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100. Die „Uranographia“ des Johann Elert Bode
99. Wer entdeckte die Jupitermonde?
98. Der Saturn – Ein Planet mit 82 Monden
97. Das bedeutendste Frühwerk der Astronomiegeschichte
96. Voyager 1 und das Summen zwischen den Sternen
95. Auf Zwergenniveau herabgestuft
Dienstag 01.02.2022
100. Die „Uranographia“ des Johann Elert Bode
Bilder
EsWa, Galaxien 16, Digital, 53 x 47, 2022
Im kürzesten Monat des Jahres sind es die Wintersternbilder, die den nächtlichen Himmel beherrschen. Zur Monatsmitte wird sich der Vollmond alles überstrahlend durch die Sternbilder Stier und Zwillinge bewegen. Er ist der einzige Gast, denn von den Planeten fehlt tatsächlich fast jede Spur. Es sei denn, dass man mit viel Glück den Jupiter kurz vor seinem Untergang sieht. Da er aber unmittelbar nach der Sonne untergeht, kann das Auffinden nur bei völlig freier Sicht in Richtung Südwesten gegen 18 Uhr gelingen.
Im Südosten hingegen hat man am Morgen gegen 6 Uhr die Möglichkeit die Venus zu erkennen. Sie geht rund zwei Stunden vor der Sonne auf. Aufgrund der tiefen Lage der Ekliptik steht aber auch der jetzt als „Morgenstern“ bezeichnete Planet recht flach und ist nur durch die relativ große Helligkeit zu entdecken.

Vor 275 Jahren wurde am 19.Januar 1747 einer der wohl bedeutendsten und zugleich erfolgreichsten deutschen Astronomen in Hamburg geboren. Johann Elert Bode war der erstgeborene Sohn einer alteingesessenen Kaufmannsfamilie. Mit dem Stammhalter hatte der Vater natürlich ganz andere Pläne vor, doch eine schwere Krankheit, bei der er die Sehkraft des rechten Auges nahezu einbüßte und die ihn auch zeitlebens stark beeinträchtigen sollte, verhinderte den Aufstieg in die Kaufmannsgilde. Daraufhin förderte der Vater seinen Filius, in dem er dessen mathematische Fähigkeiten am Akademischen Gymnasium in Hamburg unterstützte. Dort konnte der junge Bode bereits mit 19 Jahren seine erste astronomische Abhandlung abliefern.
Nach vielen Jahren des Selbststudiums hatte er sich entschlossen, die Sonnenfinsternis vom 5. August 1766 genauestens zu analysieren. Für den noch überaus jungen Sternenforscher war die Herausgabe der Dokumente ein voller Erfolg, da ihm große Anerkennung zu Teil wurde. Gleichzeitig ebnete sie ihm auch den Weg für die zukünftige Laufbahn, die letztendlich in der Berufung zum Leiter des Berliner Observatoriums mit gerade einmal 39 Jahren gipfeln sollte. Bis dahin gelangen ihm noch einige außerordentliche Entdeckungen. So zum Beispiel in der Silvesternacht des Jahres 1774. Während anderswo gezecht und gefeiert wurde, nutze Bode die sternenklare Nacht, um sich dem Himmel in der Umgebung des Sternbildes Großer Bär zu widmen. Gleich zwei bis dahin nicht kartographierte Galaxien konnte er ausfindig machen und ihre genaue Lage beschreiben. Später wurden sie in die Nomenklatur des französischen Astronomen Charles Messier aufgenommen und zählen heute als M 81 („Bodes Galaxie“) und M 82 („Zigarrengalaxie“) zu den beliebtesten Objekten der nächtlichen Teleskop-Beobachter. Doch auch die theoretische und auf der Mathematik beruhende Astronomie hielt ihn immer im Bann. So konnte er gemeinsam mit seinem Kollegen Johann Daniel Titius eine empirische Formel entwickeln, die die Abstände der Planeten von der Sonne definierte.
Die später sogenannte Titius-Bode-Reihe ermöglichte die Voraussage weiterer Planeten des Sonnensystems. In Astronomischen Einheiten (AE) ausgedrückt, gibt es tatsächlich bei den jeweilig errechneten Abständen Planeten oder planetenähnliche Objekte: 0,4 AE-Merkur, 0,7 AE Venus, 1 AE Erde, 1,5 AE Mars, 2,25 AE Asteroidengürtel, 5 AE Jupiter und 10 AE Saturn. Für den Planeten Nummer 7 waren jetzt 20 AE vorausberechnet und tatsächlich gelang es dem genialen Beobachter Wilhelm Herschel, der inzwischen im englischen Bath tätig war und seine Spiegelteleskope selbst herstellte, in dieser vorausgesagten Entfernung einen Planeten zu entdecken, der später zu Ehren Johann Elert Bodes Uranus genannt wurde. Übrigens konnte 20 Jahre nach dem Tod von Bode am 23. September 1846 in der vorausgesagten Entfernung von 30 AE der Planet Neptun erstmals nachgewiesen werden. Sein Entdecker war der Berliner Astronom Johann Gottfried Galle.
