Zurück zu den neuesten Artikeln...
31. ROSE
32. FALLENDE BLÄTER
33. VOLL INS LEBEN
34. DALiLAND
35. SOPHIA, DER TOD & ICH
36. THE INSPECTION
Donnerstag 28.09.2023
ROSE
Ab 28. September 2023 im Kino
Bilder
Bilder
Bilder
Bilder
Diese Busreise wird so schnell niemand vergessen. Denn als Inger ihre Schwester Ellen und deren Mann Vagn im Herbst 1997 auf einen Kurztrip nach Paris begleitet, läuft nicht alles nach Plan. Inger fällt unter den anderen Reisenden auf. Offen erklärt sie ihre psychologische Situation: sie ist schizophren. Dies zeigt sich vor allem in ihrer Unverblümtheit, die nicht allen gefällt. Schnell gerät die Familie zwischen Unverständnis und Vorurteile. Doch in Paris angekommen wird klar, dass alle so ihr Päckchen mit sich rumtragen. Während eines der mitreisenden Paare in einer Ehekrise steckt, freundet sich Inger mit deren Sohn an, der fasziniert ist von ihrer Direktheit. Und so verwickelt Inger die kleine Reisegruppe in ihr ganz eigenes Abenteuer, dass sie schon bald vor die Wohnungstür einer verschollenen Liebe führt.
Die bewegende Komödie von BAFTA-Preisträger Niels Arden Oplev (VERBLENDUNG) trifft mitten ins Herz. Mit einer gelungenen Mischung aus Drama und Komödie wurde ROSE in Skandinavien zum Überraschungshit an den Kinokassen. In der Hauptrolle brilliert die großartige dänische Schauspielerin Sofie Gråbøl, bekannt als Kommissarin Lund.

Ein Film von Niels Arden Oplev
Mit Sofie Gråbøl, Lene Maria Christensen, Anders W. Berthelsen u.a.


NIELS ARDEN OPLEV - DREHBUCHAUTOR & REGISSEUR

Niels Arden Oplev ist einer der national und international bekanntesten Regisseure Dänemarks. Nach seinem Abschluss an der Dänischen Filmhochschule im Jahr 1989 wurde sein Spielfilmdebüt PORTLAND auf der Berlinale 1996 für den Goldenen Bären nominiert. Einige Filme später kehrte er zur Berlinale zurück und gewann 2006 mit WE SHALL OVERCOME den Gläsernen Bären. Der internationale Durchbruch gelang ihm 2009 mit „Verblendung“, der einen BAFTA für den besten internationalen Film gewann.



