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13. Landsberg: Dota – Anstatt durchgeknalltem Zeitgeist
14. Fürstenfeld: Andrey Godik, Christoph Eß und Evgenia Rubinova - Klaviertri...
15. Germering: Scott Hamilton & Friends – Knietief in der Tradition
16. Olching: Haydn Chamber Ensemble – Sternstunde der Musik
17. Eichenau: Christian Brembeck am Cembalo in der Schutzengelkirche - Abwechsl...
18. Fürstenfeld: Al Jones Band – Die Blues-Prediger
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Freitag 10.10.2025
Landsberg: Dota – Anstatt durchgeknalltem Zeitgeist
Landsberg. Dota Kehr ist selbstbewusst. Ansonsten kämen ihr Sätze wie „An manchen Stücken arbeite ich über Monate und manche entstehen innerhalb weniger Stunden. Und ich wage zu behaupten, dass man es den Stücken nicht anhört, welche die mühsamen sind.“ nicht über die Lippen.
Aber die aus Berlin stammende und heute wieder in Berlin lebende Musikerin ist zugleich auch hochsensibel. Wie ein Seismograph nimmt sie gesellschaftliche Stimmungen und Befindlichkeiten auf und macht aus ihnen Songs – in deutscher Sprache. Nicht besserwisserisch, sondern reflektierend und nicht selten mit einer ordentlichen Portion hintergründigem Humor.
Oder sie vertont Texte, genauer Lyrik, wie die von Mascha Kaléko, der 1907 in Galizien geborenen dichtenden Büroangestellten. Mit diesem Projekt standen Dota, wie die Sängerin seit 2013 kurz und knapp ihre fünfköpfige Band nennt, im Rahmen einer ausgedehnten Deutschlandtour in Landsberg auf der Bühne. Berührende Songs zwischen melancholischem Chanson, übermütigem Liebeslied, bewegender Ballade, oder einer Jahrmarktsnummer im Walzertakt. Manchmal schimmert auch ein kompositorischer Splitter Kurt Weills durch die Stücke, manchmal lässt ein Tom Waits (natürlich mit Engelsstimmen) grüßen, oder aber die Stille greift Raum – zum Nachdenken.
Dota Kehr findet immer den richtigen Sound für den Text. Dieser klingt sehr persönlich, nicht austauschbar, zielgerichtet auf die Inhalte. Wer den durchgeknallten Zeitgeist sucht, wird hier nicht fündig werden.
Kaum eine Dichterin verkörperte das Berlin der Weimarer Republik so prägnant und doch dabei so nachhaltig poetisch still wie Mascha Kaléko. Ihre Nachdenklichkeit und ihr zugleich sprühender Witz ähnelten der Millionenmetropole zu jener Zeit. Chaos, Hunger und Bürgerkrieg auf der einen Seite, auf der anderen ein blühendes Nachtleben, Glamour, Partys und Verschwendung. Mascha fühlte sich wohl zwischen diesen Extremen, sie entsprachen ihrer Lebenshaltung. In Cafés traf sie Else Lasker-Schüler, Gottfried Benn, Joachim Ringelnatz und Kurt Tucholsky und ihre Gedichte, die sie zu schreiben begann, wurden in Tageszeitungen gedruckt. Ein erstes Lyrikbüchlein erschien im Januar 1933(!) bei Rowohlt: „Das lyrische Stenogrammheft“ - bis heute eines der meistverkauften Gedichtbände in Deutschland. Einige Jahre darauf musste sie aus Deutschland emigrieren.
Und Maschas Texte holt Dota mit ihren Vertonungen in die Gegenwart. Es ist zum Glück keine nostalgische Reise in die Vergangenheit, kein rollendes „R“, kein Schabernack á la Comedian Harmonists. Es sind Songs, die im Hier und Jetzt erscheinen und in der Gegenwart wirken, deren Gefühle die Emotionen der Menschen von heute ausdrücken.
