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118. Bringt EUCLID Licht ins Dunkel?
117. Unverantwortlicher Erststart
116. Die Dekade der Showdowns (in der Astronomie)
115. Pluto, Charon und der Rote Schneemann
114. „Helga“ und „Zohar“ auf Weltraummission
113. Mit einem kleinen Schubs
Dienstag 01.08.2023
118. Bringt EUCLID Licht ins Dunkel?
Bilder
EsWa, Galaxien 201, Digital, 130 x 90, 2023
Der Höhepunkt des Monats August wird die Möglichkeit der Beobachtung von bis zu 100 Sternschnuppen pro Stunde sein. Sie stammen vom bekannten Meteoritenstrom der Geminiden, welcher aus dem Sternbild Zwillinge (lateinisch Gemini) zu kommen scheint. Verfolgt man die Leuchtspur dieser im englischsprachigen Raum auch „Shooting Star“ genannten Leuchterscheinungen auf ihren Ursprung (Radiant) zurück, so scheinen sie aus der Nähe der beiden Hauptsterne Kastor und Pollux zu kommen. Im Mittelalter wurden sie auch Laurentiustränen genannt. Dies ist ein Bezug auf das Martyrium des heiligen Laurentius am 10. August des Jahres 258. An diesem Tag sollen extrem viele Sternschnuppen gefallen sein, die als Schmerzenstränen des Gemarterten gedeutet wurden. In diesem Jahr stört kein Mond, sodass man sich bei guter Sicht am 13. August vor allem in den frühen Abendstunden durchaus auf ein himmlisches Spektakel freuen kann.
Als einziger Planet ist Saturn die ganze Nacht zu sehen, der am 27.August seine beste Beobachtungsmöglichkeit erreicht, da er dann genau gegenüber der Sonne (Opposition) steht. Ein Umstand, der auch das Team des James Webb Space Telescopes dazu bewogen hat, den Ringplanet etwas genauer unter die (Super)-Lupe zu nehmen.
Der Gasriese Jupiter ist in der zweiten Hälfte der Nacht deutlich in südöstlicher Richtung auszumachen. Für Frühaufsteher eignet sich das Aufsuchen der Venus am Morgenhimmel. Nachdem sie über Monate den abendlichen Himmel nach dem Sonnenuntergang dominiert hat, wechselt sie nun zur Sichtbarkeit kurz vor Sonnenaufgang. Allerdings ist ein guter Beobachtungsplatz gefragt, da sie nur wenige Grad über dem Horizont steht und nach knapp einer Stunde von der Sonne überstrahlt wird.
Die vergangenen Wochen standen im Zeichen des Beginns mehrerer wissenschaftlicher Forschungsprojekte, die für die Astronomie von großer Wichtigkeit sein könnten.
Zum einen gab es in den Monaten Mai und Juni den „Restart“ für die Erfassung von Gravitationswellen. Über Jahre waren die beiden amerikanischen Detektoren LIGO 1 und LIGO 2 (Laser Interferometer Gravitational-Wave Observatory) sowie der Detektor VIRGO des European Gravitational Observatory außer Betrieb, da sie aufwendig überholt und neu kalibriert wurden. Mit verstärkter Aufnahmefähigkeit sollen die 2x4 Kilometer großen Versuchseinrichtungen mit Nanometer-Präzision kleinste Schwankungen der Raumzeit erfassen, die ihrerseits die Grundlage für die Erfassung gigantischer Sternverschmelzungen darstellen. Zukünftig werden sie noch von einem dritten Detektor namens KAGRA unterstützt, der von der Universität von Tokio betrieben wird.
Auch die Erforschung unseres Sonnensystem wird mit der Raumsonde JUICE (Jupiter Icy Moons Explorer) eine völlig neue Qualität erreichen. Der Jupiter wird zwar derzeit von dem Raumfahrzeug JUNO (Jupiter Near-Pole Orbiter) ausgespäht, doch der seit 2016 in einem immer kleiner werdenden Orbit agierende Satellit ist als reine Planetensonde ausgelegt, die unser Wissen um den Gasriesen entscheidend erweitert. Eine Ariane 5 hat nun JUICE am 14.April 2023 ebenfalls auf den Weg zum Jupiter gebracht.
Nach dem Einschwenken in eine Umlaufbahn wird dieser Forschungssatellit allerdings ausschließlich die großen Eismonde Kallisto, Ganymed und Europa untersuchen. Bei letzterem Mond werden riesige Wassermassen unter dem ungefähr 100 km dicken Eispanzer vermutet. Mit JUICE soll diese Theorie, die sogar einen gigantischen unterirdischen Ozean voraussagt, bewiesen werden. Ein erstaunlicher Fakt dieser Unternehmung liegt darin, dass die Leitung der gesamten Forschungsmission nach dem im Jahr 2011 erfolgten Ausstieg der NASA allein in der Hand der europäischen Raumfahrtagentur ESA liegt. Es ist gleichzeitig die erste Gesandtschaft einer ganzen Reihe von äußerst ehrgeizigen Projekten der European Space Agency, die unter der Bezeichnung „Cosmic Vision“ die verschiedensten Forschungsprojekte plant, koordiniert und letztlich auf den interplanetaren Weg führt.
Die ebenfalls zu diesem Programm gehörende Sonnensonde Solar Orbiter erregte aufgrund ihrer Forschungsergebnisse in der Fachwelt große Aufmerksamkeit. Die seit 2020 ohne große Probleme arbeitende Raumsonde liefert immer wieder außerordentliche Bilder. Ein Zusammenschnitt verschiedenster Kameraaufnahmen verdeutlicht dies eindrucksvoll, denn hier kann man erkennen, welche gewaltigen Dimensionen ein sogenannter koronaler Massenauswurf (CME) haben kann. Die dabei innerhalb weniger Stunden von der Sonne abgegebene Strahlungsleistung würde ausreichen, um die Energieprobleme auf der Erde für Jahrtausende zu lösen.
