett rar. Während Jupiter kurz nach der Sonne untergeht, kommen Mars, Saturn und Venus kaum zur Geltung, da sie flach am Osthimmel stehen. Bereits kurz vor Sonnenaufgang werden sie vom Morgenrot überstrahlt.

Die aktuellen Missionen zu unserem Erdtrabanten sind aufgrund ihrer vielfältigen Ziele und der inzwischen auch privat finanzierten Unternehmungen nicht leicht überschaubar.
Schauen wir zunächst rückblickend auf vergangene Jahre: Im April 2019 stürzte der private israelische Mondlander Beresheet-1 bei seinem Landeversuch ab und im April 2023 schlug der ebenfalls private japanische Mondlander Hakuto-R auf unserem Erdtrabanten unsanft auf.
Recht unrühmlich endete auch der erste Versuch der russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos nach 47 Jahren wieder eine wissenschaftliche Mission zu unserem Erdbegleiter zu unternehmen, denn am 20.August zerschellte die russische Raumsonde Luna 25 auf der Mondoberfläche. Die vorhergehende Mission Luna 24 landete übrigens fast punktgenau am 18.8.1976 im Mare Crisium, nur wenige hundert Meter vom Landeort der Vorgängersonde Luna 23 entfernt. Es war die letzte erfolgreiche sowjetische Mondmission, die sogar Proben von der Oberfläche mit Hilfe einer Rückkehrsonde zur Erde brachte. Die 170 Gramm Mondgestein wurden mit Hilfe eines Bohrgerätes aus einer Tiefe von zwei Metern gewonnen.
Warum nun so viele Jahre später nicht einmal mehr die sanfte Landung glückte, lässt viel Raum für Spekulationen. Es scheint, dass die Konzentration der russischen Ingenieure auf das Kerngeschäft des Transports von Kosmonauten zur Internationalen Raumstation ISS keine Möglichkeiten für die Weiterentwicklung der Techniken aus den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts zuließ. So scheiterte die eigentlich als das russische Jubiläums-Vorzeigeobjekt konzipierte Luna 25-Mission kläglich.
Dagegen feierte nur drei Tage später, am 23.8.23 Indien die erfolgreiche Landung seiner Sonde Chandrayaan-3. Das indische Raumfahrzeug landete sanft am Südpol des Mondes. Dort hofft man an Kraterrändern, in die aufgrund der hohen südlichen Lage kein Sonnenlicht gelangt, auf Wasser zu stoßen.
Den Start zur diesjährigen Mond-Kampagne bildete mit der Raumsonde Peregrine eine private Mission der US-Firma Astrobotic. Aufgrund eines Treibstofflecks bekam die Sonde bereits Probleme beim Start und verglühte in der Erdatmosphäre. Ein herber Rückschlag für das ambitionierte Team der in Pittsburgh ansässigen Firma.
Erfolgreicher war Mondlandemission IM-1 des privaten Raumfahrtunternehmens Intuitive Machines. Die Mondsonde Odysseus konnte weich landen, kippte aber wenig später um. Nach dem Ende der Mondnacht am 20.März will man versuchen „Odie“, wie die Missionleitung liebevoll das Landemodul nennt, zu reaktivieren.
Die Mission SLIM der japanischen Raumfahrtbehörde JAXA brachte am 19.Januar eine Mondlandefähre in der Nähe des Kraters Shioli im Mare Nectaris zur Landung. Allerdings musste die Sonde dann in einen Tiefschlaf versetzt werden, um alle Energiereserven in der mit bis zu Minus 160 Grad bitterkalten Mondnacht zu speichern. Die Berechnungen für den „Auftauprozess“ sahen zunächst nicht gut aus, doch dann wurde bald klar, dass der Lander die Mondnacht überraschend gut überstanden hat. Die Bilder stammen übrigens von einem kleinen technischen Meisterwerk. Es ist eine wenige Zentimeter große Minisonde, die sich kurz nach der Landung entfaltete und über den Sender des Mutterschiffs die einzigartigen Daten übertrug.
Die Hintergründe für die erneuten Versuche des Menschen, auf dem Mond Fuß zu fassen liegen klar auf der Hand: Zum einen ist der Mond von großem Interesse, da man Bodenschätze wie Seltene Erden, die für die E-Mobilität auf unserem Planeten so wichtig sind, im großen Stil abbauen will. Zum anderen ergibt sich für die erdzugewandte Seite des Mondes die ideale Möglichkeit einer Startbasis für den Flug zum Mars. Die Vorteile für den Start einer Marsmission sind durch die geringe Schwerkraft begründet. Ein Raumschiff, das für eine mehrjährige Reise von mindestens vier Marsionauten konzipiert wäre, könnte sich aufgrund der gewaltigen Größe nur sehr schwer aus der Erdumlaufbahn heraus zum roten Planeten beschleunigen. Auf der „Moonbase“ könnte es hingegen Modul für Modul zusammengebaut werden, bevor es zu der rund zweijährigen Reise zum Mars startet.
Zuvor allerdings muss man gewissermaßen das Fahrrad noch einmal neu erfinden. Mit dem Artemis-Programm versucht dies die NASA schon seit mehreren Jahren. Nach dem erfolgreichen Test der unbemannten Mondmission "Artemis 1“ Ende 2022 sollte nun im November 2024 der erste bemannte Flug erfolgen: Mit Artemis 2 fliegt die Menschheit wieder zum Mond und diesmal steht mit der Missionsspezialistin Christina Hammock Koch erstmals eine Frau vor dem Flug zu unserem Erdtrabanten. Zur Crew der Artemis 2 gehören weiterhin der Kommandant Reid Wiseman, der Pilot Victor Glover sowie Missionsspezialist Jeremy Hansen.
Anfang des Jahres gab allerdings die NASA bekannt, dass der Start aufgrund technischer Probleme in den September 2025 verschoben werden muss. Seit der letzten Mondmission durch die Besatzung der Apollo 17 sind übrigens 52 Jahre vergangen. Aber nur durch diese Schritte, die unweigerlich an die Abläufe der Apollo Missionen vor mehr als 50 Jahren erinnern, wird es gelingen, eines Tages eine funktionierende Mondbasis aufzubauen.