Im Werdegang des Astronomen Johann Elert Bode ist die populärwissenschaftliche Astronomie unbedingt zu erwähnen. Seine Berliner Astronomischen Jahrbücher, erstmals 1874 herausgegeben, zählen ebenso wie die „Anleitung zur Kenntniß des gestirnten Himmels“ oder die „Allgemeinen Betrachtungen über das Weltgebäude“ zu den Standardwerken der jungen Astronomen des 19. Jahrhunderts. Doch ein Werk wurde besonders populär, stellt es doch neben der präzisen Kartographierung des Sternhimmels auch seinen künstlerischen Anspruch in besonderem Maße heraus: Es sind Bodes Sternkarten, die unter dem Titel „Uranographia“ 1801 herausgegeben wurden. Sie zählen noch heute zu den bekanntesten historischen Darstellungen der Gestirne. Für die wenigen verbliebenen Originale werden heute Unsummen geboten. Doch allein schon ein Faksimile legt die Schönheit der abgebildeten Konstellationen offen. Die einzelnen Sternbildkarten wurden von Johann Elert Bode selbst gestochen, später wurden sogar einzelne Blätter handkoloriert und zum Teil auch vergoldet. Wer sich einen Eindruck über die Erstausgabe machen möchte, dem sei dieser Link empfohlen.
Hochbetagt gab Bode ein Jahr vor seinem Tode am 23.November 1826 die Leitung der Berliner Sternwarte an Johann Franz Encke ab. Der später für seine Beobachtungen der Saturnringe bekanntgewordene Encke stammte übrigens wie Bode aus der Hansestadt Hamburg. Wie sein Vorgänger Johann Elert Bode leitet er die Berliner Sternwarte über einen Zeitraum von 38 Jahren.
Klaus Huch, Planetarium Halberstadt
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Samstag 01.01.2022
99. Wer entdeckte die Jupitermonde?
Bilder
EsWa, Galaxien 15, Digital, 44 x 56, 2021
Nun haben die Wintersternbilder die Zeit ihrer besten Sichtbarkeit, denn um Mitternacht kulminiert der hellste Nachtstern Sirius im Großen Hund in 25 Grad Höhe und erreicht somit die größtmögliche Höhe. Neben und über ihm sind dann die Nachbarsternbilder Kleiner Hund, Zwillinge, Fuhrmann, Stier und Orion mit ihren vielen strahlend hellen Objekten zu bewundern.
Die Planeten machen sich im ersten Monat des neuen Jahres etwas rar. Die inneren Planeten Merkur und Venus stehen für den Betrachter so nah an der Sonne, dass sie gewissermaßen mit der Sonne auf- bzw. untergehen. Da sie gegen den Glanz unseres Zentralgestirns nicht ankommen, bleiben sie für das menschliche Auge unsichtbar. Saturn erreicht nur noch einen sehr niedrigen Stand und wird gegen Monatsmitte ebenfalls unsichtbar. Mars ist dagegen in den Morgenstunden am südöstlichen Himmel zu erkennen.
Einzig Jupiter enttäuscht den Planetenfreund nicht, obwohl auch die Zeit des bequemen Aufsuchens langsam abnimmt. Wer ihn dennoch mit einem Feldstecher oder einem kleinen astronomischen Fernrohr auffinden kann, dem wird die wohl schönste aller Planetenbeobachtung zu Teil. Sicher sind der rötliche Mars, der Ringplanet Saturn oder die Phasengestalten der Venus interessante und nachhaltig wirkende Beobachtungsobjekte, doch niemand wird den Augenblick vergessen, wenn er zum ersten Mal die vier großen Jupitermonde Io, Europa, Ganymed und Kallisto aufgereiht wie an einer Perlenschnur erblickt.
Natürlich sind sie unter dem Namen Galileische Monde bekannt geworden. Am 7. Januar 1610 gelang dem großen italienischen Astronomen mit einem von ihm selbst konstruierten Fernrohr anscheinend die erste Beobachtung von vier Himmelskörpern, die sich eindeutig um den Jupiter bewegten. Nicht nur ein bemerkenswerter optischer Effekt, sondern auch eine bahnbrechende Entdeckung für die Astronomie. Das alte geozentrische Weltbild mit der Erde im Zentrum war erstmalig konkret widerlegt worden. 400 Jahre später trug die UNESCO mit der Propagierung des Internationalen Jahres der Astronomie 2009 entscheidend dazu bei, diesen magischen Augenblick der Forschung gebührend zu würdigen.
Nachdem im Dezember 2021 in Kosmos 98 noch die Monde des Saturns im Mittelpunkt der hiesigen Betrachtung standen, drängt sich im Monat ihrer Entdeckung vor nun 412 Jahren ein Blick auf die mittlerweile 80 Jupitermonde regelrecht auf.
