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1. Nadia Maria „River“
2. Oliver Lutz „Calamari Fantasy“
3. Steps Ahead „N.Y.C.“
4. Tobias Meinhart „Sonic River“
5. Savina Yannatou „Watersong“
6. Anouar Brahem „After The Last Sky“
Mittwoch 30.04.2025
Nadia Maria „River“
Bilder
River ist der Fluss des Lebens, dem man sich hingibt, auch wenn man nicht weiß, wohin er dich führt“, ist im Mittelteil des Albums von Nadia Maria zu lesen. Es ist die erst zweite Veröffentlichung der 1964 in Köln geborenen Sängerin, Malerin und Performerin. Ihre ersten Lebensjahre verbrachte sie im Iran und war, aufgrund fehlender Sprachkenntnisse, auf die Klänge von Worten angewiesen, auf Laute und Sounds, die Atmosphären schaffen und letztendlich entweder Vertrautheit oder auch Gefahr vermitteln. Auf den langen Autofahrten durch die Wüste hat sie gelernt zu singen, mit ihrer Mutter und ihren beiden Geschwistern. Und diese Erkenntnis ist ihr geblieben, dass es etwas gibt, was die Angst vertreibt, was ein Gefühl der Freude vermittelt, was ein Zusammengehörigkeitsgefühl schafft oder ganz simpel - was die Zeit vertreibt.
Wieder zurück in Deutschland studierte sie an der Musikhochschule Köln, arbeitete anschließend als Gesangs-Pädagogin, Chorleiterin, sie arrangierte Musik, trat bei den Jazzfestivals in Moers und Burghausen auf und lehrte an der Musikhochschule Carl Maria von Weber in Dresden das Fach „Performance“. Hierhin hatte sie ihre Freundin Celine Rudolph geholt, mit der sie ebenfalls Konzerte gab und die das vorliegende Album „River“ auch produzierte.
Celine wollte die Stimmkunst, die Ausdruckskraft, die Energie und Dynamik, mit der sich Nadia Maria dem Vocalen in der Musik zuwendet, dokumentieren, festhalten, denn Nadia bekam 2024 die Diagnose Alzheimer.
Nun liegt dieses Album vor und es sind wunderbar stille und intime Songs geworden, die sie ohne Pathos, stattdessen mit viel Empathie und innerer Wärme interpretiert. Celine Rudolph hat den Computer von Nadine durchforstet und ist dabei auf Interpretationen verschiedener Versionen von denselben Songs gestoßen, die sie dank einem eigenen Notensatzprogramm neu zusammensetzte. Es sind Songs, die Nadia Maria geschrieben hat, aber auch Arrangements von Kompositionen eines Michel Legrand („You Must Believe in Spring“), einer Beady Bell („Tomorrow“) oder eines Esbjörn Svensson („Love Is Real“). Zudem hat Celine eine kleine aber großartig aufeinander abgestimmte Band zusammengestellt, bestehend aus dem brasilianischen Pianisten Henrique Gomide, dem Gitarriosten Joao Luis Nogueira, dem Bassisten Calvin Lennig und dem Schlagzeuger Marcus Rieck. „Singen ist für mich Ausdruck innerer Bewegung“, sagte Nadine einmal. „Ein Akt der Transformation, der uns in Einklang mit uns und der Welt bringt.
Jörg Konrad

Nadia Maria
„River“
Obsessions Records
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Montag 28.04.2025
Oliver Lutz „Calamari Fantasy“
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Oliver Lutz neues Album öffnet wunderbar stimmige Räume. Seine Musik auf „Calamari Fantasy“ bringt Horizontales und Vertikales zusammen, zeigt Verbindungen auf, die jeden musikalischen eng gesteckten Rahmen aufgrund ihrer ansprechenden Vielfalt verlassen. Es sind befreite Klanglandschaften, die sich stilistisch ganz unterschiedlicher Quellen bedienen und dabei regelrecht magische Sounds entstehen lassen. Trotzdem sind es kompositorische Reisen, getaktete Expeditionen, die sich aus Versatzstücken von Rock und Pop speisen, sich Ambient und dem freien Spiel bedienen. Vergleiche? Schwierig. Vielleicht am ehesten frühe Arbeiten von Joachim Kühn auf Atlantic, oder der Komponist, Produzent, Musiker und Architekt Thomas Kessler aus dem niederrheinischen Viersen, mit seinen Aufnahmen Anfang bis Mitte der 1990er Jahre. Aber wie wir natürlich alle wissen: Vergleiche hinken - allenthalben.