Mit EUCLID hat die ESA am 1.Juli eine weitere Sonde aus dem ambitionierten Programm Cosmic Vision auf den Weg geschickt. Eigentlich sollte eine Sojus ST 2.1b-Trägerrakete das 1,4 Milliarden Euro teure Forschungsgerät in den Erdorbit katapultieren, doch die russische Raumfahrt-Agentur Roskosmos hat sich trotz der hochtrabenden Worte ihres Chefs Dmitri Rogosin aus dem Projekt zurückziehen müssen. Inzwischen ist Rogosin längst gefeuert und Roskosmos kann in den nächsten Jahren aufgrund der Nichtfertigstellung des Kosmodroms Wostotschniy weiterhin nur als geduldete Gäste vom kasachischen Baikonur mit Kosmonauten zur ISS starten.
So musste eine Falcon 9 des US-Unternehmens SpaceX gebucht werden, um EUCLID – benannt zu Ehren des antiken Mathematikers aus dem ägyptischen Alexandria – in eine Erdumlaufbahn zu bringen.
Von dort aus lenkten sie die bordeigenen Aggregate des zwei Tonnen schweren Gefährts zum Lagrange-Punkt L2, in dessen unmittelbarer Nähe schon das James Webb Space Telescope stationiert ist. Hier soll EUCLID die Abgeschiedenheit des kosmischen Vakuums nutzen, um dem wohl größten Geheimnis der modernen Kosmologie auf die Spur zu kommen. Es geht um die sogenannte Dunkle Materie, die von diesem sicheren und ungestörten Ort aus erstmals genauer untersucht werden soll. Wir wissen heute nur, dass gerade einmal fünf Prozent der Materie mit Licht in Verbindung zu bringen sind und somit gerade einmal ein Zwanzigstel des Universums sichtbar ist. Hieraus erklärt sich, dass die anderen 95 % der Materie einen anderen Ursprung und einen bisher völlig unbekannten Aufbau haben müssen. Die beiden Kameras von EUCLID sollen nun in die Vergangenheit des Kosmos eintauchen, um im wahrsten Sinne des Wortes Licht ins Dunkel zu bringen.
Klaus Huch, Planetarium Halberstadt
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Samstag 01.07.2023
117. Unverantwortlicher Erststart
Bilder
EsWa, Galaxien 195, Digital, 120 x 110, 2023
Im Monat Juli stellt die abendliche Dämmerung noch immer ein Problem dar und die nächtliche Himmelsbeobachtung kann nicht vor 22 Uhr starten. Unser Abendstern Venus, der uns in den vergangenen Monaten als hellstes Objekt am Firmament erschien, verabschiedet sich bis zum Monatsende nach und nach, obwohl er tief im Westen ebenso wie der Planet Mars noch zu erkennen ist. Der Ringplanet Saturn stehen nun im Mittelpunkt der Betrachtung, da er die ganze Nacht über sichtbar ist. Zwar erreicht er nicht annähernd die Brillanz unseres Schwesterplaneten Venus, doch sein rötliches Leuchten im Sternbild Wassermann hebt ihn deutlich von den umgebenden Sternen ab. Das Sommerdreieck mit den Hauptsternen Wega (Leier), Atair (Adler) und Deneb (Schwan) bestimmt nach wie vor den Blick in Richtung Süden.

Das Leben des 1971 in Pretoria /Südafrika geborenen Elon Musk scheint eine unglaubliche Erfolgsstory zu sein. Ein kommerzieller Durchbruch reihte sich an den anderen: Zunächst startete er mit dem Bezahldienst PayPal durch, um dann 2002 das Raumfahrtunternehmen SpaceX zu gründen. Letztlich gelang ihm 2004 mit der Gründung der Firma Tesla der große Coup.
Seit fast 20 Jahren ist er nun äußerst erfolgreich in der Raumfahrt tätig. Seine Trägerraketen Falcon 9 und Falcon Heavy arbeiten nahezu störungsfrei und viele Komponenten der Raketen sind nach gesteuerter Rückkehr zur Erde wiederverwendbar. Damit hat sich Musk natürlich in der Raumfahrt einen Namen gemacht, nicht zuletzt auch weil es ihm gelang, das Monopol der russischen Raumfahrt im Bereich des Zubringersystems für die Internationale Raumstation ISS zu brechen. Höchst werbewirksam steigen endlich wieder Astronauten nach präzisem Andocken in den Außenposten der Menschheit um – unlängst sogar einige gut betuchte Weltraumtouristen, die für jeweils unfassbare 50 Millionen Dollar zehn Tage an der wissenschaftlichen Arbeit in den einzelnen Modulen der Station teilhaben konnten.
In der Gemeinde der Astronomen macht sich Musk seit 2020 sehr unbeliebt, weil er mit seinem Unternehmen Starlink eine ganze Armada von Kommunikationssatelliten für ein weltweites Internet auf den Weg bringen ließ. Diese „Lichter-Ketten“ konnten nach dem Start sogar mit bloßem Auge gesichtet werden. Für die Astrofotografie bedeutet dies aber, dass etliche Aufnahmen von Himmelsobjekten durch das Durchziehen der lichtreflektierenden Raumflugkörper unbrauchbar wurden, was Musk aber nicht davon abhielt, sein Milliarden schweres Programm weiter zu verfolgen, um nach Fertigstellung des „Space-Internet“ für potenzielle Kunden ein ständig und überall verfügbares Netz zur Verfügung stellen zu können.