Schon der innerste Mond mit dem Namen Io ist für die Vulkanologie des Sonnensystems ein wahrer Glücksfall gewesen. Der erste Schritt für die Enträtselung seiner Geheimnisse wagte am 9.März 1979 die NASA-Mitarbeiterin Linda Morabito-Kelly. Ihr war bei einer eingehenden Betrachtung verschiedenster Fotos der Raumsonde Voyager 1 aufgefallen, dass am Rande der Io-Scheibe immer wieder kleine Ausbuchtungen zu erkennen waren. Schließlich konfrontierte sie ihre ungläubig staunenden, zumeist männlichen Kollegen mit der kühnen Hypothese, dass auf Io - bedingt durch die Gezeitenwirkung des riesigen Jupiters - ein äußerst aktiver Vulkanismus vorhanden sei. Hohn und Spott waren zunächst die Antwort, sogar die Frage, ob sie womöglich auch den „Kleinen Prinzen“ von Antoine de Saint-Exupery gesichtet hätte, stand witzelnd im Raum. Doch dann traten immer mehr Fotos zu Tage, die keinen anderen Schluss zuließen: Der 3643 km große Io ist der vulkanisch aktivste Himmelskörper des Sonnensystems, denn mehr als 150 tätige Schwefelvulkane konnten nachgewiesen werden. Ihre hochgiftigen und bis zu 1500°C heißen Aschewolken steigen dabei pilzförmig bis zu 500 km in die Höhe.
Damit leitete der gelb-schwarze Jupitermond eine Wende in der astronomischen Forschung ein, denn Planeten waren nun nicht länger die einzigen Quellen des Vulkanismus. Neben Io konnten inzwischen auch auf dem Saturnmond Enceladus (siehe Kosmos 98) und dem Neptunmond Triton vulkanische Aktivitäten nachgewiesen werden. Auch die anderen drei großen jupiternahen Monde, die Galilei einst 1609 entdeckte, geizen nicht mit Superlativen.
Europa ist zum Beispiel fast vollständig mit Eis bedeckt. Die Rillen und Kratzer sehen dabei aus der Ferne so aus, als ob die Eismaschine in der Skating-Arena versagt hätte. Bei noch näherer Betrachtung kamen dann unter den Eismassen plötzlich bläuliche Farben zum Vorschein. Gibt es etwa unter der 100 km dicken Eisschicht einen gigantischen Ozean? Eines der großen Rätsel, die erst in ferner Zukunft gelöst werden können.
Ganymed, so benannt durch den Gunzenhausener Astronomen Simon Marius, ist mit 5262 km Durchmesser der größte Mond des Sonnensystems und besitzt ein ausgeprägtes Magnetfeld. Dabei ist er sogar etwas größer als der Planet Merkur.
Kallisto hingegen ist ein Jupiter-Trabant mit 4820 km Durchmesser. Der drittgrößte Mond des Sonnensystems zeichnet sich dadurch aus, dass die zahlreichen sehr hellen Einschläge von Meteoriten durch die ansonsten sehr dunkle Landschaft deutlich hervorgehoben werden.
Übrigens beansprucht die in Nürnberg ansässige Simon Marius Gesellschaft e.V. nicht ganz zu Unrecht den Status eines Mitentdeckers der vier großen Monde des Jupiters für den „fränkischen Galileo“, der mit bürgerlichen Namen Mayr hieß. In seinen Aufzeichnungen ist der 8. Januar 1610 als Sichtungsdatum verzeichnet und nicht wenige Experten mutmaßen heute, dass der italienische Astronom Galilei daraufhin seine Entdeckung eventuell einen Tag vordatierte. Doch über 400 Jahre später ist die Beweislage so dünn, dass der Streit darüber wohl nie beigelegt werden kann.
Eine weitere Anekdote zum Schluss: In einem Leserbrief an die Fachzeitschrift „Sterne und Weltraum“ freut sich eine mittlerweile 101jährige Leserin ganz besonders darüber, dass sie sich nun schon seit über 80 Jahren mit ihrem Teleskop am Anblick des Gasriesen Jupiter und dem Tanz seiner vier Galileischen Monde erfreuen kann. Zum vergleichenden Verständnis: Im Verlauf dieser mehr als acht Jahrzehnte andauernden begeisterten Beobachtung hat sich der äußerste Mond Kallisto rund 1800mal um den Jupiter bewegt, der innerste Mond Io sogar mehr als 16.500mal.
Klaus Huch, Planetarium Halberstadt
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Mittwoch 01.12.2021
98. Der Saturn – Ein Planet mit 82 Monden
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Für den Weihnachtsmonat ergibt sich am frühen Abend des 8.12. eine besonders interessante Planetenkonstellation. Bereits gegen 17.30 Uhr sollte man bei freiem Blick in Richtung Süden und Südwesten mit ein wenig Erfolg Venus (10° Höhe), Saturn (20° Höhe) und Jupiter (30° Höhe) in einer anmutigen Planeten-Kette bewundern können. Als Orientierungshilfe dient in der abendlichen Dämmerung die Sichel des zunehmenden Mondes, der auf 20° Höhe unterhalb der beiden Gasriesen steht. Das Auffinden der Abendplaneten wird sich bis zum Monatsende hin immer schwieriger gestalten. Dagegen kann der rote Planet Mars am frühen Morgen im Südosten im Dunst sichtbar werden.