REGIESTATEMENT

ROSE ist eine Ode an meine beiden Schwestern. Im Herbst 2015 habe ich begonnen das Drehbuch zu schreiben nach einem Gespräch mit einer meiner ältesten Freundinnen, die meine Familie schon seit unserer Kindheit kennt. Wir sprachen über eine Busreise nach Frankreich, die meine Schwester und ihr Mann im Spätsommer 1997 zusammen mit meiner schizophrenen Schwester - ich werde sie wie die Figur im Film Inger nennen - unternahmen. Diese Reise ist seither eine beliebte Familiengeschichte. Inger arbeitete mit 18 Jahren in Frankreich und als sie nach Dänemark zurückkehrte, begann sich ihre psychische Erkrankung zu zeigen. Die Busreise viele Jahre später war ein Versprechen meiner frisch verheirateten Schwester und ihres Mannes, Inger die Möglichkeit zu geben, Frankreich erneut zu besuchen.
Sie wurde zu einer Familienlegende, weil Inger jeden Tag der Reise rettete und weil alle Reisenden sie liebten, obwohl sie sich anfangs vor der Vorstellung fürchteten, mit einer psychisch kranken Person den ganzen Tag im Bus zu sitzen. Ich dachte immer, wenn ich jemals einen Film über meine Schwester machen würde, würde ich über den Beginn ihrer Krankheit schreiben, über die Zeit, als wir beide noch sehr jung waren. Aber die achttägige Reise im Herbst ‚97, als sie in ihren Vierzigern war, hat mich nicht mehr losgelassen. Der Schauplatz der Reise stellte das Wesen ihrer Krankheit auf den Kopf - als würde ich sie in einem neuen Licht sehen.
Als ich mit dem Drehbuch von ROSE begann, war mir klar, dass das Reisebus-Element des Films die Geschichte auf eine höhere Ebene heben würde. Die Stadt Paris, die poetisch an sich ist, hat das Drehbuch zwar beeinflusst, aber es ging hauptsächlich um Inger als Figur. Sie sagte oder tat oft etwas so witziges, dass ich mich ihrem Humor beim Schreiben hingeben musste. Mir wurde klar, dass es interessanter wäre, Ingers Qualitäten in den Mittelpunkt zu stellen, anstatt mich auf das Leiden ihrer psychischen Krankheit zu konzentrieren - um zu zeigen, wie einzigartig und talentiert sie ist, trotz der Last, die sie trägt. Ich wollte auch die enorme Verantwortung darstellen, die meine andere Schwester - Ingers engste Gefährtin - über die Jahre hinweg getragen hat, den Kampf zwischen dem Versuch, für Inger zu sorgen, ohne ihr ihre Unabhängigkeit und Würde zu nehmen. Aus diesem Grund wurde ROSE ein Film über die Schönheit des Andersseins und mehr noch eine Liebeserklärung an meine beiden Schwestern und alles, was sie durchgemacht haben.
Permalink zum ArtikelDiese Adresse können sie verwenden, um von ihrer Seite, ihrem Blog etc. direkt auf den Artikel zu verweisen.
Klicken sie dazu auf den Link und verwenden die Adresse in der Adressleiste, oder klicken mit der rechten Maustaste hier und kopieren den Link direkt.
Nach oben scrollenKlicken sie hier um schneller an den Anfang der Seite zu gelangen.
Autor: Siehe Artikel
Donnerstag 21.09.2023
FALLENDE BLÄTER
Seit 14. September 2022 im Kino
Bilder
Bilder
Bilder
Bilder
Bilder
KOMMENTAR DES REGISSEURS

In der Vergangenheit habe ich mir als Regisseur von irrelevanten, gewaltvollen Filmen eine fragwürdige Reputation erarbeitet. Da mich der Gedanke an all die sinnlosen, unnötigen und kriminellen Kriege in unserer Welt sehr quält, habe ich beschlossen, eine Geschichte über diejenigen Themen zu schreiben, durch die meiner Meinung nach in der Zukunft eine Chance auf mehr Humanität in unserer Gesellschaft besteht: Eine Geschichte über die Sehnsucht nach Liebe, nach Solidarität, nach Hoffnung und dem Respekt für andere Menschen, für die Natur und allem, was in ihr lebendig oder tot ist – vorausgesetzt, das Subjekt dieser Geschichte verdient diese Aufmerksamkeit. In FALLEN LEAVES ziehe ich meinen zu kleinen Hut vor meinen Göttern Bresson, Ozu und Chaplin – aber sollte das Unterfangen scheitern, meine Geschichte zu erzählen, dann bin ich es höchstpersönlich, auf dessen Mist diese Katastrophe gewachsen ist.

Ein Film von Aki Kaurismäki
Mit Alma Pöysti, Jussi Vatanen, Janne Hyytiäinen u.a.

FALLENDE BLÄTTER erzählt von zwei einsamen Menschen, Ansa (Alma Pöysti) und Holappa (Jussi Vatanen), die zufällig im nächtlichen Helsinki aufeinandertreffen. Beide sind auf der Suche nach der ersten, einzigen und endgültigen Liebe ihres Lebens. Der Weg zu diesem ehrenwerten Ziel wird erschwert durch die Alkoholsucht des Mannes, verlorene Telefonnummern, die Unkenntnis des Namens und der Adresse des jeweils anderen – und nicht zuletzt durch die allgemeine Tendenz des Lebens, denjenigen, die ihr Glück suchen, Steine in den Weg zu legen.
Diese sanfte Tragikomödie kann als "vierter Teil" von Aki Kaurismäkis Arbeitertrilogie ("Schatten im Paradies", "Ariel" und "Das Mädchen aus der Streichholzfabrik") angesehen werden.



