Landsberg. Wer oder was ist Angela Aux? Musiker, Musikerin, Autor, Kunstfigur? Am Freitag stand Angela Aux, mit bürgerlichem Namen Florian Kreier, auf der Bühne des Landsberger Stadttheaters. Samt Band! Diesmal nicht maskiert und ohne Kleid und Maske. Trotzdem spielte hier jemand im schwachen Rampenlicht mit Identitäten und ganz persönlichen Befindlichkeiten, füllte Songs und Lücken mit Tagesthemen und Geisteswissenschaften - provozierte eher verhalten, wie nebenbei und half auf diese Weise dem Publikum auf die Sprünge.
Oder versteckte hier jemand sein persönliches Zentrum? Überspielte alles Private ostentativ? Lassen wir vielleicht die Frage offen und konzentrieren uns auf das Wesentliche: Im Mittelpunkt stand die Kunst. Alles andere war Nebensache. „Angela Aux ist ein Medium,“, erzählte Florian Kreier einmal in einem Interview, „das sich zwischen Musik und Literatur immer neue relevante Themen sucht, um in Performances und Songs und Texten anderen Menschen einige interessante Dinge dazu mitzugeben.“
Auf jeden Fall machte Angela Aux Musik. Zumindest in Landsberg. Spielte, sang, performte (neudeutsch), Songs, die angelegt waren zwischen Pop und Underground, die ebenso melancholisch verkitscht daherkamen, wie sie in ihrer scheinbaren Einfachheit herausforderten und berührten. Songs die von Quantenmechanik handelten und von (Werner) Heisenberg, die sich mit (Friedrich) Nitzsche, Aliens und dem Alter Ego beschäftigten (immerhin ist AA studierter Politologe).
Irgendwo war einmal zu lesen, Angela Aux Musik klingt wie eine Art popmusikalisches Surfen zwischen Nick Drake und Velvet Underground. Vielleicht ja auch zwischen einem Donovan und David Sylvian? Ein Streetworker jedenfalls, wie es zum Beispiel Kevin Coyne musikalisch sein Leben lang war, ist Angela Aux mit Sicherheit nicht. Das was er spielte war nicht Rock'n Roll als Volksmusik. Er gab sich eher als der Lyriker, ein Walter von der Vogelweide des Pop. Verträumt und romantisch – dabei nicht unkritisch.
Die Provokation fand en detail statt, im kleinen, wenn das Publikum zum Beispiel aufgefordert wurde, nach den Songs eben nicht zu klatschen – sondern zu pfeifen. Konventionen in Frage stellen, sie im besten Fall ignorieren. Ist das authentisch? Auf jeden Fall hat es eine individuelle Note, diese Popmetamorphose, die am Ende das ästhetische Niveau auf ein neues, auf ein anderes Level hob.
Wie weit Florian Kreier in der Charakterisierung und im Umgang mit seinem eigenen Tun geht zeigt sich, dass er als Autor schon einmal eigene Alben gnadenlos verreißt. Ein Mensch mit Humor also? Auf jeden Fall mit Ironie, der sein eigenes Werk nicht allzu ernst zu nehmen scheint. Und trotzdem beschäftigt er sich mit existenziellen Fragen. Zum Beispiel: Wie mag es weitergehen mit der Menschheit? Nach eigenem Bekunden ist es leicht, Dystopien zu entwerfen. Gute Utopien gibt’s nur wenige – sie sind eine Herausforderung und weitaus lohnenswerter, als in Angst und Schock zu erstarren. Wie schön.
Jörg Konrad