Skurriel mutet dabei die Auftragsvergabe für die neu zu entwickelnde Mondlandefähre an: Zwei private Firmen sind mit diesem hochsensiblen Projekt betraut worden. Zum einen die Firma Blue Origin des Milliardärs Jeff Bezos, die ihr Projekt „Blue Moon“ bereits relativ weit voran getrieben.
Zum anderen ist natürlich auch Elon Musk mit seiner Firma Space X dabei. Gigantische 47 Meter hoch soll das Landegerät werden, was für die ohnehin problematische Landung auf unserem Erdtrabanten viel zu groß zu sein scheint. Doch hier wird erst die ferne Zukunft zeigen, wer diesen Wettlauf zum Mond gewinnen wird. Interessant ist allerdings der Fakt, dass die NASA für die Entwicklung dieser konkurrierenden Mondlander genau festgelegte Fördersummen verteilt. Experten gehen aber davon aus, dass die hochtechnisierten Projekte mindestens doppelt so teuer werden, sodass die ohnehin nicht zu den Ärmsten zählenden Chefs Bezos und Musk etliche Milliarden aus der eigenen Tasche in die Entwicklung stecken werden. Schon jetzt sind Unsummen für die Fortentwicklung der Projekte angesetzt. Aber für die Befriedigung ihres eigenen Egos ist den beiden Superreichen scheinbar nichts zu teuer und das wiederum ist der Hintergrund des seit Jahren anhaltenden Duells um die Spitzenposition in der Raumfahrt der Zukunft.
Abschließend gibt es einen Grund zum Schmunzeln, denn noch immer wird die B-Variante des ersten Marsbesuches diskutiert. Die Idee: Mit einem „One Way Ticket“ sollen die ersten Marsionauten ausgestattet sein, denn ein Rückflug zur Erde ist bei dieser Variante der Mission nicht geplant. Wie nicht anders zu erwarten, haben sich tatsächlich einige Freiwillige bei der NASA gemeldet. Sie wären dann die ersten Erdenbürger, die auf einem anderen Planeten ihre letzte Ruhestätte erhalten würden – ein letztlich recht abstruser Gedanke.
Klaus Huch, Planetarium Halberstadt
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EsWa, Galaxien 229, Digital, 96 x 81, 2024
Freitag 01.03.2024
124. Die Schraube ist eine lösbare Verbindung
Die Tagundnachtgleiche bestimmt den Monat März. Dabei huscht jedem Menschen ein Lächeln über das Gesicht, wenn er erfährt, dass die Tage wieder länger werden. Damit ist eng die Wiederkehr des Lichts verbunden und der Gedanke an österliche Spaziergänge. Man glaubt gern, dass der Winter - um mit Goethe zu sprechen - sich in ferne Berge zurückzieht. Am 25.März haben wir bereits den ersten Frühlingsvollmond und nur sechs Tage später ist Ostersonntag. Diese einfache Berechnung ist ein sehr schönes Beispiel für die im Jahre 325 auf dem Konzil von Nicäa aufgestellte Osterregel, die besagt, dass der Ostersonntag immer an dem Sonntag zu feiern sei, der dem ersten Frühlingsvollmond folgt.
Am Sternhimmel vollzieht sich der Wechsel von den Wintersternbildern zu den Frühlingssternbildern. Das Sternbild Löwe ist bereits gegen 21 Uhr sichtbar und sein Hauptstern Regulus um 23 Uhr der deutlich hellste Stern in südlicher Himmelsrichtung. Einzig der Jupiter erfreut uns bereits in der Abenddämmerung mit seiner guten Sichtbarkeit. Alle anderen Planeten sind momentan für uns nicht beobachtbar.

Ist ein Nagel erst einmal tief eingeschlagen, gibt es ein großes Problem, ist dieser nicht an der richtigen Stelle platziert. Die Schraube hingegen ist eine lösbare Verbindung und stellt somit eine eindeutige Alternative dar. Soweit so gut. Nur wie kann es dann sein, dass man ganze vier Monate für das Lösen von gerade einmal zwei Schrauben braucht?
Als vor wenigen Wochen NASA-Techniker beim Versuch des Öffnens der Probenrückkehrkapsel von OSIRIS-REx genau dies zugeben mussten, haben sie Hohn und Spott wie „so schwer kann das doch nicht sein!“ geerntet.
Aber der Reihe nach: Bis zu diesem Moment, in der lösbare Verbindungen gefragt waren, gingen zwei Jahrzehnte einer äußerst anspruchsvollen Planung des Satellitenbaus und letztlich der Durchführung der Mission ins Land.
Die Idee selbst hört sich denkbar einfach an: Man entsendet eine Raumsonde zu einem Asteroiden, lässt sie dort eine Sonde absetzen, entnimmt Gesteinsproben und bugsiert sie dann im Huckepack-Modus wieder zurück in Richtung Erde. Dort klingt man die Rückkehrkapsel aus und lässt sie - abgebremst durch Hitzeschild und Bremsfallschirm - die Erdatmosphäre passieren. Wenn dann die Landung in möglichst unbewohntem Terrain geglückt ist, muss die kleine Kapsel nur noch gefunden und geöffnet werden. Erst dabei kommt man dem Ziel der Mission näher: Den verschiedensten Laboren der astronomischen Forschergemeinde kann weltweit Material aus den Anfängen unseres Sonnensystems zur Verfügung gestellt werden.
In der Realität der Raumfahrt ist eine solche Geschichte leider nicht so schnell umgesetzt. Zunächst müssen Zeitfenster für das Fluggerät berechnet und geprüft werden, Konsortien begleitender Universitäten gebildet und erste Pilotsonden konzipiert werden. Erst wenn das Projekt mit der Machbarkeitsstudie aufwarten kann, sind die Entscheidungsträger gefragt.