ALMA PÖYSTI (Ansa)

Geboren im Jahr 1981, schloss Alma Pöysti 2007 ihr Studium an der Universität der Künste in Helsinki mit einem Master ab. Seitdem hat sich Pöysti sowohl als Theaterschauspielerin auf namhaften Bühnen im skandinavischen Raum, als auch vor der Kamera einen Namen gemacht. Ihren Durchbruch als Filmschauspielerin hatte sie 2020, als sie die Hauptrolle in dem Spielfilm „Tove“ (Regie: Zaida Bergroth) über die bekannte finnische Autorin und Malerin Tove Jansson übernahm, für die sie mit dem Finnischen Filmpreis als beste Schauspielerin geehrt wurde. Alma Pöysti war in verschiedenen skandinavischen TV- und Filmproduktionen zu sehen, darunter die Serie „Helsinki Crimes“, „Blackwater“ und in dem Debütfilm „Four Little Adults“, für den sie bei Gothenburg Film Festival 2023 den Preis als beste Schauspielerin erhielt. Neben ihrer Rolle in FALLENDE BLÄTTER wird Alma Pöysti demnächst in einer Hauptrolle in dem Spielfilm „A Day and a half“ von Fares Fares und in dem neuen Film „Orenda“ von Pirjo Honkasalo zu sehen sein.



USSI VATANEN (Holappa)

Jussi Vatanen wurde 1978 geboren. Seinen Durchbruch feierte er mit Hauptrolle in der schwarzen Komödie „Lapland Odyssey“ (Regie: Dome Karukoski) feierte. Seitdem war er regelmäßig in verschiedenen TV- und Filmproduktionen vor der Kamera zu erleben. Bekannt ist er unter anderem für seine Rollen in „The Unknown Soldier“ (2017, Regie: Aku Louhimies) – ein Film, der alle Box Office-Rekorde in Finnland gebrochen hat – und für seine Rolle als Zaney im Spielfilm „Dark Corners“ von Richard Parry 2021. Darüber hinaus war Vatanen 2020 in „Forest Giant“ (Regie: Ville Jankeri) zu sehen und erhielt dafür eine Nominierung als bester Schauspieler beim Finnischen Filmpreis 2020. Zuletzt war Jussi Vatanen in der Krimiserie „Man in Room 301“ (2019) zu sehen, die in der Reihe Cannes-series lief sowie in der Hauptrolle in dem Thriller „The Man Who Died“ (Regie: Samuli Valkama).


MAUSTETYTÖT (Musik)

Das finnische Pop-Duo Maustetytöt besteht aus Anna (Gitarre) und Kaisa (Keyboard) Karjalainen. Die Musik der Schwestern besticht durch eingängige Melodien, kombiniert mit düsteren Texten und einer unverwechselbar lakonischen Perfomance. Maustetytöt gehört zu den bekannten Größen der Pop-Avantgarde Finnlands, aber auch weit über die Grenzen Skandinaviens hinaus sind sie inzwischen bekannt. Allein ihre erste Single „Tein kai lottorivini väärin“ („Ich muss den Lotto-schein falsch ausgefüllt haben“) wurde auf Spotify mehr als fünf Millionen mal gestreamt.
In FALLENDE BLÄTTER haben Maustetytöt ihren ersten Auftritt in einem Film.
Permalink zum ArtikelDiese Adresse können sie verwenden, um von ihrer Seite, ihrem Blog etc. direkt auf den Artikel zu verweisen.
Klicken sie dazu auf den Link und verwenden die Adresse in der Adressleiste, oder klicken mit der rechten Maustaste hier und kopieren den Link direkt.
Nach oben scrollenKlicken sie hier um schneller an den Anfang der Seite zu gelangen.
Autor: Siehe Artikel
Mittwoch 13.09.2023
VOLL INS LEBEN
Ab 14. September 2023 im Kino
Bilder
Bilder
Bilder
Bilder
Tridan Lagache (Dany Boon) hat sein ganzes Leben im Club Med verbracht und damit alle 8 Tage seine Freunde gewechselt. Im Alter von 50 Jahren verlässt er den mexikanischen Urlaubsclub, in dem er geboren wurde, um seine große Kindheitsliebe Violette zu finden – nach 42 Jahren! Naiv und verloren kommt Tridan in Paris an und freut sich, bei Louis (Kad Merad) unterzukommen, seinem Halbbruder, von dem er gar nichts wusste. Der möchte den mühsamen Tridan aber lieber wieder loswerden. So bittet Louis eine seiner Eroberungen, Roxane (Charlotte Gainsbourg), als die Violette aufzutreten, von der Tridan glaubt, dass er sie auf den ersten Blick wieder erkennen wird …