Zu allen diesen Erfolgsgeschichten passt natürlich die Meldung vom 20.April 2023 überhaupt nicht in sein ambitioniertes Vermarktungskonzept. Auf dem in kürzester Zeit an der texanischen Südküste bei Boca Chica aus dem Boden gestampften Weltraumbahnhof kam es bei dem Versuch, die größte jemals gebaute Rakete in eine ballistische Bahn zu katapultieren, zu einem folgenschweren Unfall.
Die gigantische, über 120 Meter hohe Konstruktion Starship / Super Heavy hob zwar mit ohrenbetäubendem Lärm von der an einen Melkschemel erinnernden Startbasis ab, aber nach nur vier Minuten musste die Raketeneinheit in 30 Kilometern Höhe per Funkbefehl in den Modus der Selbstzerstörung überführt werden. Die Flugleitstelle kommentierte die Startsequenz allerdings noch unter dem Jubel der SpaceX-Mitarbeiter, obwohl die Fehlfunktionen nach und nach deutlich zu erkennen waren.
Selbst nach den Explosionen wollte das Newscenter der Musk-Firma SpaceX diesen krachenden Fehlversuch noch als eine Art nützlichen „Laborversuch“ hinstellen, doch ziemlich schnell wurde den Experten klar, dass der sonst so überaus eloquente Musk fatale Fehlentscheidungen getroffen haben musste. Das fragwürdige Konzept „schneller, weiter, risikoreicher“ steht nun im wahrsten Sinne des Wortes auf dem Prüfstand: Waren die Trümmerteile der Raketen-Kombination noch weit draußen vor der texanischen Küste ohne Zwischenfälle in den Golf von Mexico gestürzt, boten sich am Startterminal unfassbar chaotische Bilder. Metergroße Beton-Trümmerteile der völlig zerstörten Startbasis lagen überall herum, unter dem Startplatz gähnte ein riesiger Krater und die insgesamt sechs hochempfindlichen Treibstoffvorratstanks waren deutlich sichtbar ausgebeult. Hier schrammte das Projekt an einer weiteren Explosionskatastrophe nur äußerst knapp vorbei. Den Experten standen nach ersten Auswertungen einzelner Bildsequenzen die Haare zu Berge. Im Gegensatz zu allen Erfahrungen hatte Musk – möglichweise aus Zeit- und Geldgründen – auf den Bau sogenannter Flammengräben verzichtet. Schon der deutsche Ingenieur und spätere NASA-Chef Wernher von Braun hatte vor 80 Jahren auf der von den Nazis errichteten Peenemünder Versuchsstation die Gefahr der Druckwellen erkannt und auf den Bau von „Abgasschurren“ gesetzt, welche die ungeheuren Mengen von hochbeschleunigten Abgasen der Raketenmotoren einfach seitlich abführten. Auch bei älteren Aufnahmen der Starts der Space Shuttle Flotte ist deutlich zu erkennen, wie die Abgase zunächst links und Sekunden später rechts aus dem Grabensystem herausschießen, wobei sinnvollerweise die Flammengräben schon vor dem Zünden der Raketenmotoren mit Wasser vorgekühlt wurden (https://www.esa.int/ESA_Multimedia/Videos/2011/07/STS-135_Space_Shuttle_Launch).

Auf alle diese Erfahrungswerte hat der selbsternannte „Raumfahrtexperte“ Musk offensichtlich großzügig verzichtet, obwohl er genau gewusst haben musste, dass die Abgasstrahlen der neuen, 4400 Tonnen schweren Superrakete einen noch nie dagewesenen Schub entfachen und direkt im rechten Winkel auf den Betonboden unterhalb des Startschemels treffen. Die Folge war ein Aufwirbeln metergroßer Betontrümmer, die bis weit hinein in die Umgebung schossen. Diese trafen auch die Raketenunterseite und zerstörten dabei drei der insgesamt 33 Triebwerke. Wenig später fielen drei weitere Triebwerke aus und die verbleibenden 27 Aggregate (im o.g. Video nach 1:20 min deutlich zu erkennen) konnten den fehlenden Schub scheinbar nicht ausgleichen. Nach zweieinhalb Minuten kippte die gesamte Konstruktion und geriet ins Trudeln. Ein Abbruch war nicht mehr zu vermeiden, sodass zunächst bei der Nutzlaststufe Starship und zwei Sekunden später bei der Trägerrakete Super Heavy das Selbstzerstörungssystem eingeleitet werden musste. Glücklicherweise kam bei dieser Aktion keine Person zu Schaden, doch nun ist die amerikanische Flugsicherungsbehörde FAA (Federal Aviation Administration) auf den Plan gerufen, die für ihre penible Arbeit bekannt ist.

Bleibt zu hoffen, dass die Mitarbeiter dieser Behörde Herrn Musk aufzeigen, dass der Raumfahrt zwar Innovation und Weitsicht gut zu Gesicht stehen, dass aber letztendlich die absolute Sicherheit an vorderster Stelle aller Überlegungen stehen muss. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn diese mit gerade einmal 82 Prozent Schubleistung abhebende Superrakete Astronauten an Bord gehabt hätte. Wie schon immer gilt auch für Elon Musk, dass sowohl in der unbemannten als auch in der bemannten Raumfahrt nur eine hundertprozentige Sicherheit zum Erfolg führen kann.