Bei der Raumfahrt-Mission mit dem Namen OSIRIS REx (Origins Spectral Interpretation Resource Identification Security – Regolith Explorer), deren Aufgaben sowohl die spektroskopische Analyse des Asteroiden als auch das Einsammeln regolithischen Materials sind, kam es bereits im Jahr 2011 zu Erfolgsmeldungen, denn das Projekt hatte sich im Auswahlverfahren gegen einen Venus-Lander durchgesetzt. Bis zum Start am 8.September 2016 der bei Lockheed-Martin gebauten OSIRIS REx vergingen dann noch einmal fünf und bis zum Rendezvous mit dem Asteroiden (101955) Bennu ganze acht Jahre.
An dieser Stelle sollte angemerkt werden, dass es sich nicht wie bei vielen anderen Raumfahrtprojekten nur um einen Vorbeiflug handelte. Es war viel mehr eine besonders ambitionierte Mission, denn die Raumsonde musste mit Hilfe verschiedenster Abbremsmanöver in einen Orbit um den gerade einmal 500 Meter großen Asteroiden geleitet werden. Am Silvesterabend 2016 war es dann endlich soweit und die ersten Bilder ließen die Missionswissenschaftler jubeln.
Nachdem im Verlaufe von weiteren 18 Monaten die Umlaufbahn auf eine Überflughöhe von 374 Meter abgesenkt wurde, kam es am 20.Oktober 2020 zum sogenannten Tag-Manöver (Touch and go) der Probenkapsel. Bei der nur fünf Sekunden dauernden Aufnahmesequenz konnten etwas mehr als 250 Gramm Regolith eingesammelt werden.
Es vergingen weitere drei Jahre, ehe OSIRIS REx in einen erdnahen Punkt gesteuert werden konnte, der den entscheidenden Moment des Absetzens der Probensonde ermöglichte. Eine visuelle Zusammenfassung der Mission zeigt deutlich, wie aufwendig ein solches Unternehmen werden kann.
Ist es dann nicht als normal zu bezeichnen, wenn Techniker bei dem Versuch des Lösens der Schrauben des Probenbehälters feststellen, dass es bei der Landung durch die Wucht des Aufpralls zu leichten Beschädigungen der Kapsel gekommen ist und das daraufhin zwei Schrauben nur mit äußerster Vorsicht bewegt werden können? Was sind bei abertausenden Stunden eingeflossener Manpower vier zusätzliche Monate, die man für das Handling dieser unerwarteten Situation benötigt?
Allerdings wissen Ingenieure eines genau: Ein Fehler beim Öffnen der Probenkapsel und die dadurch entstehende Gefahr der Kontamination mit irdischen Stoffen hätte die gesamte Mission in buchstäblich letzter Sekunde gefährden können. Ein unnötiger Fehler und die Proben wären wertlos gewesen.
Aber zu guter Letzt stellt ja bekanntlich die Schraube eine lösbare Verbindung dar und mit etwas Tüftlergeschick gelang das Öffnen der Probenkapsel unter den Bedingungen des Reinraums. Nun steht der wissenschaftlichen Aufarbeitung nichts mehr im Wege.
Übrigens befindet sich OSIRIS REx mittlerweile in einer Art Metamorphose, denn von vorn herein war – bei vorhandenen Treibstoffreserven - die Verlängerung der Mission angedacht. Nach nicht all zu langer Suche ist mit dem Asteroiden (99943) Apophis ein hinreichend interessantes Objekt gefunden worden, denn der zu den Erdbahnkreuzern zählende Himmelskörper wird die Erde am 13.April 2029 knapp oberhalb des Orbits der geostationären Satelliten in nur 31.750 km Höhe passieren. Der etwa 400m große Asteroid rast dabei mit einer Geschwindigkeit von 7,4 Kilometern pro Sekunde an uns vorbei. Zu diesem Zeitpunkt hat die nun als OSIRIS-APEX (OSIRIS-APophis EXplorer) bezeichnete Raumsonde ihre Tätigkeit längst aufgenommen und wird der Welt einmal mehr zeigen, dass Hartnäckigkeit gepaart mit wissenschaftlichem Anspruch immer eine gute Voraussetzung für eine spektakuläre Langzeitmission in den Weiten unseres Sonnensystems sind.
Klaus Huch, Planetarium Halberstadt
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Donnerstag 01.02.2024
123. Wandernde Sonnenflecken
Bilder
EsWa, Galaxien 225, Digital, 155 x 80, 2024
Das großartige Wintersechseck beherrscht nun schon seit Monaten den nächtlichen Himmel. Nun kann man das riesige geometrische Gebilde, das man durch die gedankliche Verbindung der Hauptsterne der Sternbilder Fuhrmann (Kapella), Zwillinge (Kastor und Pollux), Kleiner Hund (Prokyon), Großer Hund (Sirius), Orion (Rigel) und Stier (Aldebaran) erhält, bereits gegen 20 Uhr bequem im Süden beobachten. Flankiert wird diese Sternenshow durch Jupiter - dem einzigen derzeit beobachtbaren Planeten. Der Gasriese steht dabei westlich vom Stier und dem offenen Sternhaufen der Plejaden, auch Siebengestirn genannt. Er ist durch die Tatsache, dass sein gelbliches Licht - hervorgerufen durch die Reflektion der Sonnenstrahlen - sogar noch heller als die Wintersterne. Die Planeten Merkur, Venus, Mars und Saturn stehen ausnahmslos so ungünstig in Bezug zu unserem Zentralgestirn, dass sie sich über Wochen der Sichtbarkeit entziehen.
Auch die Tage werden nun wieder länger, wobei die Länge des Tages rasant zunimmt: Geht die Sonne zu Beginn des Monats noch um 8.18 Uhr auf und um 17.01 Uhr unter, so hat sich dies bis zum Monatsende zeitlich so weit verschoben, dass der Sonnenaufgang am Schalttag um 7.18 Uhr und der Sonnenuntergang um 17.59 Uhr ist.

