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31. Franco Ambrosetti „Nora“
32. Vor 40 Jahren: Cassiber „Man Or Monkey“
33. Keith Jarrett „Bordeaux Concert“
34. Dieter Ilg „Ravel“
35. Enrico Rava & Fred Hersch "The Song Is You"
36. Musiker im Spannungsfeld - Christian Muthspiel zum 60.
Freitag 11.11.2022
Franco Ambrosetti „Nora“
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Es gab Zeiten, da standen die meisten Jazzmusiker der Alten Welt im Schatten ihrer amerikanischen Kollegen. Das hat sich im Laufe der Jahrzehnte zugunsten der Europäer geändert.
Nur Franco Ambrosetti sorgte schon in der Vergangenheit für eine der wenigen Ausnahmen. Seine Hardbop-Alben, speziell aus den 1980er Jahren, gehören zum Temperamentvollsten und Intelligentesten, was in Sachen Jazz zu jener Zeit zu hören war. Und das lag ganz sicher nicht allein daran, dass ein Großteil seine damaligen Mitstreiter aus dem Mutterland des Jazz kamen. Umgekehrt - es war für Michael Brecker, Phil Woods, Tommy Flanagan, Hal Galper und viele andere eine Freude und eine Ehre, mit dem Schweizer Trompeter spielen und auftreten zu dürfen.
Betrachtet man Ambrosettis Diskographie rückblickend fällt aber auf, dass es wenig gibt, was der Sohn des Saxophonisten und Industriellen Flavio Ambrosetti bisher noch nicht musikalisch umgesetzt hat. Mit „Nora“ erfüllt er sich nun 80jährig einen langgehegten Wunsch: Ein komplettes Album, eingespielt mit Streichorchester.
Hierfür lud er sich im Februar dieses Jahres Mitstreiter seiner letzten All Star Band (John Scofield, Uri Caine, Scott Colley u.a.) nach New York ein, bestellte bei Alan Broadbent, einst für Barbara Streisand und Shirley Horn tätig, die Arrangements für sechs Standards und zwei eigene Kompositionen und spielte diese dann mit seinen Freunden und einem Streichensemble in drei Tagen ein.
Es versteht sich fast von selbst, dass Ambrosetti sämtliche Balladen ausschließlich auf dem weicheren und volleren Flügelhorn spielt. Er, der Ästhet und Souverän, beschwört mit Eleganz und Kompetenz die Musik auf diesem Album. Zugleich spüren wir die Leidenschaft, die Hingabe zu seinem Instrument. Er provoziert mit einer lyrischen Abgeklärtheit, findet auch in „Autumn Leaves“ und vor allem in Miles Davis „All Blues“ neue Interpretationsansätze, die zwischen Herausforderung und Entspanntheit pendeln. Er erzählt eben seine eigenen Geschichten, läst sein Können in faszinierendem Glanz erstrahlen. Übrigens ist der Titel „Nora“ eine musikalische Liebeserklärung an Ambrosettis Frau Silli, die als Schauspielerin im gleichnamigen Theaterstück von Henrik Ibsen einst die Hauptrolle spielte.
Jörg Konrad
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Montag 24.10.2022
Vor 40 Jahren: Cassiber „Man Or Monkey“
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Im Sommer 1982 luden die Frankfurter Multiinstrumentalisten Christoph Anders, Heiner Goebbels und Alfred Harth den englischen Schlagzeuger Chris Cutler nach Kirchberg in die Schweiz ein, wo sich das damals bekannte Sunrise Studio befand. Dieses wurde von dem Quartett ganze elf Tage gemietet, in der Absicht, gemeinsam zu improvisieren. Ein Luxus, der heute kaum noch vorstellbar ist.
Es dauerte einige Tage, bis die vier Individualisten musikalisch zueinander fanden. Am Ende der Session entstand „Man Or Monkey“, das erste Album der Band Cassiber, wie sich die Musiker nannten. Wenige Tage später traten sie mit diesem Programm beim Frankfurter Jazzfestival auf und sorgten für einen Eklat. Ein Teil des Publikums verließ fluchtartig die Alte Oper, der Rest brach in Begeisterungsstürme aus. Diese Art von kompromisslosem Songwriting hatte man bis dahin nicht gehört. Denn im Grunde spielten Cassiber tatsächlich explosive, politisch stark engagierte Songs, die jede Menge Punk und Freejazz, Rock und Theatralik beinhalteten. Der geniale Karl Bruckmeier schrieb später in der SZ: „Selbst heute möchte man, wenn man Cassiber beim Musikmachen zuhört, sofort auf die Straße stürmen und sich nicht länger bieten lassen, was einem so täglich als politische Normalität vorgegaukelt wird“.
Fred Frith, „der lachende Aussenseiter zwischen Rock und Jazz“ beschrieb ihre Musik einmal so: „Kollisionen von roher Punk-Energie und Free Jazz-Passion waren seinerzeit nicht ungewöhnlich, die aber zu kombinieren mit Samples und Beats, mit abgedrehtem Songwriting, noch dazu in einer Kombination von Einflüssen von Eisler bis Prince und Robert Wyatt, in einer Performance von schierer Virtuosität, das war umwerfend, insbesondere wenn es obendrein als politische Aktion ausgegeben wurde. Das war fast schon eine Definition von ´offener´ Musik.“
Und von all dem bietet auch „Man Or Monkey“ reichlich. Die Radikalität in der Umsetzung der musikalischen Vorgaben ist atemberaubend. Textlich werden Bach-Kantaten zitiert und auch die Friedenshymne „Sag mir, wo die Blumen sind?“ findet in einer instrumentalen Form Eingang in das Album. Heiner Gobbels sagte erst vor drei Jahren rückblickend auf die Arbeit mit Cassiber: „ …. dass die vier Identitäten nebeneinander und miteinander koexistieren und nicht nur in der Mischung etwas Neues hervorbringen, sondern auch versuchen, das jeweilige Territorium, das im Material anklingt, zu öffnen für viele Stimmen, für viele Wahrnehmungsformen.“ Vergleichen könnte man diese Form der Intensität und musikalischen Vielfalt mit den späteren Arbeiten eines John Zorn. Zehn Jahre existierten Cassiber und ihre Musik ist heute noch ebenso beeindruckend und überzeugend wie zum Beginn ihrer Existenz.
Jörg Konrad