Ein Film von Dany Boon
Mit Dany Boon, Kad Merad, Charlotte Gainsbourg u.a.

Mit „Willkommen bei den Sch’tis“ schuf Dany Boon den bislang erfolgreichsten französischen Film in Frankreich. Auch in der Komödie LIFE FOR REAL übernimmt Kad Merad („Willkommen bei den Sch’tis“, „Ein Triumph“) eine Hauptrolle: Diesmal bringt er Dany Boons herausragenden Humor und die grandiose Situationskomik gemeinsam mit Charlotte Gainsbourg („Heute bin ich Samba“) – und natürlich Dany Boon selbst – auf die Kino-Leinwand. Dany Boon gewinnt hier seine warmherzige Komik aus der hinreißenden Naivität und Begeisterungsfähigkeit seiner Figur, die auf Kad Merad und Charlotte Gainsbourg als unverbindliche und oberflächliche Großstädter trifft. Vor dem weltläufigen Flair der Stadt Paris als Kulisse inszeniert Dany Boon seine Charaktere mit mitreißenden Gags, überraschenden Wendungen und einer großen Portion Herzlichkeit.


INTERVIEW MIT DANY BOON

Der Film beginnt im Club Med und zeigt die Jugend von Tridan, ihrer Figur. Stammt die Idee für die Geschichte von einem wirklichen Ausflug in solch ein Feriendorf?
Das ist in der Tat der Fall. Während ich mich mit meinen Kindern im Club Med aufhielt, unterhielt ich mich mit dem Manager des Restaurants. Er war französischer Herkunft, hatte aber nie in Frankreich gelebt. Seine Eltern lernten sich im Club kennen – wie in dem Film. Die Mutter wurde schwanger und arbeitete auch nach seiner Geburt dort weiter. Er folgte schließlich der Familientradition. Ich fragte im Scherz: „Aber über das Leben da draußen weißt du eigentlich nichts, oder?" Das war natürlich übertrieben, aber ich hatte sofort das Gefühl, dass dies ein guter Ausgangspunkt für ein Drehbuch sein würde.

Sie mussten die Details etwas ausmalen, um die Geschichte zu konstruieren.
Es galt herausfinden, warum Tridan in 50 Jahren noch nie einen Fuß außerhalb des Clubs gesetzt hatte und schließlich, warum er nun plötzlich diesen Schritt wagte. Ein Film über einen Gentil Organisateur (G.O.), der direkt aus dem Club Med kommt und keine Ahnung von der Außenwelt hat, ist ein klassisch komisches Vehikel, würde aber nicht über die volle Länge tragen. Sobald die erwartbaren Gags und Situationen erschöpft sind, müssen wir uns auf eine echte Geschichte einlassen. Da kam mir die Idee, dass Tridan sich auf die Suche nach seiner Jugendliebe machen könnte. Ein kleines Mädchen, das eines Sommers seinen Weg kreuzte und sein Leben für immer veränderte.