Derzeit werden von unserem Stern Sonne ungewöhnlich starke Aktivitäten gemeldet. Ein deutlicher Indikator dafür sind die Sonnenflecken, die schon im Altertum von Anaxagoras beschrieben worden sind. Obwohl man aber bei besonderer Nebelbildung oder während des Sonnenuntergangs tatsächlich große Sonnenflecken mit dem bloßem Auge beobachten kann, wurden diesen Meldungen damals kaum große Beachtung geschenkt, denn die Sonne sollte als ungetrübte, klare Scheibe das Ideal der reinen Vollkommenheit widerspiegeln.
In vielen Staatsreligionen, wie dem Aton-Kult im alten Ägypten oder die Inti-Verehrung bei den Inkas, wurde die Sonne als Gottheit verehrt. 1854 wurde mit dem Nisshöki - Symbol in Japans Nationalflagge die Sonnenscheibe verewigt. Es stellt Amaterasu dar, die als Sonnengöttin des Shintu - Glaubens gilt.
Erst die Erfindung des Fernrohrs führte zu neuen Erkenntnissen der „Sunspots“. Die Gefahr der Erblindung bei direkter Sicht durch das Fernrohr wurde den beobachtenden Astronomen der damaligen Zeit sehr schnell bewusst. Johann Fabricius, ein 1587 geborener Pastorensohn aus dem ostfriesischen Resterhafe, bemerkte, dass die direkte Beobachtung mit der Optik selbst zu Zeiten der Morgen- und Abenddämmerung das Augenlicht schwächte. Seine Überlegungen führten dazu, dass er eine Projektionsmethode entwickelte, die es ihm möglich machte, den dunklen Flecken indirekt auf die Spur zu kommen. Dabei sucht man den bestmöglichen Abstand zum Okular und macht so die Projektion auf weißem Papier möglich.
Sein reger Briefaustausch mit großen Astronomen seiner Zeit wie Tycho Brahe, Galileo Galilei oder Johannes Keppler brachten ihm wenig Anerkennung. Nichtsdestotrotz gilt Fabricius heute als der Entdecker der Sonnenflecken. Zu Lebzeiten erlangte er diesen Ruf allerdings nicht, denn der talentierte Astronom starb sehr jung, nur zwei Tage nach seinem 30.Geburtstag. Johannes Kepler bedauerte sehr den frühen Tod des nach seinen Worten „begabten und eifrigen jungen Mannes, der durch seine Schrift über die Sonnenflecken weiterlebt“.
Die Projektionsmethode entwickelte der Jesuitenpater Atanasius Kircher weiter, wobei er das Abzeichnen der Fleckenpunkte durch minutiöse und saubere Arbeitsweise perfektioniert. Seine 1646 erfolgten Veröffentlichungen zeigten dies eindrucksvoll.
Andere kontinuierliche Beobachter fanden schnell heraus, dass die Flecken bzw. Fleckengruppen über die Oberfläche der Sonne zu wandern scheinen.
Heute wissen wir, dass Sonnenflecken von einem Sonnenrand zum anderen in rund 14 Tagen wandern. Dies geschieht entweder oberhalb oder unterhalb des Äquators.
Die Entdeckung der Zyklizität der Sonnenfleckentätigkeit gelang dem anhaltinischen Apotheker und Amateur-Astronomen Samuel Heinrich Schwabe aus Dessau. Aufgrund seiner alltäglichen Beobachtungen im Verlauf von 17 Jahren (1826–1843) bemerkte auch er, dass die Häufigkeit der Sonnenflecken in einem ungefähr 11-jährlichen Rhythmus periodisch schwanken. Schwabe unterbreitete daraufhin seine Aufzeichnungen und Schlussfolgerungen Rudolf Wolf, dem damaligen Direktor der Eidgenössischen Sternwarte in Zürich, der sie bestätigte. Anhand Tausender weiterer Daten von Sonnenflecken aus dem Zeitraum des 17. bis 19. Jahrhunderts begann Wolf damit, die Periodizität der Sonnenflecken von 1826 bis zu Galileis Zeiten zurückzurechnen. Er rekonstruierte dadurch die statistische Entwicklung der Sonnenaktivität von 1749 an, die später dann Züricher Zeitreihe genannt wurde.
Schon diese erste Langzeitstudie offenbarte, dass die Sonne alle 11,2 Jahre eine besondere Aktivitätsstufe erreicht, die man als Sonnenfleckenmaximum bezeichnet. Zu diesem Zeitpunkt kann man bis zu 200 Sonnenflecken zählen, während im Sonnenfleckenminimum die Oberfläche fast makellos fleckenfrei ist.
Über die Entstehung der Sonnenflecken wurde auch lange gerätselt. Heute geht man davon aus, dass sich diese unter riesigen, omegaförmigen Bündeln von starken Magnetfeldlinien bilden. Da diese „Loops“ extrem stabil sein können, verändern sich die darunter befindlichen Sonnenflecken auch nur wenig. Allerdings können sie dann nach wochen- oder auch monatelanger Anwesenheit genauso schnell verschwinden, wie sie gekommen sind.
Die heutige Erforschung der Sonnenflecken kann inzwischen jedermann in Echtzeit miterleben. Das SDO (Solar Dynamics Observatory) der amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA umrundet nunmehr seit fast 14 Jahren unser Zentralgestirn und gehört damit schon längst zu den erfolgreichsten Raumfahrtmissionen bisher, denn eigentlich sollte sie nur fünf Jahre im Sonnenorbit verweilen. Inzwischen haben die Ingenieure vom Goddard Space Flight Center in Greenbelt / Maryland ein so ausgefeiltes Treibstoff-Management entwickelt, dass die Raumsonde möglicherweise die dreifache Einsatzzeit erreichen kann.
Wer sich also über den aktuellen Status der Sonnenaktivität informieren möchte, kann dies problemlos über „The Sun now“ tun. Besonders interessant sind auf dieser Website die Aufnahmen der Kategorie HMI Intensitygram. Deutlich kann man hier die Entwicklung von einzelnen Sonnenflecken und Fleckengruppen verfolgen. Letztlich zeigen aber alle aktuellen Statusbilder die ungeheure Dynamik unseres Sterns äußerst eindrucksvoll. Direkt vor unserer Haustür geschieht Unglaubliches, währenddessen wir dies im sicheren Abstand vom häuslichen Sessel aus live verfolgen können.