Klaus Huch, Planetarium Halberstadt
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Donnerstag 01.06.2023
116. Die Dekade der Showdowns (in der Astronomie)
Bilder
EsWa, Galaxien 186, Digital, 150 x 160, 2023
Die Venus ist noch immer das auffälligste Objekt am Abendhimmel. Da im Juni die Dunkelheit erst nach 22 Uhr MESZ (Mitteleuropäische Sommerzeit) einsetzt, ist sie schon während der Dämmerung deutlich sichtbar. Am 21.Juni nähert sich der zunehmende Mond unserem Schwesterplaneten und es kommt zu einer engen Begegnung. Eine Woche zuvor ist es die abnehmende Mondsichel, die am frühen Morgen des 14.Juni dem Gasriesen Jupiter noch näher zu sein scheint. Beide Konstellationen sind natürlich nur ein perspektivischer Schein, denn im Gegensatz zum Erdmond, der im Mittel 386.000 Kilometer von der Erde entfernt ist, hat der Planet Mars zur Zeit einen Abstand von fast 100 Million Kilometern. Jupiter, der König unter den Planeten, ist mit derzeit 590 Millionen Kilometern mehr als 1500 mal weiter entfernt von der Erde als der Erdtrabant.
Am 21. Juni beginnt der astronomische Sommer. Dementsprechend ist das aus den Sternen Wega (Leier), Deneb (Schwan) und Atair (Adler) bestehende Sommerdreieck bereits 23 Uhr deutlich im Süden zu erkennen.
Schon immer haben Frauen die Entwicklung der modernen Astronomie entscheidend mitgeprägt. In den vergangenen Jahren hat sich Kosmos schon mehrfach mit dieser Thematik beschäftigt (Kosmos 82). Jetzt haben die amerikanische Raumflugbehörde NASA und die europäische Raumfahrtagentur ESA gemeinsam beschlossen, ein Teleskop der allerneusten Generation nach einer ebenso verdienstvollen wie bedeutenden Astronomin zu benennen: Das für große Beobachtungsflächen konzipierte Raumteleskop war unter der vorläufigen Bezeichnung WFIRST (Wide Field Infrared Survey Telescope) bekannt geworden. Nun erhält das Infrarot-Teleskop den Namen Nancy Grace Roman Space Telescope - kurz NGRST.
Sicherlich eine bessere Namenswahl als beim James Webb Space Telescope, denn im Gegensatz zum NASA-Administrator James Webb kann die im Jahre 1925 in Nashville, Tennessee geborene Nancy Roman schon als junge Frau auf eine Bilderbuchkarriere verweisen. So konnte sie nach einem vorzeitig abgeschlossenen Studium der Mathematik und Physik bereits mit 24 Jahren den Doktorgrad erwerben und war dann von 1949 bis 1955 einerseits als Dozentin an der University of Chicago und andererseits als Forscherin am Yerkes-Observatorium tätig. Für ihre bahnbrechenden Erfolge auf dem Gebiet der Radioastronomie wurde sie als eine der ersten Wissenschaftlerinnen überhaupt 1962 von John F. Kennedy mit dem Women Federal Award ausgezeichnet. Als führende Mitarbeiterin bei der NASA hatte sie sich in den darauffolgenden Jahren vor allem im Kongress intensiv für den Bau des Hubble-Weltraumteleskops eingesetzt, was ihr den Spitznamen „Mutter Hubble“ einbrachte. Bekanntlich wurde ihre Hartnäckigkeit belohnt und inzwischen zählt das in die Jahre gekommene Hubble-Space-Telescope zu den großen Erfolgsgeschichten der Astronomie. Doch gerade gegenüber dem HST soll das neue NGRST entscheidende Vorteile haben. Projektleiter Marco Sirianni von der ESA erklärte dies an einem eindrucksvollen Beispiel. „Kürzlich wurde unsere Nachbargalaxie M31 Andromeda durch ein Mosaik aus über 400 Einzelbildern des Hubble-Teleskops dargestellt. Die gleiche riesige Fläche kann das NGRST mit gerade einmal zwei Bildern abdecken.“
Dafür sind vergleichsweise gigantische Datensätze notwendig: Während Hubble bisher in mehr als 30 Jahren Betrieb 170 Terabyte gesammelt hat, erwartet man bei Webb 1000 Terabyte. Das Grace Roman Telescope wird hingegen bei fünfjähriger Betriebsdauer mehr als 20.000 Terabyte zu verarbeiten haben. Mit dieser Datenmenge wird es dann vielleicht erstmals möglich sein, die genaue Zahl der Milliarden von Galaxien im Universum zumindest abzuschätzen. Anschließend soll in den beteiligten Instituten mit vereinten Rechenkapazitäten das erste hochpräzise 3D-Modell des Kosmos erstellt werden. Auch die Expansionsgeschwindigkeit des Universums gilt es neu zu vermessen und es wird sich zeigen, ob Einsteins Theorien Bestand haben werden.
Bis es soweit ist, muss sich allerdings die Gemeinde der Astronomen in Geduld üben. Der geplante Start des mit drei Milliarden Dollar veranschlagten NGRST ist zunächst für 2027 vorgesehen. Bleibt zu hoffen, dass Elon Musk und seine Firma Space X alle Zeitpläne einhalten können und die Budgetvorgaben im vorgegebenen Rahmen bleiben. Das kann man aber erst mit Gewissheit sagen, wenn an Bord einer Falcon Heavy-Rakete alle hochempfindlichen Geräte sicher verstaut sind. Nur so kann das größte jemals gebaute Infrarot-Teleskop pünktlich seinen Dienst antreten.