Um aber diese Art von elektronischer Poesie einzuspielen, bedarf es nicht nur eines ausgeklügelten Konzeptes, sondern auch hervorragender Mitstreiter. Die Basis dieser insgesamt acht Aufnahmen liefert Oliver Lutz mit seinen tragenden Bassfiguren, die den Stücken Halt und Richtung geben, als ein überwältigend groovendes und stabiles Fundament. Natürlich geschieht dies auch in enger und kreativer Abstimmung mit Schlagzeuger Peter Gall, der sich hier aber, wie letztendlich sämtliche Bandmitglieder, dem Gesamtkonzept aufgeschlossen anpasst.
Dann wäre da natürlich Pablo Held - weniger als virtuoser Pianist, wie ihn die meisten kennen, denn als Experte für Tonfarben und Atmosphären. Er klingt in manchen Momenten regelrecht beschwörend, dann wieder lyrisch und exotisch herausfordernd. Tineke Postma, die niederländische Saxophonistin, steht für einen Großteil der solistischen Ausflüge, für verspielte Melodien und organische Balladen. Sie hält die Balance zwischen Unwägbarkeit und Schönklang. „Calamari Fantasy“ - ein Hörvergnügen der ganz besonderen Art.
Jörg Konrad

Oliver Lutz
„Calamari Fantasy“
Klaeng Records
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Mittwoch 23.04.2025
Steps Ahead „N.Y.C.“
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Gegründet wurde Steps Ahaed 1979, in einer Zeit, als die stilistische Koalition von Jazz und Rock etwas an Schwung und Spirit verlor. Mike Mainieri, 1938 in der Bronx geboren und Kopf von Steps Ahead, hatte zu jener Zeit schon eine beachtliche Karriere hinter sich. Der Vibraphonspieler und Komponist war unter anderem Mitglied in den Formationen von Buddy Rich, Billie Holiday und Benny Goodman und zudem als Produzent in der Szene sehr gefragt.
Die anfänglich großen Erfolge hatte Steps Ahead in Japan, wo deren ersten drei Alben erschienen. Das US-Debüt zündete dann 1983 mit seinem erfrischenden wie exzellenten Fusionsound, Postbop-Anleihen und den virtuos-solistischen Beiträgen seiner Mitglieder wie Michael Brecker, Eliane Elias oder Peter Erskine auch dort eine neue Begeisterungs-Stufe.
Nach einigen Umbesetzungen war das vorliegende „N.Y.C.“-Album 1989 dann der Startschuss bei Intuition Records. Alle beteiligten Musiker haben in den folgenden Jahrzehnten die Musikentwicklung unterschiedlich aber maßgeblich weltweit beeinflusst. Steve Smith, Tony Levin, Rique Pantoja, Bendik Hofseth, Steve Khan und Ray Gomez stehen für Kreativität und melodische Intelligenz, für eine rhythmisch erfrischende Interaktion und explodierende Spielfreude. Dabei sind die rasenden Tempi eher von nachrangiger Bedeutung. Es ist die Komplexität des musikalischen Materials und die souveräne Dynamik, die Mainieri und seine Mannen zusammen und organisch zum Schwingen bringt. Hier stimmt einfach die Chemie untereinander. Druckvoll aber auch sinnfällig finden Steps Ahead trotz dem Verwenden elektronischer Instrumente wunderbar akustische Wege, Jazz kommerziell, oder besser, populär und eingängig zu platzieren. Insofern hat auch „N.Y.C.“ nach über dreieinhalb Jahrzehnten nichts von seiner Energie und musikalischen Faszination verloren. Zudem ist „N.Y.C.“ ein klassisches Beispiel für zeitlose Kunst, die mit dieser Neuveröffentlichung auf Vinyl nur wärmsten empfohlen werden kann.
Jörg Konrad

Steps Ahead
„N.Y.C.“
Intuition
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Dienstag 22.04.2025
Tobias Meinhart „Sonic River“
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Hier spielt einer mit bewegenden Nuancen und speziellen Färbungen, mit einem sehr persönlichen Sound und nachhaltiger Phrasierung. Seine Improvisationen sind das Ergebnis von Hingabe und Erfahrung und einem unspektakulären Gespür für Dramaturgie und Sensibilität. Er beherrscht die Kunst des Balladenspiels und zugleich auch die temperamentvoll überschäumende Variante frei schwingender Melodien. Es ist schon einige Jahre her, da wurde Tobias Meinhart vom deutschen Musikmagazin „Jazzthing“ als „eines der größten deutschen Talente am Tenorsaxophon“ gehandelt. Mittlerweile hat der aus der Nähe von Regensburg stammende Musiker in der Tat diesen Anspruch eingelöst. Nicht nur, dass Meinhart seit nunmehr fünfzehn Jahren in New York lebt. Hier, im Melting Pot des Jazz, ist er etliche Zeit schon fester Bestandteil der Szene. Er arbeitete mit Kurt Rosenwinkel, Tom Berkmann und Ingrid Jensen zusammen und spielt regelmäßig in legendären Clubs wie dem Blue Note, dem Birdland oder in der Reihe Jazz At The Lincoln Center.