Klaus Huch, Planetarium Halberstadt
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Montag 01.01.2024
122. Zum Schwärmen schön
Bilder
EsWa, Galaxien 220, Digital, 150 x 140, 2023
Zu Beginn des neuen Jahres machen sich die Planeten rar: Sowohl Mars als auch Merkur können nicht beobachtet werden, da sie zu sehr in der Nähe der gleißend hellen Sonne stehen. Am frühen Abend wandert Saturn der untergehenden Sonne hinterher und ist bei guter Sicht tief am westlichen Horizont bis 20 Uhr erkennbar - bevor auch er untergeht. Die Venus verabschiedet sich mehr und mehr als Morgenstern. Sie ist kurz vor Sonnenaufgang im Osten für knapp eine Stunde aufgrund ihrer großen Helligkeit in Horizontnähe auszumachen, wird aber dann schon bald von der aufgehenden Sonne überstrahlt. Einzig Jupiter ist deutlich bis nach Mitternacht sichtbar und läuft dabei den prachtvollen Sternen des Wintersechsecks (Kapella im Fuhrmann, Kastor und Pollux in den Zwillingen, Prokyon im Kleinen Hund, Beteigeuze und Rigel im Orion sowie Sirius im Großen Hund) voran. Er steht im Sternbild der Fische und ist aufgrund der hohen Position der Ekliptik teilweise in über 50 Grad Höhe auszumachen. Besonders interessant wird es, wenn der zunehmende Mond am 18.Januar dicht neben dem Gasriesen steht.

Das James Webb Space Telescope arbeitet nun schon seit gut eineinhalb Jahren nahezu fehlerfrei und es vergeht keine Woche, in der nicht das internationale Forscherteam über die Plattform „Inbox Astronomy“ neueste Aufnahmen des Weltraumteleskops veröffentlicht. Sicherlich sind darunter auch viele Aufnahmen, die uns in die tiefsten Fernen des Universums entführen, aber wie einst schon Goethe sagte: „Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah.“ Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass vor allem Planetenforscher immer wieder gespannt sind, wenn Webbs fotografische Augen (die Infrarot –Kameras NIR Cam und MIRI) auf ein Objekt unseres Sonnensystems gerichtet werden. Von den sonnennahen Planeten Merkur und Venus gibt es allerdings keine Aufnahmen. Ihr Winkelabstand zu unserem Zentralgestirn ist oft so knapp, dass es viel zu gefährlich wäre, die empfindliche Optik aufgrund der thermischen Belastung auch nur annähernd in Richtung der Sonne auszurichten.
Dafür entschädigen aber die Veröffentlichungen, die vor allem die sonnenfernen Körper betreffen. Gerade die zuletzt präsentierten Aufnahmen des 1781 von Wilhelm Herschel entdeckten Uranus (siehe Kosmos 111) sind von einer ästhetischen Schönheit geprägt, dass man darüber den wissenschaftlichen Wert schnell vergessen kann.
Noch nie waren so viele Monde des Gasriesen, der viermal so groß und 17 mal so schwer wie die Erde ist, auf einer einzigen Aufnahme zu sehen. Beim genaueren Betrachten der Namen der Uranustrabanten kommt einem natürlich William Shakespeares „Sommernachtstraum“ in den Sinn. Dies ist darauf zurückzuführen, dass der aus Niedersachsen stammende Wilhelm Herschel als Entdecker und Namensgeber der Monde zugleich gilt, denn er selbst war hauptberuflich Musiker, lebte im englischen Bath und war ein großer Fan des britischen Autors. So bezeichnete er die von ihm entdeckten Monde kurzerhand nach den Protagonisten des Theaterstücks. Bei allen später entdeckten Monden wurde diese Tradition dann einfach beibehalten.
Es tritt aber auch ein unerwarteter Nebeneffekt auf: Durch die lange Belichtungszeit werden im Hintergrund Galaxien sichtbar, welche dem menschlichen Auge bisher verborgen geblieben waren. Etliche ferne Welteninseln, jede mindestens so groß und mit ebenso vielen Sternen wie unsere Milchstraße versehen, stehen hier in kleinen, sogenannten lokalen Gruppen beieinander. Dabei lüftet das James Webb Space Telescope in grandioser Art und Weise den Schleier, der unserer erdgebundenen Beobachtung durch die uns umgebende Atmosphäre auferlegt ist.
Aber auch die Veröffentlichungen zu den anderen Gasplaneten sind erwähnenswert: Da ist zum einen der noch weiter entfernte und 1846 von Johann Gottfried Galle entdeckte Neptun. Hier sieht man deutlich die Ähnlichkeit zum Nachbarplaneten Uranus, denn auch Neptun besitzt ein ausgeprägtes Ringsystem, wird von etlichen Monden umrundet und ist darüber hinaus ebenfalls vier Mal so groß wie die Erde und 14 mal so schwer.
In Kosmos 120 war bereits eine Aufnahmeserie des Jupiters erwähnt, doch erst das komplette Bild zeigt die Schönheit des Planetengiganten. Unumstritten die Nummer Eins ist aber noch immer Saturn mit seinem ausgeprägten Ringsystem. Im Sommer veröffentlichte das JWST-Team ein sehr schönes Bild mit dem leicht gekippten Ringsystem und einigen seiner Monde.
Im Bild ist auch der 1789 ebenfalls von Wilhelm Herschel entdeckte Saturnmond Enceladus zu sehen. Obwohl dieser Begleiter des Saturns mit 500 Kilometern Durchmesser eher zu den kleinen Monden des Sonnensystems gehört, ist er doch einer der zugleich aktivsten Planeten-Trabanten. Der auf Enceladus entdeckte Kryovulkanismus stellt eine völlig neue Art der vulkanischen Aktivität dar.