Basiert das auch auf persönlichen Erinnerungen?
Während der Dreharbeiten zu Die Sch’tis in Paris – Eine Familie auf Abwegen tauchte meine Mutter mit meiner Kindheitsliebe und einem Lächeln im Gesicht am Set auf, wie um mir zu sagen ‘Schau mal, wen ich gefunden habe‘. Es stellte sich heraus, dass die beiden Nachbarinnen sind. Ich war froh, Valérie wiederzusehen, aber es war auch ein wenig unangenehm. Das hat meine Mutter zum Lachen gebracht! Ich war acht Jahre alt, als wir uns kennenlernten, und ich bin mir dessen bewusst, dass es allen so geht. Also stellte ich mir vor, dass, obwohl die Touristen im Club jede Woche wechseln, Tridan nie die Begegnung mit Violette vergessen hat. Tridan hat nichts aus seinem Leben gemacht. Er hat sich vollkommen seinem Job und anderen Menschen verschrieben, aber dabei sich selbst vergessen. Jetzt will er plötzlich die Frau finden, zu der das kleine Mädchen geworden ist.

Im Gespräch berichten fast alle G.O.s, wie schwierig es ist, in ein normales Leben außerhalb des Clubs zurückzukehren, insbesondere in Bezug auf die Beziehungen zu anderen Menschen. Das sieht man sehr gut, in dem Moment als Tridan anfängt zu weinen, wenn er einen Stadtbus wegfahren sieht, oder wenn er die Leute in der U-Bahn begrüßt, als er in Paris ankommt.
Ja. Die G.O.s, die ich im Rahmen der Vorbereitung traf, bestätigten das alle. Es fällt ihnen schwer, in die Realität einer Stadt zurückzukehren, mit öffentlichen Verkehrsmitteln und den anonymen Beziehungen. Club Med ist kein Partner des Films, aber ich musste ihre Zustimmung einholen. Ich beruhigte sie schnell, indem ich betonte, dass mich vor allem die Menschlichkeit meiner Figur interessierte. Tridan ist freundlich und kontaktfreudig. Er ist ein liebenswerter Kerl, der die Welt entdeckt, wie sie heute ist. Sobald er den Club verlässt, sieht er sich einer egoistischeren, kühleren Gesellschaft gegenüber als der geschlossenen Blase eines Feriendorfes. Tridan grüßt natürlich jeden, den er trifft. Aber das gilt auch für Nordfrankreich. Man grüßt die Menschen, auch wenn man sie nicht kennt! Ich habe das als Kind so praktiziert, aber die Welt war damals vermutlich weniger feindselig und auch weniger beängstigend als heutzutage.

Tridan mag etwas vom wirklichen Leben abgekoppelt sein, aber das macht ihn noch nicht zu einem kompletten Außenseiter.
In diese Falle wollte ich nicht tappen. In den ersten Entwürfen des Drehbuchs hatte ich mir vorgestellt, dass Tridan keine Ahnung vom Internet hat. Aber das hätte ihn zu schrullig und unbeholfen gemacht, fast geistig nicht auf der Höhe, und es funktionierte nicht. Nach und nach habe ich alles rausgenommen und wir sehen jetzt sogar, wie er seine Reise online vorbereitet, sich Bilder von Paris anschaut und plötzlich automatisierte Warnungen vor Unruhen bekommt, basierend auf den Algorithmen seiner Suchanfragen. In diesem Moment entdeckt er den bedrohlichen und unangenehmen Aspekt des Netzes. Er hat dennoch eine etwas simple, aber unschuldige Vision von der Liebe. Als er Louis, seinen Halbbruder, kennenlernt, begegnet er einem Mann, der eine Reihe von Beziehungen unterhält. Mit einer Wischgeste springt er zur Nächsten. Ich erinnere mich an eine junge Frau, die mich im Olympia besuchte und mir berichtete, dass sie allein gekommen war, weil ihr Date, mit dem sie auf einer dieser Seiten gematcht hatte, während des gesamten Abendessens vor der Show surfend mit der Suche nach anderen Frauen verbracht hatte! Das erschien mir unglaublich, aber in Gesprächen mit 30- bis 40-Jährigen, die diese Apps häufig nutzen, wurde mir klar, dass dies häufiger vorkam.