Gerade erst gründete er sein eigenes Label Sonic River Records, auf dem dieser Tage sein zehntes Album „Sonic River“ erschienen ist. „Es geht auf dem Album um den Spirit des Jazz“, beschreibt der Saxophonist seine Herangehensweise an die Musik. „Ich traue mich, das auszudrücken, was in diesem Moment gerade in mir vorgeht“.
Absolut mutig dann auch seine Umsetzung der insgesamt elf Kompositionen. Ein Stück stammt vom legendenumwobenen Folk-Blues-Man Leadbelly („Where Did You Sleep Last Night?“), die restlichen Nummern hat Tobias Meinhart selbst geschrieben. Dazu gehört auch eine Vertonung des Rilke-Gedichts „Der Panther“ und die Verarbeitung eines Textes der argentinischen Lyrikerin Alejandra Pizarnik. Auch das zeigt wiederum, mit welchem Selbstbewusstsein Meinhart heute seine Ideen umsetzt.
Seine hochkarätig besetzte Band mit Eden Ladin (Klavier), Charles Altura (Gitarre), Matt Penman (Bass) und Obed Calvaire (Schlagzeug) ist ausgezeichnet aufeinander abgestimmt. Freiheit und Disziplin, Differenziertheit und Komplexität gehören zum Grundgerüst des Quintetts. Eine dynamische Rhythmusgruppe treibt die Band zu immer weiteren Höhepunkten. Es ist eine Wohltat Gitarrist Altura auf seinen unangestrengten Läufen zu folgen. Eden Ladin hält mit seinen Harmonien das Große Ganze zusammen und beeindruckt mit höchst eleganten Solis. Im Mittelpunkt natürlich Tobias Meinhart, der am Saxophon die Themen streckt und verdichtet, ein Kaleidoskop an Stimmungen entwirft, mutig insistiert, aber auch die Stimme von Sara Serpa, in den beiden Gesangsnummern, einfühlsam zu unterstützen versteht. Was hier noch fehlt, sind einige Live-Eindrücke - die jedoch schon fest geplant sind.
(10.07. bis 13.07. in Regensburg; 05.08. bis 09.08. Berlin – A-Trane)
Jörg Konrad

Tobias Meinhart
„Sonic River“
Sonic River Records
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Freitag 18.04.2025
Savina Yannatou „Watersong“
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Wasser ist sowohl Segen, als auch Fluch der Menschheit zugleich. Die Verbindung aus einem Atom Sauerstoff und zwei Atomen Wasserstoff bildet das Lebenselixier unserer Spezies. Schließlich bestehen wir rein anatomisch/physiologisch aus weit über fünfzig Prozent dieses flüssigen Elements. Ansonsten wäre kein Leben, so wie wir es kennen, möglich. Gleichzeitig bringt es uns im Zusammenwirken mit extremen Witterungslagen häufig in existenzielle Nöte und Katastrophen. Überschwemmungen wirken auf die Umwelt ebenso zerstörerisch, wie ausufernde Dürrezeiten. Situationen, die seit Menschengedenken das Leben auf der Erde beeinflussen und als Bedrohungspotenzial die Gesellschaften beschäftigen.
Savina Yannatou, die erratische griechische Sängerin aus Athen, hat sich für ihr neues Album intensiv mit diesen Themen in ihrer ganzen Verschiedenartigkeit beschäftigt. Gemeinsam mit ihrer Instrumentalallianz, der Primavera en Salonico und der tunesischen Sängerin Lamia Bedioui, erkundet sie auf „Watersongs“ musikalisch die Jahrhunderte, den Zauber und die Macht, die Erlösung und die Gefahr, die das Wasser auf die Menschheit ausübt. Es sind demütige wie respektvolle Lieder, die auf „Watersong“ Eingang gefunden haben. Sie umschreiben die verschiedenen mediterranen Kulturen, dokumentieren die historischen Lebensumstände in einer emotional berührenden Art, beschreiben die Sehnsüchte während langer Trockenperioden und das Glück, das anschließend der erster Niederschlag vermittelt. Letztendlich sind es Tod und Fruchtbarkeit, die hier ihren Ausdruck finden.
Savina Yannatou interpretiert Kompositionen aus der Renaissance, süditalienische Klagelieder und korsische Volksmelodien, sie vertont ein Gedicht des arabischen Prinzen Abu Firas al-Hamdani aus dem 10. Jahrhundert und, als Gegensatz hierzu, ein afro-amerikanisches Spiritual.