Nur ganz selten bietet sich für Webb auch die Möglichkeit, den Mars zu beobachten, denn dafür muss unsere roter Nachbarplanet sehr weit von der Sonne entfernt sein. Trotzdem ist ein großer Detailreichtum erkennbar.
Eine weitere Tatsache ist erwähnenswert: Bei den inzwischen mehr als 1300 Bildern, die die Wissenschaftler vom STScI (Space Telescope Science Institute) in Baltimore bereits auf der Website (https://webbtelescope.org/images) veröffentlichten, sind korrespondierende Aufnahmen anderer wissenschaftlicher Einrichtungen herzlich willkommen. So findet man zum Beispiel eine detaillierte Darstellung des fernen Zwergplaneten-Systems Pluto-Charon.
Aber auch andere Highlights der Astronomie wie zum Beispiel der große Komet Hale-Bopp des Jahres 1997, der nach seinen Entdeckern Alan Hale und Thomas Bopp benannt wurde, sind in der Datei zu finden.
Natürlich befindet auch sich unser blauer Planet in der Kollektion, wobei man einen fantastischen Schnappschuss des LRO (Lunar Reconnaiscence Orbiter) einstellte.

Man kommt also schlichtweg ins Schwärmen, wenn man anhand dieser Bildergalerie sieht, wie facettenreich unser Sonnensystem ist. Trotzdem sei abschließend auf das auf Anregung des berühmten amerikanischen Astronomen Carl Sagan entstandene Mosaik „Familienporträt“ unseres Planetensystems durch Aufnahmen der Raumsonde Voyager 1. hinzuweisen. Nachdem die Sonne ausgeblendet wurde, entstand dieses „Abschiedsbild“ aus einer Entfernung von 6 Milliarden Kilometern. Eindringlich zeigt sich hier, wie klein und eher doch unbedeutend unsere kosmische Heimat ist. Und wie unbedeutend dann erst die Bewohner des kleinen blauen, nur schwer auszumachenden Punktes sind, mag man sich kaum vorstellen.
Klaus Huch, Planetarium Halberstadt
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Autor: Siehe Artikel
Freitag 01.12.2023
121. Scheinbare Ordnung
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EsWa, Galaxien 218, Digital, 160 x 60, 2023
Im Weihnachtsmonat Dezember wird uns die strahlend helle Venus leider nur den Morgenhimmel erhellen. Gegen 6 Uhr ist sie hoch im Südosten auszumachen. Saturn taugt auch nicht so recht zum Weihnachtsstern, denn gegen 21 Uhr verschwindet er in der Dämmerung am westlichen Himmel. Somit bleibt der Planetenriese Jupiter das hellste Objekt am nächtlichen Himmel. Gegen 21.30 Uhr steht er hoch im Süden und bleibt bis gegen 3 Uhr früh sichtbar.
Das Wintersechseck, das durch die Verbindung der Hauptsterne der Sternbilder Fuhrmann, Zwillinge, Kleiner Hund, Großer Hund, Orion und Stier zu Stande kommt, ist nun bereits um 22 Uhr vollständig sichtbar und damit für den Beobachter fast die ganze Nacht deutlich zu erkennen.
Mein Vater erklärt mir jeden Sonntag unsere neun Planeten“ - diesen Satz hat vielleicht jeder schon einmal in seinem Leben gehört. Von Merkur bis Pluto konnte man sich so anhand der Anfangsbuchstaben die Reihenfolge der die Sonne umlaufenden Wanderer (so die Bedeutung des namens Planet) gut einprägen. In unserem Sonnensystem schien Ordnung eingezogen zu sein. Als dann aber Pluto im Jahre 2006 durch einen Beschluss der IAU (Internationale Astronomische Union) seinen Planetenstatus verlor, gab es plötzlich eine strukturierte Reihung, die mit der Zahl 4 einherging: Die vier Planeten Merkur, Venus, Erde und Mars bewegen sich auf elliptischen Bahnen in Sonnennähe und werden Gesteinsplaneten genannt. Die vier wesentlichen größeren Gasplaneten Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun brauchen auf ihren sonnenfernen Bahnen viele Jahre oder gar Jahrhunderte, ehe sie unser Zentralgestirn einmal umlaufen haben. Unter den vier Zwergplaneten war Pluto plötzlich sogar die Nummer Eins. Haumea, Makemake und Eris sind die weiteren Mitglieder dieser illustren Gesellschaft.
Doch gerade mit der Benennung des Kleinkörpers Eris, der nach der griechischen Göttin der Zwietracht benannt ist, begann der große Krach unter den Astronomen selbst: Welche Kriterien setzt man bei diesen kleinen Körpern nun an? Für Zwergplaneten galt zumindest bis auf weiteres, dass ein Durchmesser von mindestens 1000 km Voraussetzung für die Aufnahme sei.
Genau dieses Kriterium wurde mit dem fünften Zwergplaneten Ceres im Nachgang wieder aufgeweicht, denn mit 973 km ist er um 27 km zu klein. Doch der IAU war es wichtig, einen Zwergplaneten in relativer Sonnennähe zu haben. Übrigens wurde Ceres nach seiner Entdeckung durch Giuseppe Piazzi am 1.Januar des Jahres 1801 für kurze Zeit als Planet betrachtet. Doch die schon kurze Zeit später von den deutschen Astronomen Olbers und Harding entdeckten Asteroiden Pallas, Juno und Vesta zeigten auf, dass es keine neuen Planeten, sondern eben Asteroiden sind.
Noch heute streiten die Astronomen ziemlich verbittert um die genaue Nomenklatur ihrer kleinen Körper. Eines ist aber gewiss: Ihre Erforschung ist in den letzten Jahrzehnten entscheidend vorangetrieben worden und es vergeht kaum ein Jahr ohne sensationelle Entdeckungen, denn gerade die Asteroiden (auch Planetoiden oder Kleinkörper genannt) sind die meistbereisten „Spezies“ des Sonnensystems.
Für die Astronomen sind diese „small bodies“ so außerordentlich interessant, weil diese Körper so etwas wie Urstoff darstellen. Seit den Frühzeiten der Sonnenentstehung hat sich das Material, aus dem sie bestehen, nicht mehr verändert.