Von allen Figuren in Ihren Filmen ist dies sicherlich die unschuldigste, manchmal fast poetischste Rolle, deutlich zu sehen bei der Taube, die Tridan zu Louis nach Hause bringt.
Ich wollte, dass es dem Film und der Geschichte dient. Die Kostüme spielen auch eine Rolle, zum Beispiel das zeitlose Outfit, das er am Anfang trägt, ein Bohème-Look, den sich meine Kostümbildnerin Laetitia Bouix ausgedacht hat. Und die Taube ist auch Tridans Art, ein wenig seines ursprünglichen Selbst in eine Großstadt wie Paris zu transportieren. Der Vogel als Symbol verdeutlicht, was die beiden Charaktere trennt, Louis sieht eine Ratte und Tridan antwortet: „Nein, Ratten haben keine Flügel." Auf diese Idee bin ich auch dank meiner Mutter gekommen. Einer ihrer Freunde aus Quebec hob auf einem Parkplatz eine Taube auf, die halbtot, unter dem Reifen eines Autos lag. Er pflegte sie gesund, steckte sie in eine mit Baumwolle ausgeschlagene Kiste, brachte ihr wieder das Laufen bei und filmte sie mit seinem Telefon. Er wollte ihr wieder das Fliegen beibringen, aber die Taube ist gestorben! Tridan behandelt Vögel wie Menschen, im Gegensatz zu Louis, der die Menschen, die in seinem Mietwagen fahren, als Mittel sieht, um so viel Geld wie möglich zu verdienen und seine Schulden zu begleichen. Während Tridan die Menschen fragt, wie sie sich fühlen, was sie mit ihrem Leben anfangen, macht Louis einfach weiter und verschwendet keinen Gedanken an seine Mitmenschen. Er ist härter geworden, vermeintlich um sich zu schützen, aber jeden Tag sinkt er ein bisschen tiefer. Tridan versucht, ihn davon zu überzeugen, wieder zu träumen und an das Leben zu glauben. Am Ende lernen sie beide voneinander. Louis stellt ihn der Welt vor und Tridan hilft ihm, mehr Empathie für andere Menschen aufzubringen.

Louis könnte in der Tat ein düsterer Charakter sein, abgesehen von seinem chicen Auto hat er so ziemlich alles verloren.
Und genau deshalb zerstöre ich es im Film! Louis steht für den Nachhall bestimmter Erlebnisse und Beobachtungen, basierend auf meinem ersten Besuch in Paris. Wie schwer es ist, in einem Dienstmädchenzimmer zu leben und noch Schlimmeres. Ich hatte einen Freund, der auch eine One-Man-Show realisieren wollte, der es aber nicht geschafft hat. Irgendwann lebte er in seinem Auto. Über seine Scheidung, die komplizierten Beziehung zu seinem Sohn und seine Geldsorgen ist Louis völlig gefühllos geworden. Die überraschende Ankunft seines Halbbruders wird nicht dazu beitragen, die Dinge besser zu machen. Er versucht sogar, seine zwanghaften Beziehungen zu Frauen, insbesondere zu Roxane, zu benutzen, um Tridan loszuwerden, indem er ihn glauben lässt, sie sei Violette.

Sie haben Kad Merad die Rolle des Louis gegeben. Damit bringen Sie das Duo aus Willkommen bei den Sch‘tis und Super-Hypochonder wieder zusammen. Es ist 10 Jahre her, dass Sie das letzte Mal zusammengearbeitet haben. Wie sind Sie auf diese Idee gekommen?
Ich musste einen Grund dafür finden, warum Tridans Familie nie nach Frankreich zurückgekehrt ist. Ich stellte mir vor, dass sich sein Vater (Maxime Gasteuil) in Paris etwas geleistet hatte. Er schwängerte eine Frau und als eine Art Widergutmachung hinterließ er den Schlüssel zu seiner Wohnung. Dann ward er nie wieder gesehen. Als ich daran dachte, dass Tridan irgendwann herausfinden würde, dass er einen Halbbruder hat und der auch noch in der Wohnung ihres Vaters lebt, konnte ich mir nur noch Kad Merad in der Rolle vorstellen.