Schon die Anzahl der Monde des Saturns übersteigt das Vorstellungsvermögen des Erdenbürgers, der ja mit dem Gedanken vertraut ist, dass die Erde von einem einzigen Mond namens Luna einmal in 29,53 Tagen umrundet wird. Mit insgesamt 82 Monden ist der Ringplanet tatsächlich der Himmelskörper mit den meisten Monden im Sonnensystem. Zwar folgt Jupiter mit 80 Monden knapp dahinter, doch durch die Auswertung der Daten der Raumsonde Cassini, die den Ringplanten von 2005 bis 2017 auf einer speziellen hochelliptischen Bahn insgesamt genau 294 Mal umlief, sind gerade in der letzten Zeit immer weitere Geheimnisse seiner zum Teil äußerst ungewöhnlichen Trabanten bekannt worden. Einige von ihnen haben die englischen Musiker James Clemence und Simon Huxtable dazu inspiriert, unter dem Pseudonym ASC & Inhmost eine Einspielung unter dem Titel „The Moons of Saturn“ zu veröffentlichen (siehe Musik).
Insgesamt haben sie sich mit sechs Saturnmonden näher befasst. Schaut man sich nun die besagten Cassini-Bilder dieser Monde im Internet an und hört gleichzeitig die Musik, so können dem Betrachter/Zuhörer diese sphärischen Klänge tatsächlich irgendwie in die Weiten unseres Planetensystems hinaustragen, denn immerhin sind diese Himmelskörper fast zehn Mal so weit von der Sonne entfernt wie die Erde und haben erst nach und nach ihre Geheimnisse preisgegeben.
Beginnen wir mit Titan, dem zweitgrößten Mond im gesamten Sonnensystem, der 1655 durch den Holländer Christian Huygens entdeckt wurde. Heute ist man sich durch die computerbasierte Aufarbeitung der Daten der Cassini-Sonde sicher, dass dieser Mond neben der Erde der einzige Himmelskörper ist, auf dem Flüssigkeiten durch Flusstäler fließen und sich in riesigen Seen sammeln. Bei einer mittleren Temperatur von minus 180 °C kann dies natürlich kein Wasser sein. Es ist Methan, das wir auf der Erde als gefährliches Treibhausgas fürchten. Bei diesen Temperaturen verflüssigt es sich und bedeckt so große Teile des Mondes. Der größte See Titans ist übrigens aufgrund seiner Ähnlichkeit mit einem der Great Lakes Lacus Ontario genannt worden. Da Titan mit 5150 km Durchmesser etwas größer als der Planet Merkur ist, sind diese gewaltigen Ausdehnungen auch nachvollziehbar. Noch ein weiterer Umstand macht Titan so wichtig für die Wissenschaft: Mit seiner stickstoffhaltigen und viele Hundert Kilometer dicken Atmosphäre ähnelt er der frühzeitlichen Erde, nur eben tiefgefroren. Viele der Erkenntnis basieren auf den Daten der Tochtersonde Huygens. Die Muttersonde Cassini setzte sie im Januar 2005 bei einem nahen Vorbeiflug ab. Von Fallschirmen gebremst, sendete sie bis zu ihrem Aufsetzen sogar Bilder von Titan.
Rhea ist der zweitgrößte Mond des Systems und zeichnet sich durch eine zweigeteilte Oberfläche aus. Während die eine Hemisphäre durch viele Einschlagskrater geprägt ist, fallen auf der anderen viele helle Streifen auf dunklem Untergrund auf.
Pan hingegen wird schon durch seinen zusätzlichen Namen „Shepard Moon“ näher charakterisiert. Man konnte feststellen, dass er durch seine Gravitationskraft die Ringstrukturen ähnlich einem Hütehund zusammenhält. Seine Position innerhalb der sogenannten Encke-Ringteilung prädestiniert ihn für diese Aufgabe.
Thetys hingegen reflektiert mehr als 80% des eingestrahlten Sonnenlichts und weist eine Vielzahl von Rissen in der Oberfläche auf, die wiederum Hinweis auf eine starke geologische Aktivität in der Vergangenheit sind.
Die Geheimnisse von Fenrir sind nur sehr schwer zu entschlüsselt. Man konnte lediglich feststellen, dass er mit nur 4 km Durchmesser zu den kleinsten Monden überhaupt gehört.
Kommen wir abschließend zu dem Mond, der die Astronomen erst im Nachgang durch eine bisher nie gekannte Besonderheit fasziniert hat: Es ist Enceladus und sein Kryovulkanismus.
Entdeckt wurde diese „kalte“ vulkanische Aktivität bei einem extrem nahen Vorbeiflug an dem nur 505 km großem Mond. Am Südpol stiegen unverhofft Gasfontänen aus aktiven Geysiren auf. Diese werden durch die Gezeitenreibung angefeuert und es muss flüssiges Wasser sein, was diese Kräfte nach außen leitet. Dort tritt vor allem Methan zu Tage, das nach einer neuen Veröffentlichung einer französischen Forschergruppe um Antonin Affholder von der Universite Paris Sciences et Lettres möglicherweise von Hydrothermalquellen stammen könnte. In einem bis zu 50 km dicken Ozean, der sich zwischen dem porösen Kern und der eisigen Kruste befindet, könnte es durchaus „Black Smoker“ geben, die von Mikroorganismen bevölkert werden. Diese wiederum ernähren sich von Kohlenstoff und Wasserstoff. Bei diesem sauerstofffreien Stoffwechsel wird Methan produziert, welches die Sensoren von Cassini während des Vorbeifluges eindeutig nachwiesen. Damit wird der kleine Saturnmond Enceladus zur neuen Nummer 1 bei der zukünftigen Suche nach außerirdischem Leben im Sonnensystem.
