Der Höhepunkt des Monats August wird die Möglichkeit der Beobachtung von bis zu 100 Sternschnuppen pro Stunde sein. Sie stammen vom bekannten Meteoritenstrom der Geminiden, welcher aus dem Sternbild Zwillinge (lateinisch Gemini) zu kommen scheint. Verfolgt man die Leuchtspur dieser im englischsprachigen Raum auch „Shooting Star“ genannten Leuchterscheinungen auf ihren Ursprung (Radiant) zurück, so scheinen sie aus der Nähe der beiden Hauptsterne Kastor und Pollux zu kommen. Im Mittelalter wurden sie auch Laurentiustränen genannt. Dies ist ein Bezug auf das Martyrium des heiligen Laurentius am 10. August des Jahres 258. An diesem Tag sollen extrem viele Sternschnuppen gefallen sein, die als Schmerzenstränen des Gemarterten gedeutet wurden. In diesem Jahr stört kein Mond, sodass man sich bei guter Sicht am 13. August vor allem in den frühen Abendstunden durchaus auf ein himmlisches Spektakel freuen kann.
Als einziger Planet ist Saturn die ganze Nacht zu sehen, der am 27.August seine beste Beobachtungsmöglichkeit erreicht, da er dann genau gegenüber der Sonne (Opposition) steht. Ein Umstand, der auch das Team des James Webb Space Telescopes dazu bewogen hat, den Ringplanet etwas genauer unter die (Super)-Lupe zu nehmen.
Der Gasriese Jupiter ist in der zweiten Hälfte der Nacht deutlich in südöstlicher Richtung auszumachen. Für Frühaufsteher eignet sich das Aufsuchen der Venus am Morgenhimmel. Nachdem sie über Monate den abendlichen Himmel nach dem Sonnenuntergang dominiert hat, wechselt sie nun zur Sichtbarkeit kurz vor Sonnenaufgang. Allerdings ist ein guter Beobachtungsplatz gefragt, da sie nur wenige Grad über dem Horizont steht und nach knapp einer Stunde von der Sonne überstrahlt wird.
Die vergangenen Wochen standen im Zeichen des Beginns mehrerer wissenschaftlicher Forschungsprojekte, die für die Astronomie von großer Wichtigkeit sein könnten.
Zum einen gab es in den Monaten Mai und Juni den „Restart“ für die Erfassung von Gravitationswellen. Über Jahre waren die beiden amerikanischen Detektoren LIGO 1 und LIGO 2 (Laser Interferometer Gravitational-Wave Observatory) sowie der Detektor VIRGO des European Gravitational Observatory außer Betrieb, da sie aufwendig überholt und neu kalibriert wurden. Mit verstärkter Aufnahmefähigkeit sollen die 2x4 Kilometer großen Versuchseinrichtungen mit Nanometer-Präzision kleinste Schwankungen der Raumzeit erfassen, die ihrerseits die Grundlage für die Erfassung gigantischer Sternverschmelzungen darstellen. Zukünftig werden sie noch von einem dritten Detektor namens KAGRA unterstützt, der von der Universität von Tokio betrieben wird.
Auch die Erforschung unseres Sonnensystem wird mit der Raumsonde JUICE (Jupiter Icy Moons Explorer) eine völlig neue Qualität erreichen. Der Jupiter wird zwar derzeit von dem Raumfahrzeug JUNO (Jupiter Near-Pole Orbiter) ausgespäht, doch der seit 2016 in einem immer kleiner werdenden Orbit agierende Satellit ist als reine Planetensonde ausgelegt, die unser Wissen um den Gasriesen entscheidend erweitert. Eine Ariane 5 hat nun JUICE am 14.April 2023 ebenfalls auf den Weg zum Jupiter gebracht.
Nach dem Einschwenken in eine Umlaufbahn wird dieser Forschungssatellit allerdings ausschließlich die großen Eismonde Kallisto, Ganymed und Europa untersuchen. Bei letzterem Mond werden riesige Wassermassen unter dem ungefähr 100 km dicken Eispanzer vermutet. Mit JUICE soll diese Theorie, die sogar einen gigantischen unterirdischen Ozean voraussagt, bewiesen werden. Ein erstaunlicher Fakt dieser Unternehmung liegt darin, dass die Leitung der gesamten Forschungsmission nach dem im Jahr 2011 erfolgten Ausstieg der NASA allein in der Hand der europäischen Raumfahrtagentur ESA liegt. Es ist gleichzeitig die erste Gesandtschaft einer ganzen Reihe von äußerst ehrgeizigen Projekten der European Space Agency, die unter der Bezeichnung „Cosmic Vision“ die verschiedensten Forschungsprojekte plant, koordiniert und letztlich auf den interplanetaren Weg führt.
Die ebenfalls zu diesem Programm gehörende Sonnensonde Solar Orbiter erregte aufgrund ihrer Forschungsergebnisse in der Fachwelt große Aufmerksamkeit. Die seit 2020 ohne große Probleme arbeitende Raumsonde liefert immer wieder außerordentliche Bilder. Ein Zusammenschnitt verschiedenster Kameraaufnahmen verdeutlicht dies eindrucksvoll, denn hier kann man erkennen, welche gewaltigen Dimensionen ein sogenannter koronaler Massenauswurf (CME) haben kann. Die dabei innerhalb weniger Stunden von der Sonne abgegebene Strahlungsleistung würde ausreichen, um die Energieprobleme auf der Erde für Jahrtausende zu lösen.
Mit EUCLID hat die ESA am 1.Juli eine weitere Sonde aus dem ambitionierten Programm Cosmic Vision auf den Weg geschickt. Eigentlich sollte eine Sojus ST 2.1b-Trägerrakete das 1,4 Milliarden Euro teure Forschungsgerät in den Erdorbit katapultieren, doch die russische Raumfahrt-Agentur Roskosmos hat sich trotz der hochtrabenden Worte ihres Chefs Dmitri Rogosin aus dem Projekt zurückziehen müssen. Inzwischen ist Rogosin längst gefeuert und Roskosmos kann in den nächsten Jahren aufgrund der Nichtfertigstellung des Kosmodroms Wostotschniy weiterhin nur als geduldete Gäste vom kasachischen Baikonur mit Kosmonauten zur ISS starten.
So musste eine Falcon 9 des US-Unternehmens SpaceX gebucht werden, um EUCLID – benannt zu Ehren des antiken Mathematikers aus dem ägyptischen Alexandria – in eine Erdumlaufbahn zu bringen.
Von dort aus lenkten sie die bordeigenen Aggregate des zwei Tonnen schweren Gefährts zum Lagrange-Punkt L2, in dessen unmittelbarer Nähe schon das James Webb Space Telescope stationiert ist. Hier soll EUCLID die Abgeschiedenheit des kosmischen Vakuums nutzen, um dem wohl größten Geheimnis der modernen Kosmologie auf die Spur zu kommen. Es geht um die sogenannte Dunkle Materie, die von diesem sicheren und ungestörten Ort aus erstmals genauer untersucht werden soll. Wir wissen heute nur, dass gerade einmal fünf Prozent der Materie mit Licht in Verbindung zu bringen sind und somit gerade einmal ein Zwanzigstel des Universums sichtbar ist. Hieraus erklärt sich, dass die anderen 95 % der Materie einen anderen Ursprung und einen bisher völlig unbekannten Aufbau haben müssen. Die beiden Kameras von EUCLID sollen nun in die Vergangenheit des Kosmos eintauchen, um im wahrsten Sinne des Wortes Licht ins Dunkel zu bringen.
Klaus Huch, Planetarium Halberstadt