Ich gehe davon aus, dass Sie um jeden Preis vermeiden wollten, Material von Ihrer früheren Zusammenarbeit wieder aufzuwärmen, ist das richtig?
Absolut. Deshalb wurde ihre Beziehung von Anfang an als sehr konfliktreich dargestellt. Ich wollte einen fruchtbaren Boden schaffen, um fantastisch komische Situationen zu entwickeln, die trotzdem völlig anders sein sollten als bei den Vorgängern. Kad und ich haben eine großartige Chemie, es ist fast wie Alchemie. Und die ermöglicht uns, Gags während des Drehs zu entwickeln. Die Szene, in der ich ihm meine Zahnpasta in den Nacken spucke, stand nicht im Drehbuch. Ich nahm einen Alka-Seltzer und etwas Sprite in den Mund, damit es wie verrückt schäumte, und als ich sah, wie Kad sich über das Waschbecken beugte, da konnte ich nicht anders! Natürlich haben wir uns beide weggeschmissen, also mussten wir noch einen zweiten Take drehen, in dem wir die Dialoge und die Situation improvisierten. Diese spontanen Momente funktionieren, weil wir uns so gut kennen. Ständig versuchen wir, einander zu überraschen, aber auch uns dabei zu helfen, das Beste aus uns herauszuholen.

Ihr Duo wird zu einem Trio, als Charlotte Gainsbourg in der Rolle der Roxane auftaucht und Tridan meint, in ihr seine Jugendliebe Violette wiederzuerkennen. Sie ist eine großartige Besetzung!
Beim Schreiben stellte ich mir Schauspielerinnen vor, mit denen ich schon zusammengearbeitet hatte, aber Fünfzigjährige, die im komischen Fach auftreten können, sind ziemlich schwer zu finden. Ich wollte auch etwas Neues ausprobieren mit dieser so wichtigen weiblichen Rolle in der Geschichte. Wir mussten ein echtes Trio bilden. Wie es der Zufall will, hatte Charlotte 8 Rue de l’Humanité gesehen und mochte ihn wirklich. Also bekam ich diese süße Nachricht: „Du hast schon Yvan (Attal) engagiert, wann arbeiten wir zusammen?" Wäre das nicht der Fall gewesen, hätte ich mich wahrscheinlich nicht getraut, ihr die Rolle anzubieten. Also habe ich das Drehbuch umgeschrieben, um es für Charlotte passender zu machen, und das hat die Geschichte tatsächlich bereichert. Charlotte ist so strahlend, gleichzeitig sanft und schüchtern, und sie vermag es, Situationen plötzlich umzudrehen und sich etwas unwiderstehlich Lustiges einfallen zu lassen. Ihre Figur ist eine manchmal exzessive Fünfzigjährige, die tief in ihrem Inneren Angst hat, allein in einer Großstadt wie Paris zu landen, wegen des Umgangs der Gesellschaft mit Frauen ihres Alters. Es war mir wichtig, dieses Thema in eine Komödie einzubauen.
Sie ist unglaublich. Der Drehplan sah vor, dass sie mich gleich in ihrer ersten Szene in der Wohnung anspringt und sich als Violette ausgibt. Es ist eine sehr komische Szene und ein Schlüsselmoment im Film, insofern als dass Roxane inmitten des Gerangels zwischen Tridan und Louis die Oberhand gewinnt und die Bedingungen diktiert. Der Blick in Kads Augen, als er begreift, dass er die Kontrolle verloren hat! Das Großartige an Charlotte ist, dass sie sich wirklich etwas traut. Als sie das Drehbuch las, überzeugte sie mich davon, Details zu ergänzen, die ich versucht hatte, zu beschönigen, weil ich dachte, sie könnten Charlotte verschrecken! Sie ist die perfekte Verkörperung dieser Figur, die sowohl stark als auch auf sich allein gestellt ist. In ihr spiegelt sich das Verhältnis der Gesellschaft zu Frauen und zwischen den Geschlechtern. Dann überwindet Tridan plötzlich den äußeren Schein und nimmt Roxane wirklich wahr. Das wird auch sein Leben verändern.