Die Raumsonde Cassini – benannt nach einem französischen Astronomen italienischer Herkunft (1625-1712) – verglühte am 15.September 2017 beim sogenannten „Grand Final“. Da der Raketenbrennstoff Hydrazin nach insgesamt 20 Jahren der Mission fast vollständig verbraucht war, wurden die letzten Reserven dazu genutzt, das Raumfahrzeug in die Atmosphäre des Saturn zu steuern, um sie dort gezielt eintauchen zu lassen. Das Unterfangen gelang großartig, denn konstant und zuverlässig bis zur allerletzten Sekunde funkte der Methusalem unter den Forschungssonden auswertbare Daten, die letztendlich zum besseren Verständnis der Zusammensetzung der Saturnatmosphäre beitrugen. Nicht nur ein großes Finale, sondern auch ein großer Erfolg für Raumfahrt fernab unseres Heimatplaneten.
Klaus Huch, Planetarium Halberstadt
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Montag 01.11.2021
97. Das bedeutendste Frühwerk der Astronomiegeschichte
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Nach dem Ende der Sommerzeit können Beobachter bereits gegen 18 Uhr ihren Blick zum gestirnten Himmel richten. Mit viel Glück kann man die Venus tief über dem Südwesthorizont sehen, obwohl es zu diesem Zeitpunkt noch nicht völlig dunkel ist. Die überaus große Helligkeit macht sie zum dekorativen Abendstern. Aufgrund seiner Position gegenüber der Sonne wird uns der Gasriese Jupiter auch noch im November als hellstes nächtliches Objekt nach dem Mond über Stunden begleiten. Allerdings verlagert er seine Untergangszeit bis zum Monatsende auf 22:30 Uhr. Der Begleiter der Erde, der ja auch die Bezeichnung Luna trägt, wird am Abend des 11.11. direkt unter Jupiter stehen. Schon einen Tag zuvor ist eine ähnliche Konstellation mit Saturn zu bewundern.
Das Herbstviereck ist nun die größte geometrische Figur, die recht leicht am südlichen Himmel zu erkennen ist, während in östlicher Blickrichtung im Laufe des Abends nach und nach die ersten Wintersternbilder an Höhe gewinnen.
Insgesamt 88 Sternbilder sind seit 1922 von der Internationalen Astronomischen Union (IAU) verbindlich festgelegt worden. Am Sternhimmel sind sie auf der nördlichen und südlichen Hemisphäre nahezu gleichmäßig verteilt. Historisch gesehen sind dabei die in unseren Breitengraden sichtbaren Konstellationen die älteren, denn die meisten der Sternbilder des Südhimmels gehen auf die Bezeichnungen von Seefahrern und Forschern zurück, die vor fast genau 500 Jahren erstmals in südliche Breiten aufbrachen und während der oft Monate und Jahre dauernden Fahrt die neuen Konstellationen in ihre Karten eintrugen und so für ihre spätere Verbreitung sorgten.
Doch der Reihe nach: Schon vor 2000 Jahren waren vielfältige Erkenntnisse der Himmelskunde erstmals in einem epochalen Werk veröffentlicht worden. Claudius Ptolemäus, der Vorstand der berühmten alexandrinischen Bibliothek, fasst das gesamte Wissen seiner Zeit über die Gestirne im sogenannten „Almagest“ zusammen. Zwar ist dieses Werk nicht im Original erhalten, doch die verschiedenen Abschriften, heute von allerhöchstem Wert, zeugen von der gewaltigen Arbeit des genialen Wissenschaftlers.
In einem Teil der Almagest beschäftigt sich Ptolemäus auch mit den damals bekannten Sternbildern. Doch erst ein arabischer Astronom, den wir heute unter dem Namen Al Sufi (903-986) kennen, verknüpfte dessen Informationen mit den Überlieferungen alter arabischer und persischer Quellen. So entstand ein erster Sternatlas, der wiederum auch in den verschiedensten europäischen Archiven als Abschrift erhalten geblieben ist. Al Sufis große Leistung bestand darin, dass er erstmals die Sterne der einzelnen Konstellationen genau bezeichnete und darüber hinaus die Sternorte am Himmel genau festlegte. So ist es kaum verwunderlich, dass ein Großteil der noch heute benutzten Sternnamen eindeutig arabischer Natur ist. Oder man formuliert es so: Ohne Al Sufi würden viele Sterne ganz andere, vermutlich eher europäische Namen tragen.
Allerdings muss man feststellen, dass auch in den Jahrhunderten nach Al Sufi Kenntnisse über die Sterne und Sternbilder ein sehr spezielles Wissen darstellten. Eigentlich existierte es nur in den Schreibstuben der lateinisch sprechenden Gelehrten, denn dem normalen Volk waren nur Geschichten und Überlieferungen über den Himmel bekannt. Bestes Beispiel hierfür ist die Bezeichnung „Großer Wagen“, welche noch heute in unseren Breiten das Sternbild Großer Bär umschreibt.