Ihr begleitendes Instrumentalensemble spielt auf der Oud, dem Quanun, der Violine, dem Akkordeon, auf Trommeln, dem Kontrabass und dem Waterphone, einem Hybrid aus Wassertrommel, afrikanischem Lamellophon und einer Nagelgeige. Doch über allen strahlt und berührt die Stimme Savina Yannatou. Ihre respektvolle Ausdruckskraft zeichnet sich durch hingebungsvolle Leidenschaft aus, dabei immer auf der Suche nach einer seelischen Balance zwischen mediterranen Dialekten und Sprachen und einer melancholischen Verletzlichkeit, die dieses Album zu einem der berührendsten Aufnahmen dieses Frühjahrs werden lässt.
Jörg Konrad

Savina Yannatou
„Watersong“
ECM
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Dienstag 15.04.2025
Anouar Brahem „After The Last Sky“
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Allein die Herkunft und Entwicklungslinien der Oud haben etwas Kulturen übergreifendes, etwas den Orient und Okzident verbindendes. In Persien beheimatet, ist sie der Vorläufer der europäischen Laute. Ein nahöstliches Saiteninstrument, das im frühen Mittelalter im Rahmen der arabischen Expansion über die Mauren in Andalusien und auf dem Rücken der heimkehrenden Kreuzfahrer nach Mitteleuropa gelangte. Hier hat ihre musikalische Relevanz im Laufe der Jahrhunderte ein wenig an Popularität verloren. Ganz im Gegensatz zur arabischen Tradition, wo das Original sowohl in der Volksmusik als auch in der zeitgenössischen Musik bis heute allgegenwärtig ist.
Anouar Brahem, geboren 1957 in Tunesien, erlernte die Oud schon in Kindesalter, spielte früh klassische arabische Musik, interessierte sich aber auch für indische Klangkulturen und Jazz. Anfang der 1980er Jahre kam er nach Paris und erweiterte hier seinen musikalischen Kosmos immens, indem er Ballettmusik komponierte und Filmmusik schrieb. Der Kontakt mit dem Produzenten Manfred Eicher ermöglichte Brahem dann zu Beginn der 1990er Jahre sein Musikverständnis noch einmal auszuweiten und seinen Hunger nach kultureller Vielfalt und stilistischer Offenheit nach allen Seiten zu stillen. „Heutzutage scheint mir das Klangmaterial, das Tradition und Moderne verbindet, besonders wandlungsfähig und anregend zu sein“, äußerte er sich kürzlich in einem Interview.
Bestes Beispiel für diese Fülle an stilistischer Farbigkeit ist sein neustes Album „After The Last Sky“. Eingespielt von einem internationalen Quartett, bestehend aus den beiden Engländern Dave Holland (Bass) und Django Bates (Piano), der deutschen Anja Lechner (Cello) und Brahem selbst, ist im schweizerischen Lugano eine Musik entstanden, die traditionelle arabische Musik, europäische Kammermusik, Improvisation und Individualität in sich vereint. Den vier Musikern gelingt es faszinierend ihre jeweiligen Identitäten zu erhalten und gemeinsam eine westöstliche Klangkultur zu entwickeln, die sich weitab aller stilistischen Eingrenzungen bewegt.
Brahem hat in der Vergangenheit mit seinen Alben für ECM diesen enormen Spagat schon häufiger vollzogen. Ihm gelingt es dabei immer wieder, eine unruhige wie beruhigende Musikalität zu kreieren, die natürlich über reines Virtuosentum hinausgeht – obwohl alle vier Instrumentalisten sehr wohl hierzu in der Lage wären. Doch Brahem geht es um weit mehr. „Musik, und insbesondere Instrumentalmusik, ist von Natur aus eine abstrakte Sprache, die keine expliziten Ideen vermittelt“, sagt er. „Sie zielt eher auf Emotionen und Empfindungen ab, und wie sie wahr genommen wird, ist von Mensch zu Mensch verschieden.
Inhaltlich hat sich Anouar Brahem von Schmerz und Leid, aber auch von Hoffnung und Lebensbejahung leiten lassen. Kein Wirklichkeitspathos, stattdessen Tiefsinn, Melancholie und vibrierende Nachdenklichkeit. „After The Last Sky“ steht einerseits in einer Reihe von faszinierenden Brahem-Einspielungen der letzten Jahrzehnte und ist zugleich eine neuerliche, fortführende komplexer Klangerforschung – weitab kulturell einengender, wie ausgetretener Pfade. Hier wird alles evident Fremdartige zum zuversichtlich Vertrauten.
Jörg Konrad

Anouar Brahem
„After The Last Sky“
ECM
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Autor: Siehe Artikel
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