Jörg Konrad
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Dienstag 07.10.2025
Fürstenfeld: Andrey Godik, Christoph Eß und Evgenia Rubinova - Klaviertrio einmal anders
Eröffnung der neuen Saison der Fürstenfelder Konzertreihe mit den Instrumenten Oboe, Horn und Klavier

Fürstenfeldbruck. Dass die Sommerpause zu Ende ist, kann man auch daran festmachen, dass die Konzertreihen in ihre neue Saison starten. Für die Fürstenfelder Konzertreihe war es im sehr gut besuchten Stadtsaal am vergangenen Samstag soweit: Ein Abend mit einem Klaviertrio und romantischem Repertoire stand auf dem Programm. Das klang auf den ersten Blick angenehm vertraut – und war es im konkreten Fall dann doch nicht. Die Besetzung Klaviertrio hatte hier neben dem Tasteninstrument nämlich nicht Violine und Violoncello als Partner, sondern Oboe und Horn. Während die erste Zusammenstellung eine der am häufigsten bedienten Kammermusikbesetzungen ist, existieren für die zweite nur ganz wenige Originalwerke, die stilistisch erst ab dem 19. Jahrhundert angesiedelt sind. Allein das machte den Abend spannend, weil die Instrumentalparte sehr stark instrumentenspezifisch komponiert waren. Die Oboe konnte damit nicht einfach gegen die Violine ausgetauscht werden, das Horn in gleicher Weise nicht gegen das Violoncello.
Ein Komponistenname stand quasi in der Mitte des Abends, ohne dass ein Werk von ihm erklungen wäre: Johannes Brahms. Robert Schumann pries den jüngeren Kollegen in den höchsten Tönen, Robert Kahn freundete sich mit Brahms an, Carl Reinecke und Heinrich von Herzogenberg bewunderten ihn. Bis auf Schumann standen damit Komponisten der zweiten Reihe auf dem Programm. Was nach Zweitklassigkeit klingt, entpuppte sich als Musik, die genuin auf die spezielle Instrumentenkombination Bezug nahm und sich zu sehr individuell überzeugenden Klangerlebnissen zusammenfügte.
Das lag auch an den drei hervorragenden Musikern des Abends, Andrey Godik (Oboe), Christoph Eß (Horn) und Evgenia Rubinova (Klavier). Zu Beginn erklang die Serenade in f-Moll für Oboe, Horn und Klavier op. 73 von Robert Kahn. Das 1923 entstandene Werk hat insofern epigonenhafte Züge, als es der spätromantischen Klangaura unmittelbar verpflichtet ist und damit die umfassenden stilistischen Neuerungen des frühen 20. Jahrhunderts ignoriert. Die Parte der beiden Blasinstrumente waren nicht nur eng aufeinander bezogen. Die beweglicheren Oboenkantilenen unterlegte das Horn immer wieder mit harmonischer Klangfarbe, so dass eine klangvolle Basis vorhanden war. Umgekehrt umgarnte die Oboe das Horn immer wieder und verschmolz mit diesem zu einem Klang.
1898 komponierte Carl Reinecke sein viersätziges Trio in a-Moll für Oboe, Horn und Klavier op. 188. Das Zusammenspiel der drei Musiker war in diesem Werk stark klassischen Mustern verpflichtet: Bei hoher Tonqualität offenbarte der Kopfsatz (Allegro moderato) virtuosen Zugriff, der aber in großer Ruhe artikuliert war. Der Pianistin kam zumeist die Rolle als wunderbare Begleiterin zu, doch übernahm sie auch stellenweise präsent die Führung. Wettlauf und Verfolgung auf musikalische Art prägten das Scherzo, während ausladende Kantilenen der Oboe im dichten Legato Kennzeichen des Adagio waren. Ein satter und abgerundeter Klang erfüllte das Final-Allegro.
Das repräsentativste Stück des Abends dürfte das Trio in D-Dur für Oboe, Horn und Klavier op. 61 von Heinrich von Herzogenberg gewesen sein. In minutiöser Abstimmung der Instrumente gelang im Eingangssatz (Allegretto) ein ganz symphonischer Zusammenklang mit vielen Bögen, die dennoch die zarten Motive nicht verdeckten. Ganz im Gegensatz dazu stand der Andante-Satz, dessen statischer Klangeindruck etwas erhaben Schreitendes hatte und dessen kantable Melodien Spannung in großer Ruhe erzeugten. Die fulminante Schlussphase des Finalsatzes Allegro beendete wirkungsvoll dieses gelungene Trio.