Die ganze Situation sollte sich erst durch einen Zufall ändern. Wir schreiben das Jahr 1482. Noch sollten zehn Jahre vergehen, eher der genuesische Seefahrer Cristobal Colombo, den wir heute als Columbus kennen, im Auftrag der spanischen Krone in unbekannte Gefilde vordringen wird. Der von ihm entdeckte Kontinent sollte später nach dem florentinischen Kaufmann Amerigo Vespucci America genannt werden. In Venedig hat sich zu dieser Zeit der deutsche Buchdrucker Erhard Ratdolt (1547-1527) niedergelassen. Die Verbreitung von gedruckten Texten ist in der damals blühenden Handelsmetropole äußerst lukrativ. Daher kann sich der in Augsburg geborene und inzwischen hochangesehene Bajuware auch an einen ganz speziellen Auftrag heranwagen. In einer venezianischen Bibliothek war die Handschrift „De Astronomia“ eines gewissen Gaius Julius Hyginus aufgetaucht. Ratdolt stellt für den Text Holzschnitte vor allem der 12 Sternbilder des Tierkreises her, die später aufwendig handkoloriert werden. Nach einer mehrmonatigen Fleißarbeit entsteht das „Poeticon Astronomicon“, welches heute als das bedeutendste Frühwerk der Astronomiegeschichte gilt. Schon kurz nach dem Erscheinen wird das nun kurz „Poeticon“ genannte Druckwerk zum ersten astronomischen Bestseller in Europa - der immensen Nachfrage kann kaum nachgekommen werden. Ratdolts Inkunabel markiert den Beginn der Popularisierung astronomischen Wissens, denn es sind nicht mehr einzelne und zudem sehr seltene Handschriften, die nur wenigen Gelehrten bekannt sind, sondern erstmals steht der astronomisch interessierten Leserschaft ein frei zugängliches Druckwerk zur Verfügung.
Als Erhard Ratdolt 1486 seine venezianische Offizin (Druckerei) verlässt und in seine Heimatstadt Augsburg zurückkehrt, gilt er längst als der innovativste und zugleich kreativste Drucker seiner Zeit und genießt ein überaus hohes Ansehen.
Just in diesem Jahr hat der Albireo-Verlag in Köln das „Poeticon Astronomicon“ in einer aufwendigen Reproduktion herausgegeben. Nun kann man mehr als fünfhundert Jahre nach der Erstveröffentlichung selbst höchst anschaulich nachvollziehen, warum dieses Werk schon damals den Händlern meistbietend aus den Händen gerissen wurde.
Klaus Huch, Planetarium Halberstadt
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Freitag 01.10.2021
96. Voyager 1 und das Summen zwischen den Sternen
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EsWa, Galaxien 10, Digital, 340 x 420, 2021
Vor mehr als 52 Jahren betrat der Mensch erstmals einen anderen Himmelskörper. Der Ausflug zum Mond ist bis heute das einzige bemannte Raumflugunternehmen dieser Art. Nun gibt es ein halbes Jahrhundert später wieder Pläne, den Mond oder gar den Mars zu erkunden. Inzwischen sind es sogar die kommerziellen Raumfahrt-Unternehmen, die dieses Unterfangen ambitioniert vorantreiben. Allerdings scheinen die Herren Musk, Bezos und Branson mit ihren Space-Firmen erst einmal Geld eintreiben zu müssen, denn der für superreiche Milliardäre betriebene Weltraumtourismus wird bizarrer: Immer höher, weiter und länger muss es gehen. Dabei beträgt der CO2-Ausstoß pro Vergnügungsstart bis zu 380 Tonnen, was ungefähr 400 Transatlantikflügen von Zürich nach New York entspricht. Für die Befriedigung des Egos einiger Superreicher, die ihren kindlichen Träumen hinterher fliegen, ein unverhältnismäßig hoher Preis.
Die Missionen der unbemannten Raumfahrt sind hingegen oft weniger spektakulär. Allerdings kommen sie auch mit ihren einmaligen Starts in ihrer CO2-Bilanz wesentlich besser weg.
Erst wenn bestimmte Bahnparameter des Langzeitfluges erfolgt sind, beginnt die öffentlichkeitswirksame Vorstellung ihrer wissenschaftlichen Ziele und ersten Resultate. Die europäische Raumfahrt-Mission GAIA (siehe Kosmos 93) ist dabei beispielgebend und ihre wissenschaftlichen Daten und Erkenntnisse werden die an diesem Projekt beteiligten Astronomen noch über mehr als ein Jahrzehnt beschäftigen.
Seit ihrem Start am 10.Februar 2020 hat die europäisch-amerikanische Sonnensonde Solar Orbiter schon mehr 13 Milliarden km zurückgelegt. Bereits während ihrer ersten Annäherung an unser Zentralgestirn gelangen unfassbar detaillierte Aufnahmen. Die dabei entdeckten „Campfires“ sind kleine Mini-Explosionen, die scheinbar für die extreme Aufheizung der Sonnen-Korona auf mehrere Millionen Kelvin verantwortlich sind. Die für Sonnenverhältnisse „kleinen Lagerfeuer“ sind halb so groß wie unsere Erde.