2027 wird auch das erste Bild des neuen Extremly Large Telescopes des Europäischen Südobservatoriums (ELT der ESO) erwartet. Hier liegen die Baumaßnahmen in der chilenischen Atacama-Wüste im Plan und dem „First Light“, des von 16 europäischen Ländern finanzierten Projektes, steht momentan nichts im Wege.
Gegen Ende der Dekade wird es dann für die moderne Astronomie zu einem „Showdown“ kommen, denn die beiden Teleskope der Superlative werden ungeahnte Datenmengen generieren und eine Vielzahl von fantastischen Bildern zur Verfügung stellen und somit zeigen, dass die älteste Wissenschaft der Menschheit zu den dynamischsten Forschungsgebieten unserer Zeit gehört.
Klaus Huch, Planetarium Halberstadt
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Montag 01.05.2023
115. Pluto, Charon und der Rote Schneemann
Bilder
EsWa, Galaxien 182, Digital, 75 x 160, 2023
Im Wonnemonat Mai begleitet uns die strahlend helle Venus weiterhin sehr eindrucksvoll. Bereits in der Zeit der Dämmerung fällt sie auf. Sie hat nun ihren größten Winkelabstand zur Sonne erreicht und steht nach dem Sonnenuntergang hoch über dem Horizont und ist damit deutlich im Südwesten erkennbar und bis nach Mitternacht am Himmel. Für die Beobachtung sollte man in westlicher Richtung allerdings freie Sicht haben. Ihr folgt der Mars, der recht blass neben unserem Abendstern wirkt.
Im Süden zeigt sich noch immer das Frühlingssternbild Löwe mit seinem Hauptstern Regulus. Um Mitternacht ist dann Arktur im Bärenhüter deutlich heller. Diesen Riesenstern - er ist ungefähr 25 Mal so groß wie unsere Sonne - kann man durch die bogenförmige Verlängerung der Deichsel des Großen Wagens leicht aufsuchen.
Eine interessante Beobachtung ist in den Morgenstunden des 13. und 14. Mai möglich. Die abnehmende Mondsichel passiert dabei den Ringplaneten Saturn.

Die Heliopause stellt die Grenze zwischen dem Einflussbereich unserer Sonne und dem interstellaren Medium dar. Die Raumsonden Voyager 1 und Voyager 2 konnten sie schon vor mehr als einem Jahrzehnt passieren und haben somit unser Sonnensystem verlassen. Seit mehr als 45 Jahren sind die Zwillingssonden unterwegs und einige ihrer wissenschaftlichen Instrumente sind noch immer aktiv. Doch das Energieproblem der beiden Satelliten wird immer dringlicher. Weniger als 20 Watt Leistung liegen noch an und die Signale werden immer schwächer. Immerhin ist Voyager 1 schon 160 Astronomische Einheiten (AE) von der Sonne entfernt. Dies entspricht der 160fachen Entfernung Erde-Sonne bzw. der unfassbaren Entfernung von 24 Milliarden Kilometern. Trotzdem hoffen die Techniker im Jet Propulsion Laboratory (JPL) im kalifornischen Pasadena, den 50.Geburtstag der beiden Methusalem-Flugkörper im Frühherbst 2027 noch erleben zu können.
Dafür rückt eine zweite Raumsonde immer mehr in den Fokus der Fernerkundung unseres Sonnensystems, die mittlerweile 55 AE entfernt ist. Vor über 17 Jahren startete am 19. Januar 2006 New Horizons in Richtung Pluto. Man war guter Dinge, denn der neunte Planet des Sonnensystems sollte erstmals genauer unter die Lupe genommen werden. Doch die Sitzung der Internationalen Astronomischen Union (IAU) vom 24.August 2006 in Prag bereitete dieser Tatsache ein jähes Ende. Mit knapper Mehrheit entschieden die stimmberechtigten Mitglieder, dass Pluto von nun an als Zwergplanet eingeordnet werden muss. Für die Missionsleitung ein herber Schlag, denn zu diesem Zeitpunkt musste man immerhin noch neun Jahre warten, bevor Pluto überhaupt in das Blickfeld der Kameras an Bord von New Hoirizons kommen sollte.
Im Juli 2015 war es dann soweit: Mit 14,5 Kilometern pro Sekunde raste die Sonde an Pluto und seinem Hauptmond Charon vorbei. Erst nach einiger Zeit des Wartens – immerhin benötigt die Datenübertragung rund vier Stunden – wurde klar, dass die Mission ein voller Erfolg war. Phantastische Bilder der fernen Eiswelten konnten präsentiert werden.

Das Wissen um die Körper im fernen Sonnensystem revolutionierte sich vollständig. Doch schon wenige Monate nach der Pluto-Charon-Passage deutete die Missionsleitung des Applied Physics Laboratory (APL) in der John-Hopkins-Universität in Baltimore (Maryland) einen ebenso kühnen wie ungewöhnlichen Plan an: Die Reserven der Treibstoff-Tanks, die mit dem in der Raumfahrt üblichen Hydrazin gefüllt sind, waren so hoch, dass man eine weitere Zündung der 16 Raketenmotoren riskieren konnte. Statt untätig durch den Weltraum zu gleiten, könnte man durch eine exakte Kurskorrektur ein noch ferneres Objekt des sogenannten Kuiper-Gürtels ansteuern. Nach dem daraufhin die notwendigen Gelder für die Fortführung der Mission durch die Entscheidungsträger bewilligt waren, wurde das Ziel öffentlich gemacht. Es war ein äußerst interessanter Doppelkörper namens Ultima Thule. Der später (486958) Arrokoth getaufte Asteroid wurde pünktlich zum Jahreswechsel 2018/19 angesteuert und die beim Vorbeiflug entstandenen Bilder konnten der erstaunten Öffentlichkeit bereits Anfang Januar 2019 gezeigt werden.
