Mit Beginn des zweiten Monats des Jahres ziehen sich die Planeten mehr und mehr vom nächtlichen Sternhimmel zurück. Während der morgendlichen Dämmerung steigen Saturn, Jupiter, Merkur und Venus fast gemeinsam mit der Sonne über den östlichen Horizont und sind dadurch mit dem Auge kaum zu erfassen. Einzig Mars erfreut uns an der Grenze der Sternbilder Widder und Stier mit seinem rötlichen Schein. Da er zur Zeit sehr hoch auf der Ekliptik steht, ist er problemlos auffindbar. Im Februar werden die Wintersternbilder das Firmament mit ihrem Glanz beherrschen. Verbindet man eine gedachte Linie über die Hauptsterne Sirius (Großer Hund), Prokyon (Kleiner Hund), Kastor (Zwillinge), Kapella (Fuhrmann), Aldebaran (Stier) und Rigel (Orion), so erhält man eine geometrische Form, die als Wintersechseck bezeichnet wird.
Ihrer Definition nach sind sie Asteroiden, denn sie bewegen sich auf Kepler-Ellipsen um die Sonnen, ihnen wurden exotische Namen wie Varda, Ixion, Dysnomia und Deucallion gegeben und sie haben den englischen Musiker James Clements so stark beeinflusst, dass er unter seinem Künstlernamen ASC gleich zwei Alben unter dem Titel „Transneptunian Objects“ veröffentlichte. Gemeint sind die Transneptunischen Objekte, kurz auch TNO`s genannt.
Natürlich geht von ihnen auch eine enorme Faszination aus, sind sie doch die fernsten und zugleich kältesten Himmelskörper unseres Sonnensystems. Dabei findet sich in dieser Liste auch ein seit 1930 bekannter Himmelskörper wieder, der immerhin mehr als 75 Jahre als neunter Planet der Sonne galt. Es ist Pluto, der 1930 von dem Amerikaner Clyde Tombaugh entdeckt wurde. In seiner Zeit als Planet war er mit seinem Durchmesser von 2380 km und einer mittleren Entfernung von 39 AE mit Abstand der kleinste und am weitesten von der Sonne entfernte Planet des Sonnensystems. (Eine Astronomische Einheit ist dabei die Entfernung der Erde von der Sonne und ist mit rund 150 Mill.km vermessen.)
Nun ist er die Nummer 1 der Transneptunischen Objekte und trägt zusätzlich noch den Namen Zwergplanet. Mit Eris, Makemake und Haumea können sich gerade einmal drei weitere TNO's dieses zusätzlichen Titels „Dwarf Planet“ erfreuen, da sie das entscheidende Kriterium hierfür erfüllen. Ihr Durchmesser muss mindestens 1000 km betragen. Lange Zeit war es sogar so, dass die von einem Team amerikanischen Astronomen im Jahre 2005 entdeckte Eris, benannt nach der griechischen Göttin der Zwietracht und des Streits, auch für gehörige Dissonanzen unter den Wissenschaftlern sorgte. Eris sollte mit 2600 km Durchmesser sogar größer als Pluto sein. Da sich aber die Entfernung des neuentdeckten Himmelskörpers zwischen 38 und 97 AE bewegt, waren die ersten Messungen zur Größenbestimmung noch sehr ungenau. Heute gilt es als sicher, dass Eris tatsächlich nur ganze 50 km kleiner ist als Pluto und sich somit als Nummer 2 der fernen Zwergplaneten einordnen lässt.
Erstaunlich ist auch, dass alle vier Zwergplaneten teilweise winzige Monde besitzen. Von daher würden sie sogar ein Kriterium der Definition eines normalen Planeten erfüllen, doch sind die Monde meist so klein, dass sie auf hochauflösenden Aufnahmen ihrer Mutterkörper eher zufällig entdeckt wurden.
Fast unvorstellbar sind bei den TNO'S? zwei weitere Parameter. Während ihres Vorbeifluges an Pluto im Jahr 2015 konnte die amerikanische Tiefraumsonde New Horizons erstmals eine genaue Oberflächentemperatur messen. Mit -242°C ist es die tiefste jemals gemessene Temperatur. Da die meisten anderen Transneptunischen Objekte zum Teil sogar noch weiter von der Sonne entfernt sind, werden dort aller Voraussicht nach die Temperaturen unter -250°C liegen und sich somit eventuell sogar dem absoluten Nullpunkt von -273°C nähern. Auch die Umläufe um die Sonne dauern halbe Ewigkeiten. Ist die Jahreslänge bei Pluto mit fast 248 Jahren noch halbwegs überschaubar, so beträgt sie bei Eris schon 560 Jahre. Bei Sedna, der mit 995 km äußerst knapp unter der Zwergplanetengrenze liegt, dauert der komplette Sonnenumlauf mehr als 10.000 Jahre. Das bisher namenlose TN-Objekt 2014 FE 72 entfernt sich in seinem Aphel (sonnenfernster Punkt der Ellipse) auf mehr als 3800 AE und gilt damit als das entfernteste bekannte Objekt unseres Sonnensystems.
Es könnte damit fast 100.000 Jahre für einen Sonnenumlauf benötigen. Dies sind Werte, die uns zeigen, dass unsere irdischen Maßstäbe von Zeit schon innerhalb unseres Sonnensystems ad absurdum geführt werden. Das Transneptunischen Objekt 229762 mit dem fast unaussprechlichem G?kún?’hòmdímà erlaubt sogar einen zeitlich nachvollziehbaren Vergleich. Er braucht für den Umlauf um unser Zentralgestirn fast genauso lange wie das längste Musikstück der Welt. Es ist die 639 Jahre andauernde Komposition „As slow as possible“, einem Teil des John Cage Organ Project in der Halberstädter Burchardikirche.
Klaus Huch, Planetarium Halberstadt