Die Zugabe, der „Abendsegen“ aus Engelbert Humperdincks Oper „Hänsel und Gretel“ in einer Bearbeitung für das Trio des Abends, war am Ende quasi das berühmte „Tüpfelchen auf dem i“ dieses Konzerts.
Klaus Mohr
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Montag 22.09.2025
Germering: Scott Hamilton & Friends – Knietief in der Tradition
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Germering. Als Scott Hamilton Ende der 1970er Jahre die Szene betrat, und auch relativ schnell Fuß fasste, galt er als ein „junger Senkrechtstarter“, als ein „Newcomer“. Ob er jedoch eine große Zukunft haben würde, war damals noch nicht unbedingt klar. Denn es war jene Zeit, als der Pre-Bop eine Art Nostalgie Welle auslöste, die vor allem das Interesse an der Tradition weckte und bediente und weniger das individuelle Vokabular der Künstler in den Vordergrund stellte.
Aber spätestens mit seiner zweiten Europatournee 1980 änderte sich dies grundlegend. Alle erkannten Hamiltons großes Talent, seinen Sound, seine geschmackvollen Interpretationen, seine eleganten Phrasierungen, die zusammen dem Jazz eine ganz besondere Note verliehen. Von der britischen Fachzeitschrift Jazz Journal International wurde der damals 24jährige Hamilton im alljährlich stattfindenden Poll prompt zum Musiker des Jahres gewählt.
Bis heute gehört der in Providence, Rhode Island geborene und heute in Florenz lebende Saxophonist zwar nicht unbedingt zu den Erneuerern des Jazz, jedoch eindeutig zu den wirklich großen, ausdrucksstarken Melodikern am Instrument. Er beherrscht die Kunst des Mainstreams wie wenig andere, das heißt weniger Coltrane und Ayler, stattdessen mehr Hawkins und Webster.
Am Freitagabend gastierte Hamilton nach neun Jahren wiederholt in der (seit Wochen ausverkauften!) Germeringer Stadthalle und brachte diese mit seinen Friends auf swingende Betriebstemperatur. Bernhard Pichl (Klavier), Tizian Jost (Vibraphon), Rudi Engel (Bass) und Michael Keul (Schlagzeug) begaben sich mit ihrem Leader knietief in die Tradition des Jazz, machten deutlich, wie sehr der Blues ein unabdingbarer Teil des Jazz ist und mit welch unverwechselbarer Identität diese Stilistik einen ganzen Konzertsaal verzaubern kann.
Es war ein Vergnügen dem Tenoristen auf seinen musikalischen Reisen durch die Historie des Jazz zu folgen. Immer wieder griff Hamilton ins Archiv der großen Komponisten, wie Milt Jackson, Lucky Thompson, Cole Porter und, wenn es in Richtung Bossa Nova ging, natürlich auch Antonio Carlos Jobim. Trotz seiner spartanischen Ökonomie war auch sein Temperament bei aller Ästhetik seines Spiels deutlich zu spüren. Hamilton war immer bei sich, im Hier und Jetzt – mit einem melodisch sensiblen Blick zurück. Er weitete die Themen aus und verdichtete die Chorusse, verschob und entschleunigte die Spurenelemente der Improvisation. Hier wollte keiner missionieren, sondern mit Inhalten überzeugen.
Seine Balladenkunst: Einmalig. Er formte nicht spielend, sondern hauchte die Songs in tiefem warmen Ton, mit einem grandiosen Gespür für Raum und Zeit. Scott Hamilton – ein Altmeister am Instrument und die Kultiviertheit in Person. Ein Geschichtenerzähler par excellence.
Jörg Konrad
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Montag 15.09.2025
Olching: Haydn Chamber Ensemble – Sternstunde der Musik
Olching. Als Franz Schubert sein Adagio Es-Dur, D 897, auch „Notturno“ genannt, komponierte, wahrscheinlich 1827/28, war er von seiner fortschreitenden Syphillis schon stark gezeichnet. Gerade einmal einunddreißig jährig hatte der am 31. Januar 1797 in der Gemeinde Himmelpfortgrund (heute im 9. Bezirk Wiens gelegen) geborene „Vertreter der Romantik“, schon etliche hundert Kompositionen verfasst.