Ob nun Ultima Thule oder Arrokoth, für die meisten Astronomen wird der eher scherzhaft gemeinte Name „Roter Schneemann“ in Erinnerung bleiben (https://www.nasa.gov/sites/default/files/thumbnails/image/mu69-named-arrokoth.png).
Damit ist aber die Geschichte der NASA–Sonde noch lange nicht zu Ende. Im Moment konzentriert sich das Team zwar nur darauf, Bilder von den fernen Gasplaneten Uranus und Neptun zu gewinnen, doch wie Missionsleiter Allan Stern unlängst erklärte, besteht sogar noch die Chance ein drittes, natürlich noch weiter entferntes Objekt des Kuiper-Gürtels anzusteuern. „Wir haben noch ein Achtel des Hydrazins. Das lässt Platz für Ideen.“ Möglich wurde dieses unerwartete Treibstoff-Reservoir durch ein ausgeklügeltes System von Energiesparmaßnahmen. So wurde die Sonde mehrfach in einen Tiefschlaf (in der Fachsprache „Hibernation“) versetzt. Sie rotiert dabei nur fünf Mal in der Minute, sodass auch andere Prozesse verlangsamt werden konnten. So liegt jetzt ein geringer, aber für das weitere Unterfangen hochwichtiger Überschuss von Energiereserven vor.
Das in die Jahre gekommene und für Raumfahrtverhältnisse hoch betagte Raumfahrzeug könnte somit seinen Dienst ein weiteres Mal verlängern. Auf zu neuen Horizonten – damit scheint der Name „New Horizons“ tatsächlich Programm zu sein.
Klaus Huch, Planetarium Halberstadt
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Autor: Siehe Artikel
Samstag 01.04.2023
114. „Helga“ und „Zohar“ auf Weltraummission
Bilder
EsWa, Galaxien 155, Digital, 85 x 140, 2023
Die Frühlingssternbilder haben die Konstellationen des Winters endgültig abgelöst. In der immer später einsetzenden Dämmerung sind sie in westlicher Richtung - flankiert vom blassen Planeten Mars - zwar noch erkennbar, doch Jungfrau und Löwe sind nun eindeutig die beherrschenden Gruppierungen heller Sterne in der südlichen Beobachtungsrichtung.
Auch Jupiter hat sich von der abendlichen Himmelsbühne verabschiedet, denn er sinkt kurz nach der Sonne ebenfalls unter den Horizont. Dafür ist Venus die absolute Nummer eins: Bereits in der Dämmerung ist sie auffindbar und erscheint wenig später in der Dunkelheit strahlend hell. Unser Abendstern ist leicht in südöstlicher Richtung zu erkennen und erreicht am 11.April das Goldene Tor der Ekliptik. Dann kann man sie zwischen Aldebaran, dem Hauptstern des Stiers und dem Siebengestirn, auch Plejaden genannt, finden. Zu diesem Zeitpunkt ist Venus das dritthellste Objekt nach Sonne und Erdmond und bis zu vier Stunden nach Sonnenuntergang sichtbar.

Ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein großer Sprung für die Menschheit“ hatte am 21.Juli 1969 der unvergessene Neil Armstrong auf dem Tellerfuß der Leiter des Lunar Landers “Eagle“ gesagt, bevor er als erster Erdenbürger den Mondboden betrat. Die typischen Jubelbilder nach der erfolgreichen Rückkehr der drei Astronauten haben viele noch heute vor Augen. Doch der Medienrummel während der ersten Mondlandung war nicht zu vergleichen mit dem geringen Interesse bei Apollo 12. Die Einschaltquoten nahmen stark ab, um bei der 13. Mission völlig im Keller zu landen. Scheinbar wollte kaum jemand die immer gleichen Abläufe mehr sehen, geschweige denn sich für dieses Spektakel die Nächte um die Ohren schlagen - wie dies noch im Sommer 1969 der Fall gewesen war.
Das änderte sich schlagartig, als der berühmte Funkspruch „Houston, wir haben ein Problem“ bei der Flugleitzentrale eintraf. Heute zeichnet der Hollywood-Thriller „Apollo 13“ mit Tom Hanks als Kommandant James Lovell eindrucksvoll die damalige Situation nach, als es mit unglaublich viel Glück und Improvisationsvermögen gelang, die drei Astronauten sicher zurück zur Erde zu holen.
Nach diesem Desaster und der damit verbundenen Diskussion um die Sicherheit der Mondfahrer blieben von den weiteren geplanten sechs Mondausflügen ganze drei übrig, deren Live-Übertragungen von der NASA sogar bezahlt werden mussten. Sicherlich sind viele Bilder in den Köpfen der Menschen zurückgeblieben und die Fahrten mit den Moon-Rovern haben noch heute im Internet die meisten Klicks, doch als die Apollo 17 Landekapsel am 21.Dezember 1972 erfolgreich im Pazifik wasserte, schien eine letztendlich recht erfolgreiche Ära der bemannten Raumfahrt endgültig zu Ende zu gehen.
Nun aber wird von der NASA schon seit einigen Jahren ein gigantisches Projekt vorangetrieben, das viele Menschen kaum nachvollziehen können. Sicherlich wäre es ein großartiger Moment, wenn 2025 mit der Mission Artemis 3 erstmals eine Frau auf dem Mond stehen sollte. Aber muss man dafür das Fahrrad komplett neu erfinden?