Vor 40 Jahren: Cassiber
„Man Or Monkey“
Riskant Records
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Autor: Siehe Artikel
Montag 17.10.2022
Keith Jarrett „Bordeaux Concert“
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Wir haben an dieser Stelle schon häufiger Aufnahmen von Keith Jarrett vorgestellt. 2022 tun wir dies jedoch mit einem weinenden und mit einem lachenden Auge. Die traurige Nachricht ist, dass der Pianist aufgrund von zwei Schlaganfällen schon eine Weile nicht mehr auftritt und nach eigenem Bekunden auch kein Klavier mehr auf dem bekannt hohen Niveau spielen wird.
Das lachende Auge verdanken wir der Möglichkeit, dass sein Label viele Auftritte des heute 77jährigen Musikgenies in der Vergangenheit mitgeschnitten hat und somit in den Archiven von ECM noch einige ungehobene Schätze darauf warten, das Licht der Öffentlichkeit zu erblicken.
Bei dem jetzt erschienenen „Bordeaux Concert“ handelt es sich um ein Album, das während seiner letzten Solotour 2016 im Auditorium der Opéra National de Bordeaux aufgenommen wurde. Es ist nach „Munich 2016” und „Budapest Concert” der dritte Mitschnitt von dieser Tournée.
Jarrett ist in der französischen Hafenstadt, wenn man das so sagen darf, in bestechender Form. Er improvisiert überwiegend kurze Stücke, deren Titel fortlaufend nummeriert sind.
Aber auch in diesen knappen Songs steckt der ganze Jarrett'sche Kosmos, dem wir seit Jahrzehnten erlegen sind, der sich als ein Mosaik aus traditionellem Jazz, aufblitzenden Standardmelodien, entspannten Melancholien, konzentrierten Improvisationen und klassischen Diskursen zusammensetzt. Doch im Grunde reichen diese Beschreibungen kaum aus, um die vorliegenden Klangwelten zu charakterisieren, denn wir hören auch folkloristische Zwischenspiele, Widersprüche aus der Moderne, sperrige Impressionen und tropfende Arpeggios. Alles greift bei seinem Klavierspiel ineinander, ist wie ein einziger großer Fluss, mit reißenden Stromschnellen und friedlichen Zonen, mit gefährlichen Untiefen und geheimnisvollen Abgründen.
Jarrett ist in der Lage, mit ganz wenigen Harmonien und Akkorden musikalische Kostbarkeiten entstehen zu lassen. Er wäscht voller Wehmut Gold aus dem Alltag und beflügelt damit jede Form der Poesie.
Jörg Konrad