Das „Notturno“ dürfte eine Art Nebenprodukt seiner beiden großen Klaviertrios sein, die auch um diese Zeit herum entstanden. Diese ruhige, sich aber in ständiger Bewegung befindliche Komposition, ist in einer fünfteiligen symmetrischen Architektur angelegt, bestehend aus nur einem von unglaublicher Reife und Schönheit getragener Melodiebogen. Veröffentlicht ist die Komposition erst knapp 20 Jahre nach Schuberts Tod, wobei die autographe Partitur vom Verfasser weder signiert noch datiert war.
Das Haydn Chamber Ensemble hat in der 233. Eleven-Eleven Matinee am letzten Sonntag im Olchinger KOM (Kulturwerkstett am Olchinger Mühlbach) seinen Auftritt mit diesem Stück eröffnet. Cornelia Löscher (Violine), Luca Monti (Klavier) und Hannes Gradwohl (Violoncello) spielten dieses „Notturno“ voller Hingabe und Homogenität. Das in Wien, Salzburg und Eisenstadt beheimatete Trio fand genau das richtige Tempo für dieses wiegend sehnsuchtsvolle Thema. Eine ideale Interpretation, um an einem späten Sonntagvormittag in (Klassik-)Stimmung zu geraten.
Die Eleven-Eleven Matinee begeht in diesem Jahr übrigens ihr 20jähriges Jubiläum. Ins Leben gerufen 2005 von Michael Schopper und 39 weiteren Gründungsmitgliedern, nach einer Idee Leonard Bernsteins, der in den 70er-Jahren in London und Tel Aviv namens­­gleiche Konzertreihen initiierte, fanden in Olching bisher über 230(!) hochkrätig besetzte Konzerte (kostenlos!) statt.
Die Herbstmatineen im Jubiläumsjahr sind 2025 zu einem Großteil Franz Schuberts gewidmet. So stand am Sonntag im zweiten Teil das Klaviertrio Nr.2 in Es-Dur 929 Op. 100 auf dem Programm, das als Schuberts letzte Komposition überhaupt gilt. Ein viersätziges Stück, das Robert Schumann gegenüber Schuberts Klaviertrio Nr.1 „mehr handelnd, männlich, dramatisch“ einschätzte.
Und tatsächlich klingt diese Komposition packender, greifbarer, aber auch um einiges verspielter. Hier findet sich eine Art Kanon zwischen Klavier und Streichern, begeistern explosive Dynamik-Wechsel, Kontrasten und Steigerungen, so dass dieses Stück auch als „Brücke zwischen den Trios von Beethoven und Brahms“ bezeichnet wird. Und es ist zudem eines der „monumentalsten Werke“ der gesamten Klaviertrioliteratur.
Das Haydn Chamber Ensemble ging dieses gewaltige Stück Kammermusik mit sinnlicher Geradlinigkeit an. Klar und Transparent die enorme wie ausdauernde Virtuosität des Trios, subtil wie intensiv seine klangliche Ausdrucksweise. Bei dieser faszinierend hingebungsvollen und brillanten Art der Spielgestaltung kann man nur von einer Sternstunde in der 20jährigen Geschichte der Eleven-Eleven Matinee sprechen.
Als Zugabe gab das Haydn Chamber Ensemble noch das Scherzo aus dem Oktett in F-Dur, D 803 von Frabz Schubert.
Jörg Konrad
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Samstag 13.09.2025
Eichenau: Christian Brembeck am Cembalo in der Schutzengelkirche - Abwechslungsreiches Klangspektrum
Eichenau. Über Jahrzehnte gehörte Christian Brembeck zu den wichtigsten Musikern im Landkreis. Er trat nicht nur als Tastenkünstler an Cembalo, Orgel und Klavier regelmäßig auf, sondern war auch als Dirigent in zahlreichen großen Chor- und Orchesterkonzerten in der Schutzengelkirche zu erleben. Seit einigen Jahren hat Brembeck seine Kirchenmusikerstelle in Eichenau aufgegeben und ist nach Berlin gezogen. Seither ist er ein gern gesehener, wenngleich eher seltener Gast in seiner alten Heimat. Bei einem Cembaloabend in der Eichenauer Schutzengelkirche am vergangenen Sonntag fanden sich etwa fünfzig langjährige Konzertbesucher der Brembeck-Konzerte ein, um dem Meister mit französischer und deutscher Barockmusik zu lauschen. Sie wurden nicht enttäuscht.