Daher war es auch nicht verwunderlich, dass die NASA unlängst sogar eine Sondersendung auf den Weg brachte, als ihre Sonde OSIRIS Rex praktisch im Vorbeiflug eine Materialprobe vom Asteroiden Bennu sicher auf der Erde absetzte. Seither werden die knapp 250 Gramm Gestein genausten Prüfungen in den verschiedensten Laboren der Welt unterzogen.
Eine weitere NASA-Sonde namens Lucy hat auf ihrem Weg zu insgesamt sechs Asteroiden aus der Gruppe der Jupiter-Trojaner, unlängst den Asteroiden Dinkinesh fotografiert. Die Sensation war perfekt, als die Bilder plötzlich einen Zwillingskörper zeigten. Hinter dem Hauptkörper Dinkinesh verbarg sich ein Asteroidenmond. „Dinkinesh hat seinem Namen wirklich alle Ehre gemacht; das ist wunderbar“, freut sich der leitende Forscher der „Lucy“-Mission, Hal Levison. Er bezieht sich dabei auf die Bedeutung von Dinkinesh in der amharischen Sprache: „wunderbar“. Dinkinesh ist ein kleiner Asteroid, der bis zu „Lucys“ kurzem Besuch nur ein verschwommener Fleck in den Teleskopen von Astronomen war.
Aber auch andere Raumfahrtnationen haben in der Erforschung der Körper des Hauptgürtels große Erfolge aufzuweisen. Allen voran die japanische Raumfahrtbehörde JAXA, die mit den beiden Hayabusa-Missionen Neuland betrat, denn auch sie schafften es, Probenmaterial von Asteroiden zur Erde zu bringen. Vor allem aber gelang es, die ungewöhnliche Form des angesteuerten Asteroiden Ryugu durch dessen Rotation besonders deutlich zu machen.
Abschließend sei die NASA-Mission DART (Double Asteroid Redirection Test, englisch für „Doppelasteroiden-Umleitungstest“) erwähnt. Sie hat mit all dem Unfug um die Bekämpfung von Asteroiden, die sich der Erde auf Kollisionskurs nähern und sie vielleicht sogar stark in Mitleidenschaft ziehen könnten, erfolgreich aufgeräumt. Ihre Aufgabe bestand 2021 darin, bei einem Zwillingsasteroiden die Flugbahn des kleineren der beiden Körper durch ein gezieltes Anstoßen zu verändern. Dies gelang großartig, denn Dimorphos umrundet seine Hauptkörper Dydimos nun auf einer viel größeren Bahn.
Somit wird es zukünftig durch den Erfolg von DART weder einen „Deep Impact“ oder ein „Armageddon“ a la Hollywood geben. Heute wissen die Raumfahrtingenieure, dass ein kleiner Anstoß reicht, um ein großes Unglück zu vermeiden. Einmal mehr zeigte sich dabei, dass seriöse Wissenschaft doch besser ist, als blühende Phantasie.
Klaus Huch, Planetarium Halberstadt
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Mittwoch 01.11.2023
120. Orion im Anmarsch
Bilder
EsWa, Galaxien 211, Digital, 150 x 70, 2023
Im Monat November gibt es die Möglichkeit, drei Planeten unseres Sonnensystems ausgiebig zu beobachten. Als „Abendplanet“ präsentiert sich Saturn. Der Ringplanet ist im Südwesten bis 23 Uhr deutlich zu erkennen, da er alle umliegenden Sterne überstrahlt. Eine Aufnahme des James-Webb-Space-Telescopes zeigt die eindrucksvolle Schönheit des Gasriesen, der die 95fache Masse unserer Erde besitzt und auf diesem Bild von einigen seiner 145 Monde flankiert wird.
Jupiter hingegen ist als „Nachtplanet“ zu bezeichnen. Über viele Stunden zieht er seine hohe Bahn in südlicher Richtung und läuft den Wintersternbildern voran. Auch hier zeigt eine grandiose Aufnahme des Webb-Telescopes die ganze Pracht des größten Planeten, der fast 318mal schwerer als unsere Erde ist.
Der „Morgenstern“ Venus überstrahlt natürlich alles. Er läuft der Sonne voraus und ist ab 5 Uhr früh nicht zu übersehen. Venus wird auch als Schwesterplanet der Erde bezeichnet und bringt 82% der Masse unseres Heimatplaneten auf die Waage.
Ende des Monats lösen die Wintersternbilder die Konstellationen des Herbstes nach und nach ab. Besonders das Sternbild Orion ist ein deutlich sichtbares Zeichen für diesen Wechsel. Im Laufe des Monats ist der Himmelsjäger immer besser zu sehen, wenn es die Wetterverhältnisse erlauben. Durch seine markanten Gürtelsterne Alnitak, Alnilam und Mintanka fällt er schnell ins Auge. Die Bedeutung dieser fremdländisch klingenden Namen ist recht einfach erklärt. In alten arabischen Sternkarten waren sie linke und rechte Seite des Gürtels bzw. als Gürtelschnalle bekannt. Am gesamten Sternhimmel ist keine weitere Konstellation von drei Sternen zu finden, die sowohl die gleiche Helligkeit als auch den gleichen Abstand zum mittleren Stern haben. Unter Ihnen ist das Schwertgehänge deutlich zu erkennen. Es beinhaltet den berühmten Orionnebel, ein weitläufig als Sternentstehungsgebiet bekannter Bereich mit hoher Gasdichte.
Mit Rigel, was soviel wie Fuß des Kriegers heißt, ist der hellste Stern des Orion gleich unterhalb der Gürtelsterne leicht zu erkennen. Für viel Furore sorgte in der Vergangenheit immer wieder Beteigeuze. Dieser Stern, dessen ebenfalls arabischer Name soviel wie die verletzte Schulter des Kriegers bedeutet, hat mit vielen Auswirkungen seines fortgeschrittenen Alters zu kämpfen.