Schaut man sich die Berichte über die Entwicklung dieses neuen Mondfahrtprogrammes etwas näher an, stehen einem sprichwörtlich die Haare zu Berge. Aber der Reihe nach: Mit großen Ambitionen hatte man zu Beginn der 1980erJahre das Space Transportation System STS auf den Weg gebracht. Der wiederverwendbare Raumgleiter namens Space Shuttle galt lange Zeit als das Nonplusultra einer neuen Zeit der Erforschung und Erkundung des erdnahen Raumes. Doch die vermeidbaren Totalverluste der Raumfähren Challenger 1986 und Columbia 2003 zeigen eindringlich, wie verletzlich ein System ist, das den erneuten Einsatz des Shuttles unter Extrembedingungen nach einer Generalüberholung vorsieht. Bei beiden Katastrophen kamen vor laufenden Kameras dabei insgesamt 15 Menschen ums Leben. Bei der Diskussion um die Vermeidbarkeit dieser Unglücke wurde auch immer wieder nach einem Rettungssystem gefragt, dieses doch aus Kostengründen schon in der Planungsphase großzügig verworfen. Die Konsequenz nach der Einstellung der Space-Shuttle-Flüge: Für fast zwei Jahrzehnte startete keine bemannte Nutzlastrakete mehr vom amerikanischen Boden aus. Astronauten waren so gezwungen, als Kosmonauten von Baikonur aus zur Internationalen Raumstation ISS zu fliegen.
Als das prestigeträchtige Mondfahrt-Programm „Artemis“ 2011 ins Leben gerufen wurde, stand als oberste Priorität die Sicherheit im Vordergrund. Gleich zu Beginn gab man bekannt, dass die unverzichtbare, vom Mutterschiff abtrennbare Rettungsrakete, wie sie einst beim Apolloprogramm noch Standard gewesen war, reaktiviert wird. Doch genau diese Vorgaben ließen das einst mit 10 Milliarden Dollar veranschlagte Projekt auf die unvorstellbare Summe von 23 Milliarden Dollar hochschnellen, wobei noch nicht einmal die Kosten für die zukünftigen Starts von Artemis 2 und 3 eingerechnet sind. Zu allem Überfluss handelte die NASA dabei äußerst unglücklich. Eine kaum vorstellbare Serie von Pleiten, Pech und Pannen ließen den Erststart um Jahre von der eigentlichen Planvorgabe abkommen. Selbst innerhalb der letzten Monate vor dem Countdown wurde das Raumschiff der Auftaktmission häufiger zwischen der Montagehalle und der Startbasis hin und her geschoben. Die Raketeneinheit wurde mehrfach betankt, doch der Start aufgrund schlechter Wetterbedingungen immer wieder verschoben. Schon zu diesem Zeitpunkt war klar, dass die 10 Miniraumsonden als eigentliche Nutzlast des Fluges verloren waren, da sich deren Batterien in den 14 Monaten des Hin- und Herschiebens komplett entladen hatten. Abhilfe hätte eine komplette Demontage der oberen Rakentenstufe bieten können, doch die kam durch den enormen Zeitdruck und des ohnehin weit überzogenen Budgets nicht in Frage. Am Tag des Starts am 16.November 2022 lagen somit nicht nur wegen dieser „toten“ Nutzlast die Nerven blank. Obwohl mehrere Sensoren Unregelmäßigkeiten dokumentierten, wurde die Startsequenz nicht unterbrochen.
Letztendlich gelangen zum Glück alle Manöver und die Landung der unbemannten Wiedereintrittskapsel nach 25 Tagen zwischen Erde und Mond konnte sicher vollzogen werden. Mit an Bord der Raumkapsel „Orion“ die beiden „Lady“-Dummies „Helga“ und „Zohar“, die vor kurzem zur Datenauswertung im Institut für Luft- und Raummedizin in Köln eintrafen. Wenn alle Sensoren einwandfrei gearbeitet haben sollten, können die Wissenschaftler daraus die Verträglichkeit der Strahlungsbelastung für den weiblichen Körper ableiten, denn das wird die entscheidende Voraussetzung für die Freigabe des Fluges der ersten Frau zum Mond sein. Sollte die NASA tatsächlich eine Frau erstmals auf den Mond bringen, so wird ein nicht unerheblicher Beitrag hierfür die Forschungsarbeit der deutschen Raumfahrtkollegen sein.
Klaus Huch, Planetarium Halberstadt
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Mittwoch 01.03.2023
113. Mit einem kleinen Schubs
Bilder
EsWa, Galaxien 151, Digital, 80 x 170, 2023
Gleich zu Beginn des Monats stehen Jupiter und Venus sehr nah beieinander. Diese enge Begegnung ist recht selten und nicht von Dauer. Schon zur Monatsmitte wird sich Jupiter immer mehr von der Venus entfernen, um dann Ende des Monats ganz vom Abendhimmel zu verschwinden. Er steht dann hinter der Sonne, geht somit gemeinsam mit ihr auf und unter und ist so für uns nicht sichtbar.
Venus hingegen wird mehr und mehr zum hellsten Objekt nach dem Mond und zeigt sich von seiner besten Seite als Abendstern. Gegen Ende des Monats ist sie mehr als zwei Stunden nach Sonnenuntergang noch deutlich zu erkennen. Der Planet Mars ist dagegen schon recht blass und befindet sich oberhalb des Sternbildes Zwillinge.
Die Wintersternbilder verabschieden sich langsam von der Himmelsbühne, denn am 21. März haben wir die erste Tagundnachtgleiche des Jahres. Die Beobachtungszeiten werden dann durch die immer länger werdenden Tage auch immer kürzer und so gehen die Konstellationen gegen 22 Uhr unter. Als letzte Sternbilder des Winters bleiben die Zwillinge und der Fuhrmann aufgrund ihres höheren Standes noch bis nach Mitternacht am Himmel.