Auch diesmal nahm Brembeck seine Zuhörer auf die musikalische Reise mit und führte sie am Anfang ebenso eloquent wie kenntnisreich in Zusammenhänge des Programms und biographische Details der Komponisten ein. Zu Beginn erklangen vier Stücke mit je unterschiedlichem Charakter von Louis Couperin, einem Komponisten um die Mitte des 17. Jahrhunderts. Die einleitende Gigue war in fließendem, aber nicht zu raschem Tempo zu vernehmen und genau deshalb ausdrucksstark. Abwechslung brachten die teilweise unerwartet verschobenen Taktschwerpunkte, die scheinbar den festen Grund erschütterten, aber gleich wieder ins Regelmaß zurückfanden.
Die in strahlendem C-Dur angelegte Passacaille hatte ein klares rhythmisch-metrisches Fundament, auf dessen Grundlage sich zahlreiche Variationen entfalteten. Der Klang war insgesamt sehr transparent und in diesem Kirchenraum mit nicht allzu großem Nachhall versehen, was auch auf die Silbrigkeit des Cembalos zurückzuführen war. Gleichzeitig hätte diese Durchhörbarkeit keine Ungenauigkeit im Anschlag verziehen, ein Ansporn für Christian Brembeck, den er wunderbar erfüllte. Der schwingende Takt in „La Pastourelle“ hatte nicht nur Leichtigkeit, sondern bot auch viel Raum für die reich verzierte Oberstimme.
Die nächsten Stücke stammten von Jean-Philippe Rameau, einem Komponisten des 18. Jahrhunderts. Stilistisch war dieser Zeitsprung gut hörbar. Was vorher fein ziseliert war, erhielt nun einen virtuosen Anstrich: In „La Poplinière“ gab es ein munteres Auf und Ab der Figuren, ja es tanzten sogar einzelne Finger um diejenigen der anderen Hand. Dadurch entstand ein rauschender Klangeindruck. Christian Brembeck verstand es dennoch, stets eine transparente Durchhörbarkeit zu gewährleisten. Sehr frisch und lebendig kam anschließend „La Timide“ daher. Bei „Tambourin“ schienen alle Fesseln gelöst zu sein. In Nachahmung des gleichnamigen Schlaginstruments setzte Brembeck lautmalerisch den vital-drängenden Impetus um und erzeugte so eine große Unmittelbarkeit des klanglichen Charakters. Die „Gavotte“ lebte hingegen von zartem Laufwerk, das in raschem Tempo wie einzelne Perlen auf einer Schnur aneinandergereiht war.
Gewichtigstes Stück des Programms war die berühmte Ciaccona aus der Partita für Violine solo in d-Moll BWV 1004 von Johann Sebastian Bach. Christian Brembeck folgte hier einem Brauch der Zeit, Werke für eine andere Besetzung zu arrangieren, indem er seine Bearbeitung für Cembalo vorstellte. „Bearbeitung“ heißt hier nicht primär, Noten abzuschreiben und damit Anpassungen an ein anderes Instrument umzusetzen. Vielmehr haben Violine und Cembalo ganz unterschiedliche spieltechnische Möglichkeiten und Grenzen, die es sensibel auszuloten gilt, um ein eigenständiges Werk mit adäquater Aussage zu schaffen. Genau das ist Christian Brembeck hier ausgezeichnet gelungen: Die große Klangfülle auch des von der Größe her eher bescheidenen Cembalos ließ harmonische Entwicklungen äußerst plastisch hervortreten. Gleichzeitig waren die Melodiebögen besonders kantabel, so dass zusammenfassend eine sehr dichte und intensive Aussage entstand. Diese klare Diktion und die technisch hervorragende Realisierung beeindruckten das Publikum sehr. Am Ende gab es noch eine gar nicht so kleine, aber feine Zugabe.