Wer sich über den weiteren Verlauf dieser aktuellen Mission genauer informieren möchte, dem sei der Vortrag von Dr. Alexander Warmuth im Rahmen der Babelsberger Sternennächte ans Herz gelegt: (Siehe).
Sie gelten als das erfolgreichste Duo der Weltraumfahrt, sind inzwischen in den unendlichen Weiten des Kosmos schon mehr als 44 Jahre unterwegs und beginnen sich nun Stück für Stück aus unserem Sonnensystem zu verabschieden: Gemeint sind die Zwillingssonden Voyager 1 und 2, die im Spätsommer 1977 von ihrem Heimatplaneten aus in die ferne Welt der Gasplaneten gestartet sind.
Als erste aktive Sonde hat Voyager 1 vor kurzem den Einflussbereich des Sonnenwindes verlassen und ist in den interstellaren Raum vorgedrungen. Dort hat sie sich gewissermaßen umgehört und ist dabei dem Sound des Kosmos auf die Spur gekommen. Die Messungen überprüften die Plasmadichte auf eventuelle Turbulenzen. Das andauernde Grundrauschen sei zwar sehr schwach und monoton, doch Fakt ist, dass der Weltraum konstant und monoton zu brummen scheint. Der kosmische Lauschangriff der NASA-Sonde Voyager 1 zeigt gleichzeitig, dass es sinnvoll war, die Sonde nicht abzuschalten, auch wenn sie inzwischen 154 mal weiter von der Sonne entfernt ist als unsere Erde. Mit 61.000 Stundenkilometern jagt sie in die kosmischen Fernen hinaus und hat seit ihrem Start am 5.September 1977 vom Lauch Complex 41 auf Cape Canaveral 23 Milliarden Kilometer zurückgelegt – so weit hat sich bisher kein von Menschenhand geschaffenes Objekt von der Erde entfernt.
Auf ihrem Weg ohne Endziel horcht die Sonde ins All hinein, dort wo von unserer Sonne ausgesandte Materie auf galaktische Teilchen und Felder trifft. Das nach 44 Jahren noch immer aktive Plasma Wave System macht es möglich. Eine Gruppe um Stella Ocker von der Cornell University in Ithaca, New York, entdeckte die Wellen des interstellaren Plasmas, indem sie die regelmäßigen Schwankungen untersuchten, die Voyager während des Flugs im elektrischen Feld aufgezeichnet hat. Die Wellen bestehen aus den Verschiebungen zwischen den positiv geladenen Ionen und den negativ geladenen Elektronen des Plasmas. Bis 2025 die Stromversorgung versiegt, sollten die Messungen fortgeführt werden. Wer wissen möchte, wo sich die Voyager-Sonden mittlerweile befinden, kann sie mit Hilfe einer 3-D-Animation der NASA in Echtzeit verfolgen (Siehe).
Abschließend soll ein Vergleich helfen, die Laufzeiten der Daten zu verinnerlichen: Die einst vom Mond gesendeten Kommandos der Astronauten brauchten aufgrund der geringen Entfernung von rund 384 000 km nur knapp 1,3 Sekunden für ihren Weg zur Erde. Auf die Lebenszeichen von Voyager 1 wartet man mittlerweile 21 Stunden und 25 Minuten. Und noch ein Beispiel für die ungeheuren Distanzen und Geschwindigkeiten: In der geschätzten Lesezeit des Artikels von rund fünf Minuten hat sich die Sonde um weitere 5000 km von uns entfernt.
Klaus Huch, Planetarium Halberstadt
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Mittwoch 01.09.2021
95. Auf Zwergenniveau herabgestuft
Bilder
EsWa, Galaxien 9, Digital, 300 x 400, 2021
Ein wichtiges Datum prägt den Monat September: Es ist die zweite Tagundnachtgleiche des Jahres, welche am 22. September den Herbst einläutet. Nur an diesem Tag sind die Tages-und Nachtlänge mit 12 Stunden gleich. Für viele Menschen der endgültige Abschied vom Sommer, doch für die Astronomen ist es der Auftakt für immer länger werdende Nächte großartiger Himmelsbetrachtungen.
Nun drängen auch wieder die Herbststernbilder mit dem auffälligen Herbstviereck (Algenib, Scheat, Markab und Sirrah) in den Mittelpunkt. Die beiden inneren Planeten Merkur und Venus gehen bereits kurz nach der Sonne unter und sind so nur sehr schwer auffindbar. Dafür beherrschen die Gasriesen Jupiter und Saturn den nächtlichen Himmelsanblick, beide sind mühelos schon vor Mitternacht in südlicher Richtung im Sternbild Schütze zu finden.
Man schrieb den 24.August 2006 und die Jahrestagung der Internationalen Astronomischen Union (IAU) in Prag war eigentlich so gut wie zu Ende. Einige Teilnehmer hatten sich schon auf ihren Weg zum Flughafen gemacht. Da kam plötzlich noch ein Eilantrag auf die Tagesordnung, der es in sich hatte: Konnte der 1930 von dem Amerikaner Clyde Tombaugh entdeckte Pluto aufgrund seiner enormen Entfernung zur Sonne, seiner „schiefen“ Bahn zur Ekliptik und seiner geringen Größe überhaupt noch ein Planet sein?