Sie resultieren aus dem fehlenden Gleichgewicht zwischen der zum Kern hin wirkenden Gravitation und dem nach außen gerichteten Strahlungsdruck. Ist dieses Gleichgewicht vorhanden, leuchtet ein Stern gleichmäßig, ist es gestört, kommt es zu Helligkeitsschwankungen. Darüber hinaus scheint er aber auch Phasen zu haben, in der eine übermäßige Teilchenstrahlung – vergleichbar mit einem Sonnensturm, nur um ein Vieltausendfaches stärker – Gase vom Stern wegtreiben. So geschah es, dass vor gut zwei Jahren genau ein solcher Gasausstoß in Richtung Erde passierte. Als Resultat verdunkelte sich Beteigeuze deutlich sichtbar. Erstmalig seit langer Zeit war dies mit bloßem Auge zu erkennen.
Unlängst konnte ein Forschungsteam um Matthew Kenworthy von der Universität Leiden sogar nachweisen, dass der Stern ASASSN-21qj im Sternbild Achterdeck (Lat. Puppis) ebenfalls stark abdunkelte. Hier war der Grund übrigens ein völlig anderer: Zwei noch junge Planeten stießen in der Nähe des Sterns zusammen. Dies galt bisher nach den Gesetzen der Planetenbewegung als nahezu unmöglich. Der Zusammenstoß zerstörte beide noch junge Himmelskörper vollständig und die sich ausbreitende Trümmerwolke „knippste“ das Licht des Zentralsterns aus.
Doch zurück zu den Strahlungsausbrüchen. Die sogenannten CME´s (Coronal Mass Ejection) gehören auch bei unserer Sonne zu den markantesten Ereignissen. In den vergangenen 15.000 Jahren sind insgesamt drei ganz große Ausbrüche nachweisbar.
Der wohl gewaltigste koronale Massenauswurf konnte durch die Dendrochronologie jetzt auf 12200 Jahre vor unserer Zeitrechnung datiert werden. Altholzforschern gelang dies mit Hilfe einer Holzprobe aus dem französischen Fluss Drouzet.
Damals prasselten hochenergetische Teilchen mit rund 500 Stundenkilometern direkt auf die Erdoberfläche, da sie aufgrund ihrer übergroßen Stärke nicht wie sonst von dem uns umgebenden Magnetfeld aufgehalten werden konnten. Das sogenannte Myake-Ereignis war 10mal stärker als alle bisher bekannten Sonnenstürme. Das Resultat dieser kosmischen Verstrahlung wäre heute fatal, denn es würde unser Leben auf der Erde für mindestens drei Jahre extrem erschweren, da viele fragile elektronische Netzwerke komplett erneuert werden müssten. Wir würden also die Abhängigkeit von diesen Netzwerken buchstäblich am eigenen Leib erfahren.
Nach kosmischen Maßstäben ist dies allerdings nur ein recht unbedeutender Zwischenfall auf einem Gesteinsplaneten am Rande der Galaxis.
Ein deutsch-französisches Forscherteam konnte unlängst nachweisen, dass auch Sterne, die ihre Endphase erreicht haben, noch ungeheure Mengen von Energie abstrahlen können. Ein solches Strahlungsmonster ist der sogenannte Vela–Pulsar. Dieser Neutronenstern ist das Resultat einer Supernova und dreht sich für einen „Leuchtturmstern“ sehr langsam. Nur elf Mal pro Sekunde blitzt er auf. Im Vergleich dazu sei erläutert, dass diese schnell rotierenden Objekte bis zu 800mal pro Sekunde aufflackern können.
Arache Djannati Atai von der Universite Paris Cite bringt den Strahlungsrekord auf den Punkt, wenn sie erläutert, dass der Neutronenstern im Sternbild Segel (lat. Vela) 20 Tera-Elektronenvolt (TeV), also etwa das Zehnbillionenfache der Energie des sichtbaren Lichts, abstrahlt. Koautorin Emma de Ona Wilhelmi vom deutschen Institut DESY (Deutsches Elektronen Synchroton) sagt dazu, dass nur extrem dichte Pulsare in der Lage seien, solche Energiemengen zu produzieren. Zum Vergleich: Ein Teelöffel Materie des Vela-Pulsars wiegt mit ungefähr 5 Milliarden Tonnen soviel wie 900 Gizeh-Pyramiden.
Am bekanntesten ist der Krebsnebel-Pulsar, da er als erster der neuen Klasse der schnellrotierende Neutronensterne 1968 durch David H. Staelin und Edward C. Reifenstein entdeckt wurde. Ein aktuelles und besonders hochauflösendes Bild des Webb Telescopes vom 30.10. zeigt die Umgebung des Pulsars.
Doch abschließend sei das wohl energiereichste Ereignis, das jemals stattgefunden hat, vorgestellt. Es fand allerdings bereits vor 8 Mrd. Jahren statt. Zu dieser Zeit hätte man in unserer Region noch 3,35 Milliarden Jahren bis zur Bildung des Sterns Sonne warten müssen. Die erste Sichtung geht auf den 13.April 2021 zurück. Philip Wiseman von der University of Southampton entdeckte am altehrwürdigem Mount Palomar Observatorium in Kalifornien als erster Astronom diese energetische Anomalie.
Normalerweise dauern die Helligkeitsausbrüche beispielsweise von einer Supernova, bei der ein Stern in einer gewaltigen Explosion seine Existenz beendet, nur wenige Tage oder Wochen.
Doch bei AT2021lw - wie das Ereignis inzwischen genannt wird - erreicht uns die Strahlung ununterbrochen seit mehr als zweieinhalb Jahren. Bisher ist die unvorstellbare Energiemenge von 2,5 x 10 hoch 45 Joule abgegeben worden. Das ist einhundert Mal mehr Energie als bei allen bisher bekannten Ereignissen dieser Art.
Was hinter diesem so rätselhaft langanhaltenden Mega-Ausbruch steckt, ist noch immer in der ausgiebigen Diskussion der Astrophysiker und zeigt somit einmal mehr, dass unser Universum noch immer voller Geheimnisse steckt.
Klaus Huch, Planetarium Halberstadt
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