Die Wintersternbilder verabschieden sich im Monat Mai. Da es nun täglich später dunkel wird, verschwinden ihre Sterne mehr und mehr in der Dämmerung. Nur noch der obere Teil des Wintersechsecks bleibt dann in der einsetzenden Dunkelheit sichtbar, wobei hier mit Kastor und Pollux die beiden Hauptsterne der Zwillinge und die noch hellere Kapella aus dem Sternbild Fuhrmann am deutlichsten zu erkennen sind.
Eine sehr schöne Beobachtungsmöglichkeit in südlicher Richtung ergibt sich am 19. Mai gegen 21 Uhr, wenn Regulus - der Hauptstern in der Konstellation Löwe - eine sehr enge Begegnung mit dem zunehmenden Halbmond hat.
Mit etwas Glück und freier Sicht nach Südwesten kann man noch Mars in den Zwillingen sehen, bevor auch er dem Untergang entgegenstrebt. Auch der scheue Planet Merkur zeigt sich im Nordwesten für gut eine halbe Stunde nach dem Sonnenuntergang. Die Abendsichtbarkeit der Venus beginnt im Mai, allerdings kann man erst Ende des Monats in westlicher Richtung einen Blick auf den Abendstern erhaschen. Die Planetenriesen Jupiter und Saturn werden zu Planeten der zweiten Nachthälfte.
Innerhalb der in Kosmos 90 beschriebenen habitablen Zone liegt keiner der genannten Planeten. Lediglich der Mars bewegt sich knapp außerhalb dieses Bereichs des möglichen Lebens. Mit 225 Mill. Kilometer Entfernung ist er rund eineinhalb Mal weiter entfernt von der Sonne als die Erde und umläuft in 687 Tagen unseren Zentralstern.
Wie hoch sind nun eigentlich die Chancen für das Auffinden von Leben auf dem Wüstenplaneten? Man muss sagen, dass die Chancen hierfür relativ gering sind, denn das Wasser des Planeten, welches einstmals in recht großen Mengen durch die heute ausgetrockneten Flussbetten geströmt sein muss, hat sich im Permafrostboden in rund einem Meter Tiefe festgesetzt. Sicherlich sind damit die Möglichkeiten für das Aufspüren fossiler Lebensformen gegeben, doch ob es überhaupt jemals selbst nur einfache Bioformen gegeben hat, ist höchst ungewiss. Daher ist es eine der vordringlichsten Aufgaben des am 18. Februar in der Region Syrtis Major gelandeten NASA-Rovers „Perseverance“ danach Ausschau zu halten. Die Forscher im Jet Propulsion Laboratory in Pasadena träumen sogar davon, die durch den Robotergreifarm gewonnenen Bodenproben nicht nur vor Ort in der Laboreinheit der automatischen Station zu untersuchen. Eines fernen Tages in den 30er Jahren unseres Jahrhunderts sollen die insgesamt 36 kleinen Probenkolben mittels einer kleinen Rakete zunächst in die Umlaufbahn des Mars katapultiert werden. Dann soll ein noch zu konstruierendes Transportraumschiff die wertvolle Fracht übernehmen und sicher zur Erde bringen. Dieses ambitionierte europäisch-amerikanische „Sample Return Programm“ wird schon jetzt mit mehreren Milliarden Dollar veranschlagt.
Hinterfragt man nun die hochgesteckten Ziele hinsichtlich eines persönlichen Besuches des Wüstenplaneten durch „Marsionauten“ oder die Vision einer zukünftigen Besiedlung, so ist festzustellen, dass unsere menschliche Spezies hier in der Fantasie der Wirklichkeit um Längen voraus ist. Was gibt es da nicht für farbenprächtige SciFi-Filmchen, die mit großem Aufwand in Hollywood produziert wurden und dem verwunderten Betrachter vorgaukeln, wie einfach doch dieser Sprung zum Nachbarplaneten sei. In Wahrheit existiert noch nicht einmal ein entsprechendes Raumschiff, dass die knapp zweijährige Mission mit ca. 10 Expeditionsteilnehmern zu unserem kleinen Planetenbruder durchführen könnte. Außerdem wurde bisher nur der Hinflug von der schnelleren Erde zum langsameren Mars und die äußerst anspruchsvolle Landung durch unbemannte Raumsonden realisiert.
Der Rückflug ist dagegen noch komplizierter, denn für die Impulsbeschleunigung des Erdtransfers ist ein Geschwindigkeitszuwachs von fast 10 Kilometern pro Sekunde notwendig. 90 mal schneller als eine Gewehrkugel würde sich dann das Raumschiff mit rund 40.000 Stundenkilometern der Erde nähern. Dabei ist noch zu beachten, dass sich genau im diesem Moment des Kontakts mit der Atmosphäre, die Erde selbst mit knapp 30 Kilometern pro Sekunde um die Sonne bewegt. Letztendlich gibt es für den Austritt aus der Marsumlaufbahn ebenso wie für den Eintritt in die Erdumlaufbahn nur einen einzigen Versuch: Ein höchst gefährliches Unternehmen für die Raumfahrer der Zukunft.
Bei der Suche nach Leben auf anderen Himmelskörpern unseres Sonnensystems ist eher Ernüchterung eingetreten. Steht der sonnennahe Merkur unter ständigem Beschuss mit tödlicher Strahlung, so ist es bei der Venus der gigantische Treibhauseffekt, der Leben praktisch unmöglich macht. Die recht warmen Temperaturen auf Io, dem innersten der vier gallileischen Jupitermonde, werden durch hochgiftige Schwefelvulkane produziert. Dies ist ebenso lebensfeindlich wie die -180°C kalte Methanatmosphäre des größten Saturnmondes Titan. Lediglich unter einer kilometerdicken Eisdecke des Jupitermondes Europa wird ein riesiger Ozean vermutet, der vielleicht einfache Lebensformen beherbergen könnte.
Die Hoffnung, Leben auf nahen Himmelskörpern zu finden, ist also mehr als gering. Ein weiterer Grund dafür, dass die Menschheit einsehen muss, dass ihr nur die Erde als Lebensraum gegeben ist. Doch leider gibt es auch für den Erhalt des Lebens auf unserem blauen Planeten nur einen Versuch.
Klaus Huch, Planetarium Halberstadt