Die Mehrheit der noch anwesenden Stimmberechtigten gab ein eindeutiges Votum und von nun an wurde Pluto als der größte Himmelskörper der neuen Kategorie der Zwergplaneten ausgewiesen.
Natürlich war der Ärger vorprogrammiert. Vor allem die amerikanischen NASA-Wissenschaftler, die ein halbes Jahr zuvor mit der Raumsonde „New Horizons“ eine Planetensonde auf ihre knapp 10jährige Erkundungsmission zum fernsten aller Planeten geschickt hatten, waren vollends enttäuscht. Ihre Mission war gewissermaßen auf Zwergenniveau herabgestuft wurden. Erst ein Jahrzehnt später ließen die hochauflösenden Aufnahmen von Pluto und seinem großem Charon den Ärger verfliegen und die Mission gilt seitdem als größter Erfolg bei der Erforschung des fernen Sonnensystems jenseits des Neptuns.
Wenige Jahre später konnten bereits vier weitere Himmelskörper den Zwergplaneten zugeordnet werden, wobei nach seiner Entdeckung der Zwergplanet Eris dem guten alten Pluto fast noch den Rang abgelaufen hätte. Doch eine genauere zweite Messung ergab dann, dass Eris mit 2326 km Durchmesser doch knapp 50 km kleiner ist als Pluto. Als Kriterium für die Aufnahme in den Kreis der „Dwarf Planets“, wie die englischsprachigen Astronomen die Gruppe nennen, ist ein Durchmesser von 1000 km angesetzt.
Allerdings gibt es auch da eine kleine Ausnahme, denn Ceres kann nur 973 km Durchmesser aufweisen. Die Entdeckung von Ceres geht auf den italienischen Astronomen Giuseppe Piazzi zurück. Am 1. Januar 1801 spürte er den eisigen Körper in dem bis dahin leeren Raum zwischen Mars und Jupiter auf und wurde euphorisch als Entdecker eines neuen Planeten gefeiert. Doch der deutsche Astronom Heinrich Wilhelm Olbers aus Bremen konnte schon ein Jahr später durch das Auffinden von Pallas beweisen, dass mit den Asteroiden eine ganz neue Gruppe von Himmelskörpern entdeckt war. Genau dieser Gruppe von Himmelskörpern, die einst die Ceres gewissermaßen begründete, gehört sie nun aber nicht mehr an.
So gestalteten die Astronomen also in den vergangen Jahrzehnten die Nomenklatur der Himmelskörper grundlegend neu: Neben den bekannten acht Planeten, die sich praktischerweise in jeweils vier Gesteinsplaneten (Merkur, Venus, Erde, Mars) und vier Gasplaneten (Jupiter, Saturn, Uranus, Neptun) unterscheiden lassen, gibt es im Sonnensystem über 200 Monde. Die Gruppe der Asteroiden wächst und wächst und auch die Zahl der Meteoroide steigt durch die immer besseren Beobachtungsmethoden der nächtlichen Himmelsforscher.
Für die größten Überraschungen sind allerdings die Kometen verantwortlich, denn ihre oft über Jahrhunderte oder gar Jahrtausende dauernde Reise durch unser Sonnensystem wird eigentlich nur dann so recht interessant, wenn einer dieser kosmischen Vagabunden in Sonnennähe eine Koma und einen Schweif entwickelt. Der bekannteste Komet wurde – wie es später auch zur Tradition wurde – nach seinem Entdecker Edmund Halley benannt. In der heutigen Zeit sind es oft himmelsüberwachende Satelliten, die den ersten Blick auf die Schweifsterne erhaschen. So konnte man zum Beispiel den von der gleichnamigen Raumsonde erstmals erfassten Kometen NEOWISE im Sommer 2020 sogar mit bloßem Auge bewundern. Für das Jahr 2031 sind die Erwartungen schon jetzt recht groß, denn ein kürzlich entdeckter, 160 km große Kometen-Mutterkörper entwickelt schon jetzt erste Anzeichen von Aktivität. Benannt wurde das Objekt nach seinen beiden Entdeckern: Bernardinelli-Bernstein. Wird er zum neuen Jahrhundert-Komet werden ?
Abschließend seien dann noch die Himmelskörper genannt, die unserem Sonnensystem nur einen kurzen Besuch abstatten und somit keine geschlossene Bahn um unser Zentralgestirn aufweisen. Es ist die neue Gruppe der interstellaren Himmelskörper, die mit der Entdeckung von 1 I / Oumuamua im Jahre 2017 erstmals nachgewiesen werden konnte (siehe Kosmos 53). Die Identifizierung des zweiten Objekts dieser Gruppe gelang erst kürzlich mit 2 I / Borisov. Dabei steht das I für Interstellar. In diesem speziellen Fällen verabschieden sich also zum ersten Mal zwei neu entdeckte Körper gleich wieder aus unserem Sonnensystem. Werden weitere Besucher folgen?
Klaus Huch, Planetarium Halberstadt
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