Keith Jarrett
„Bordeaux Concert“
ECM
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Autor: Siehe Artikel
Freitag 07.10.2022
Dieter Ilg „Ravel“
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Erst war Verdi, dann kam Wagner, nachfolgend Beethoven, anschließend Bach und nun Ravel. Jedem dieser Koryphäen der Klassik tritt Dieter Ilg im Jazzkontext mit seinem regulären Trio selbstbewusst entgegen. Ein eingespielter und exzellent aufeinander abgestimmter Verbund, den der Bassist schon seit Jahren zusammenhält, um die Brücken, Übergänge und Gemeinsamkeiten dieser beiden Musikformen auszuloten. Eine Band, die swingt, zugleich das intellektuelle Ass ausspielt und auf diese Weise Grenzen sprengt.
Sein geistiges Reich ist zeitlebens eine differenzierte und raffinierte Kinderstube geblieben“, schreibt H. H. Stuckenschmidt in seiner Biographie von 1966 über Maurice Ravel. Verspielt wie auch präzise war der Franzose und als Tonsetzer zur ersten Garde der Impressionisten gehörend. Und dieses Impressionistische, dieses Flüchtige, den Augenblick ästhetisch betonende, ist das eigentliche musikalische Refugium Ilgs und seiner beiden Mitstreiter. Der Bassist ist ein rhythmischer Seiltänzer, der sich ohne Netz und doppelten Boden zwischen den wuchtigen Felsen der Klassik und des Jazz bewegt. Denn er kann beides! Ilg brilliert mit weichem und perfektem Ton im klassischen Fach und er bewegt sich virtuos und unbelastet (aber respektvoll) improvisierend im Jazzidiom. Rainer Böhm findet immer den perfekten Ansatz, umgleitet Grenzen, wenn nötig überspringt er diese auch kraftvoll. Er brüllt am Flügel wie einst der coltraneske McCoy Tyner („Trio“), oder beschwört in tröstender Melancholie den Raum zwischen Vergangenheit und Gegenwart („Le Jardin féerique“).
Patrice Héral hält am Schlagzeug alles zusammen, setzt selbst Impulse, gibt den Imprivisationen sensiblen Schub und lässt die gesamte Musik organisch leuchten. Auf „Ravel“ sind Dank dem Miteinander der Solisten Zwischenräume ausgefüllt, ist der Eindruck von Geschlossenheit das Vorherrschende dieser Aufnahme – egal in welchem Register.
Jörg Konrad

Dieter Ilg
„Ravel“
Act
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Autor: Siehe Artikel
Dienstag 04.10.2022
Enrico Rava & Fred Hersch "The Song Is You"
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Schon die ersten Töne auf diesem Album deuten an, wohin die folgende musikalische Reise führt. Enrico Rava und Fred Hersch, der italienische Trompeter und der US-amerikanische Pianist, gehören zu den begnadeten Geschichtenerzählern und leidenschaftlichen Poeten unter den zeitgenössischen Improvisatoren. Und sie haben hier, auf ihrem ersten gemeinsamen Album, eines der ergreifendsten Statements im Bereich des Jazz der letzten Jahre aufgenommen. Denn ja, auch im Jazz darf schön gespielt werden, darf man in ästhetisch ausgereiften und lyrischen Klangwelten schwelgen. Ohne dass zuckersüße Banalitäten bemüht werden, oder eine triviale Unverbindlichkeit zum Zuge kommt.
Hier sind zwei Musiker am Werk die klingen, als hätten sie schon ein ganzes Leben miteinander gespielt. Dahinter steckt aber einzig ihre Persönlichkeit und natürlich auch ihr traumwandlerisches Können. Sie sind erfahrene und vor allem sensible Instrumentalisten, für die stets ihre Mitmusiker von immenser Bedeutung waren. Rava und Hersch können zuhören und empathisch (aufeinander) reagieren, auch dann, wenn sie aus ihrem jeweils unglaublichen Erfahrungsschatz mit Hingabe zitieren. Sie haben Ideen und Fantasien, gehen zurückhaltend Risiken ein (ohne den Nebenmann zu übertönen), verlustieren sich in der Vergangenheit und haben zugleich genug Potenz, um neue Wege musikalisch auszuprobieren. Und so werden wir in diesen entsetzlichen Zeiten (Ohren-)Zeuge eines stilvollen und stark berührenden Dialogs, der von Verständigung und friedvollem Miteinander handelt. Hier gehen passionierte Substanz und visionäre Entschlossenheit Hand in Hand. Da macht es auch überhaupt nichts, wenn das letzte Stück, Thelonious Monks unverwüstliches „Round Midnight“ allein Fred Hersch gehört. „The Song Is You“ ist mindestens das Album des Jahres 2022!
Jörg Konrad