Klaus Mohr
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Freitag 12.09.2025
Fürstenfeld: Al Jones Band – Die Blues-Prediger
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Fotos: TJ Krebs
Fürstenfeld. Joachim Ernst Berendt, einstiger Autor, Jazz-Produzent, Festivalgründer, kurz Wegbereiter des Jazz in Deutschland und späterer Seelenforscher und Klangvisionär, fasste vor etlichen Jahren zusammen: „Die Blues-Musiker sind das Salz der amerikanischen und vielleicht überhaupt der modernen westlichen Gesellschaft. Sie leben im Underground, in einer Katakombenwelt. Was dort hinuntersinkt, ist durch alles hindurchgegangen, was darüber liegt – und davon gesättigt“.
Das war einmal. Heute kommen primäre Bluesbands zu jeder Zeit aus allen Himmelsrichtungen – und sie haben fast alle eine von Musikalität und Lebensphilosophie durchdrungene Message.
Al Jones zum Beispiel ist 1951 in der Oberpfalz geboren, für den Blues nicht unbedingt ein idealer Nährboden. Aber vielleicht ist es auch gerade diese abgelegene Provinz, die dem Sohn eines amerikanischen GIs hin zum Blues führte. „Als ich im Alter von 12 Jahren meine erste Gitarre von meinem Vater bekommen habe, erlebten Beat-Musik und die Beatles ihren Durchbruch,“ erzählte er vor einiger Zeit dem Jazzclub Bamberg, „dann die Rolling Stones, die ja am Anfang im Grunde Blues gespielt haben. Die Animals und The Who haben mich auch sehr beeindruckt.“ Und da es in der Oberpfalz wenig Live-Konzerte gab, machte eben Al Jones aus der Not eine Tugend und spielte selbst den Blues – anfangs den seiner Favoriten, später immer mehr eigene Songs.
Heute, über sechzig Jahre später, klingt Al Jones wie Al Jones. Der Gitarrist und Sänger hat sich im Laufe der Zeit eine eigene Karriere aufgebaut, stand unter anderem mitB. B. King, Johnny Winter oder Champion Jack Dupree auf der Bühne, oder tourt mit eigener Band quer durch Europa.
Mit seinem Quintett eröffnete Jones am Donnerstag die neue Saison der BluesFirst in Fürstenfeld. Der Abend im ausverkauften Kleinen Saal wurde zu einem begeisternden Statement für diese überwiegend zwölftaktige Botschaft die Christoph Böhm (Gitarre), Ludwig Seuss (Klavier und Orgel), Tom Peschel (Bass), Peter Kraus (Schlagzeug) und ihr Leader selbst von der Bühne ihrem Publikum regelrecht predigten. Der Blues in all seinen verzweigten stilistischen Spielarten, Boogie Woogie, Funk, Soul – erwachsene/gewachsene Musik weitab jeder polierten Nostalgie.
Jones gelingt es mit seiner Band großartig alle Blues-Klischees zu umsegeln. Kantig, knarzig, energisch und groovend bewegen sich die Instrumentalisten knietief in der Geschichte dieser Musik. Natürlich dürfen Kompositionen des Gitarrenriesen und Linkshänders Otis Rush an diesem Abend nicht fehlen, der Topfavorit des heute in Memmingen lebenden Jones.
Auf seine Band kann sich der Sänger und Gitarrist dabei absolut verlassen. Die meistert die filigranen Bluesstrecken ebenso perfekt, wie die mehr rustikalen Grundlagen ihres Metiers. Und sie legt ebenso exzellent einen begleitenden Teppich aus, auf dem es sich perfekt solieren lässt. Ob verkaterte Ballade oder schnaufender Groove – das Quintett ist ein Power-Paket in dem Jones Gitarreneruptionen jede Frage, ob denn diese Musik noch angesagt wäre, regelrecht pulverisieren. Das Gegenteil ist der Fall: Veranstalter die heutzutage etwas auf sich halten, präsentieren Blues - als Einzelkonzert oder im Festivalformat. BluesFirst in Fürstenfeld ist mittlerweile in der 18.(!) Saison und wie am Donnerstag zu erleben war: Kein Ende nirgends.
Jörg Konrad
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