Erst nach und nach wird das Frühlingssternbild Löwe mit seinem Hauptstern Regulus den Anblick des gestirnten Himmels in Blickrichtung Süden bestimmen. Gegen 23 Uhr erreicht es seine beste Sichtbarkeit in dieser Himmelsrichtung.

Die Kleinkörper des Sonnensystems unterteilen sich in fünf Gruppen, wobei die Klasse der interstellaren Himmelskörper erst vor wenigen Jahren durch die Entdeckung von Omuamua überhaupt entstanden ist.
Ein zweiter Himmelskörper dieser Art, benannt nach seinem Entdecker Borisov, zog im Jahr 2019 mit 175.000 Stundenkilometern rasend schnell an der Sonne vorbei, um sich danach wieder in die unendlichen Weiten des interstellaren Raumes zu verabschieden. Wahrscheinlich hat er aber diesen Gewaltritt um unser Zentralgestirn nicht schadlos überstanden, denn Aufnahmen des Hubble-Space-Telescope geben Grund zu der Annahme, dass der ca.15 Kilometer große Körper in zwei Teile zerbrochen ist.
Die Gruppe der Zwergplaneten wird von Pluto, dem ehemals neunten der Planeten des Sonnensystems, angeführt. Gerade einmal fünf Zwergplaneten gehören zu dieser im Jahr 2006 ins Leben gerufenen Klasse von Himmelskörpern mit einem Durchmesser von mehr als 1000 km, welche sich auf eigenständigen Keplerbahnen um unser Zentralgestirn bewegen (siehe Kosmos 88 und Kosmos 95).
Die drei klassischen Gruppen der Kleinkörper stellen die Meteoriten, die Kometen und die Asteroiden dar. Viele Menschen haben im Verlauf ihres Lebens durch die Beobachtung einer Sternschnuppe (astronomisch: Meteor) den letzten, extrem hellen Moment eines sehr kleinen Körpers des Sonnensystems miterlebt. In Sekundenbruchteilen verdampft dabei das eisigkalte Material des Meteoroiden, welches zuvor über mindestens 4,6 Milliarden Jahre existiert hat. Vereinzelt können sie aber den Eintritt in die Erdatmosphäre überstehen und sind dann als Meteoriten auffindbar (siehe Kosmos 78).
Dagegen ist das Erlebnis einer Kometenbeobachtung mit bloßem Auge recht selten. Im vergangenen Monat gab es für den Kometen C/2022 E3 (ZTF) kurzzeiteig die Möglichkeit des Aufsuchens am Nachthimmel, doch nur bei guter Sicht und mit einem lichtstarken Fernglas konnte die grünliche Kometenkoma erkannt werden.
Derzeit stehen allerdings die Asteroiden im Fokus der astronomischen Forschung, denn gleich eine ganze Armada von Raumsonden untersuchte sie in den vergangenen Jahrzehnten. Teilweise haben diese Raumflugkörper auch direkte Untersuchungen vor Ort durchgeführt.
Den Anfang machte 1991 die Galileo-Sonde auf ihrem Weg zum Jupiter. Im Vorbeiflug machte sie Aufnahmen des Asteroiden (243) Ida und (951) Gaspra.
Mitte der neunziger Jahre machte NEAR (Near Earth Asteroid Rendezvous) Bilder von (253) Mathilde, um fünf Jahre später sogar auf (433) Eros.
Der japanischen Hayabusa-Mission gelang dann 2005 erstmalig sogar die Entnahme von Bodenproben auf (25143) Itokawa. Nach erfolgreicher Landung der Rückkehrkapsel in Australien konnten wenige Gramm Oberflächenmaterial sichergestellt werden. Wesentlich mehr Material soll die Sonde OsirisRex 2018 auf (101955) Bennu aufgesammelt haben. Gespannt wartet man auf den 24.September dieses Jahres, denn zu diesem Zeitpunkt wird die Rückkehrkapsel auf der Erde erwartet.
Für viel Zündstoff sorgte im letzten Jahr die Mission DART (Double Asteroid Redirection Test). Erstmals gab es einen gezielten Einschlag auf dem Himmelskörper Dimorphos, der den rund doppelt so großen Asteroiden (65803) Didymos wie ein Mond umrundet. Das Experiment gelang hervorragend, denn die rund zwölfstündige Umlaufzeit von Dimorphos verkürzte sich um eine halbe Stunde.
Die Frage nach dem „Warum?“ beantwortet sich recht schnell, denn der Reaktionstest war der erste erfolgreiche Versuch einen Körper des Sonnensystems in seiner Bahn zu stören. Darauf wird es ankommen, wenn eines Tages tatsächlich ein Asteroid der Erde bedrohlich nahe kommt. Eine Zerstörung des Asteroiden, wie in dem mit viel Aufwand produzierten Hollywood-Film „Armageddon“ dargestellt, ist keineswegs sinnvoll, denn die Streuung der Trümmer würde die Bedrohung für die Erdoberfläche noch erheblich erhöhen. Was man braucht ist - wie man so schön sagt - ein kleiner Schubs, damit das Objekt einfach einen anderen Weg einnimmt und die Erde schlicht und ergreifend nur passiert. Das ist natürlich kein Stoff für einen Sensationsfilm, doch gleichzeitig ist es der erste Schritt bei der Erprobung von Methoden der planetaren Verteidigung.
Klaus Huch, Planetarium Halberstadt
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