Enrico Rava & Fred Hersch
„The Song Is You“
ECM
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Autor: Siehe Artikel
Freitag 30.09.2022
Musiker im Spannungsfeld - Christian Muthspiel zum 60.
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Es ist erst ein paar Wochen her, da berichteten wir von einem besonderen musikalischen Spektakel in München - von der mutmaßlich weltweit ersten Oper, die auf einem Riesenrad präsentiert wurde (https://kultkomplott.de/Permalink/Artikel/2608/#article_anchor_2608 ). Komponist dieses Werkes, das im Rahmen des „Out Of The Box“-Festival im Riesenrad „Umadum“ uraufgeführt wurde, ist Christian Muthspiel, gestandener und mit Auszeichnungen hochdekorierter Jazzer aus Österreich.
Muthspiel gehört zu den vielseitigsten und aktivsten Komponisten und Instrumentalisten der Szene. Geboren in Judenburg in der Steiermark studierte er in Graz Posaune im klassischen Fach und im Bereich Jazz. Und genau in diesem Spannungsfeld siedelt sich sein Musik bis heute an, wobei vielleicht eines seiner ersten Alben vom Titel her exemplarisch für seine gesamte Arbeit bisher ist: „Aus dem Tagebuch der Grenzgänger“ (eingespielt vom Orchesterforum Graz). Muthspiel hat Klavier-, Violin- und Posaunenkonzerte geschrieben, Kammer- und Schauspielmusik verfasst, er interpretierte Renaissancemusik und ist natürlich mit unterschiedlichsten Jazzprojekten unterwegs.
Dieser Tage erschienen bei Universal insgesamt vier CDs mit Werken Muthspiels, von denen zwei in den zurückliegenden über drei Jahrzehnten aufgenommen wurden („Diary – Selected Recordings 1989-2022“), wobei die beiden anderen aktuelle Aufnahmen seines Projektes Orjazztra Vienna beinhalten („Homecoming – Live“).
Hinzu kommt noch ein Album, das im Zusammenspiel mit dem amerikanischen Bassisten Steve Swallow aufgenommen und jetzt auf Vinyl veröffentlicht wurde. Muthspiel tourte in den Jahren 2013/2014 mit einem Quartett, zu dem auch Swallow gehörte, quer durch Europa und hinterließ bei diesen Konzertereignissen ein stets begeistertes Publikum. Anschließend gingen der Posaunist, der hier auch Klavier und Flöte spielt, und der Bassist ins Studio und es entstand „Simple Songs“.
Alle drei Arbeiten zusammen machen Muthspiels unglaubliche musikalische Bandbreite deutlich. So sind auf „Diary“ Aufnahmen mit Steve Swallow und dem österreichischer Dichter und Schriftsteller Ernst Jandl im Duo zu erleben, Muthspiels Yodel Group, in der er sich in Starbesetzung der alpenländischen Stimmakrobatik widmet ist vertreten, wie auch einige Duoeinspielungen mit seinem Bruder Wolfgang Muthspiel an der Gitarre; weiterhin dem Octet OST mit Tomasz Stanko aus Polen, Sainkho Namtchylak aus der autonomen russischen Republik Tuwa und Anca Parghel aus Rumänien, Trio-Aufnahmen mit dem unvergesslichen Paul Motian am Schlagzeug und Gary Peacock am Bass.
„Homecoming“ ist das Ergebnis dreier „Streaming Abende“ im Wiener Jazzclub „Porgy & Bess“. Live aber ohne Publikum eingespielt, was dem damaligen Pandemie-Lockdown geschuldet ist. Trotz dieser äußeren Umstände ist die Musik lebendig, vital, beeindruckt durch ihren unorthodoxen und doch so disziplinierten Stil. Eine wilde, ein ungezügelte Musik, transparent in den Arrangements, bluesig in ihrem Duktus und manchmal auch einfach zum heulen schön.
„Simple Songs“, die Zusammenarbeit mit Steve Swallow, ist dann eine von den instrumentalen Stimmen völlig reduzierte Arbeit, akustisch aufgenommen, wobei der Reiz in der Einfachheit der Umsetzung des musikalischen Materials liegt. Der Klang ist klar, glänzt in einer Art Naturverbundenheit – schlicht und faszinierend. Muthspiel, von dem acht der insgesamt zehn Kompositionen stammen, hat sich von kargen, aber nie banalen Ideen leiten lassen, die teilweise ein wenig verspielt klingen, aber letztendlich doch das Sparsame, die Balance mit seinem Bass-Partner in den Vordergrund stellen.
Drei Alben, die allesamt in ihrer Vielfalt und zugleich in ihrer Qualität beeindrucken und nachdem Christian Muthspiel vor einiger Zeit sich entschlossen hat, seine Laufbahn als Instrumentalist zu beenden, eine wunderbare Werkschau seines bisherigen Schaffens darstellen. In der letzten Woche beging Christian Muthspiel seinen 60. Geburtstag. Herzlichen Glückwunsch und danke für diese großartige Musik von dieser Stelle.
Jörg Konrad

Christian Muthspiel
"DIARY 1989 - 2022
Selected Recordings"
Universal / Emarcy

Christian Muthspiel? Orjazztra Vienna
"Homecoming Live"
Universal / Emarcy

Christian Muthspiel & Steve Swallow
"Simple Songs"
In & Out Records
Limited Audiophile Signature Edition
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Autor: Siehe Artikel
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