Wie haben Sie es hinbekommen, Charlotte Gainsbourg einen gleichberechtigten Platz an der Seite ihres symbiotischen Duos zu verschaffen?
Darauf achte ich immer sehr genau. In den Szenen im Pure Café habe ich dafür gesorgt, dass Tatiana Goussef, die ich seit meinem 20. Lebensjahr kenne, in der Rolle der Besitzerin, genauso eine Chance bekommt, zu glänzen wie Charlotte, Kad und ich. In der Regel mache ich zuerst eine Drehbuchlesung mit allen Schauspielern, um zu sehen, ob die Chemie stimmt. Es ist nie die endgültige Version des Dialogs, aber ich bekomme so die Möglichkeit, zu sehen, was funktioniert und was nicht. Das ist keine leichte Übung für den Autor, aber es ist nötig, damit man Überarbeitungen vornehmen kann und schließlich für das Shooting bereit ist. Da ich bei meinen Filmen sowohl Schauspieler als auch Regisseur bin, hält mich das ganz schön auf Trab! Also ja, ich habe dafür gesorgt, dass Charlotte sich wohlfühlt, aber sie passte auch wunderbar in das Team. Am Vorabend der ersten gemeinsamen Szene von uns dreien, lud ich die beiden zum Abendessen in ein kleines japanisches Restaurant mit Tischen im Freien ein, um die Dinge aufzulockern, falls es noch Bedarf geben sollte!

VOLL INS LEBEN ist ihr achter Film als Regisseur. Wenn man ihn betrachtet, wird deutlich, wie wichtig die technische Seite der Dinge geworden ist, die Beleuchtung, die Kulissen, die Kostüme. Jede dieser Abteilungen ist unerlässlich.
Ich wollte, dass der Film schön anzusehen ist. Heutzutage habe ich mehr Ressourcen und Zeit zur Verfügung als zu Beginn meiner Karriere, aber die Liebesgeschichte im Mittelpunkt des Films, verlangte danach umso mehr. Ich glaube, ich bin handwerklich besser geworden, obwohl es mir schwerfällt, das zu beurteilen. Ich habe Willkommen bei den Sch’tis vor einiger Zeit wieder gesehen und fand ihn wirklich charmant. Können Sie sich das vorstellen? Wir haben damals noch auf 35mm gedreht. Ich erinnere mich daran, wie ich mit dem Filmmaterial und dem Wetter gerungen habe! Ich hatte schon viel Wert auf die Beleuchtung gelegt, aber es stimmt, ich bin stolz darauf, was wir bei VOLL INS LEBEN erreicht haben. Dass meine Sets nicht wie Sets aussehen, war mir schon immer wichtig! Ich bin mir insofern nicht sicher, ob ich im Laufe der Jahre technisch besser geworden bin, oder ob ich jetzt einfach weiß, was ich nicht will. Sobald ich ein packendes Thema gefunden habe, über das ich schreiben kann, benötige ich für die Ausarbeitung der Geschichte und die Charakterentwicklung weniger Zeit als früher. Ich denke auch, dass man die Schönheit eines Motivs erst richtig wahrnimmt, wenn die Emotionen der Figuren voll zum Tragen kommen. Während des Drehs schreibe ich neue Szenen und berate mich ständig mit meinen Gewerken(Pierre Renson für die Sets, Glynn Speeckaert für Kamera und Laetitia Bouix für die Kostüme). Sie alle haben Spitzenarbeit geleistet, ganz zu schweigen vom Schnitt, der natürlich genauso wichtig ist.
(Quelle: Verleih)
Permalink zum ArtikelDiese Adresse können sie verwenden, um von ihrer Seite, ihrem Blog etc. direkt auf den Artikel zu verweisen.
Klicken sie dazu auf den Link und verwenden die Adresse in der Adressleiste, oder klicken mit der rechten Maustaste hier und kopieren den Link direkt.
Nach oben scrollenKlicken sie hier um schneller an den Anfang der Seite zu gelangen.
Autor: Siehe Artikel
Donnerstag 07.09.2023
DALiLAND
Ab 07. September 2023 im Kino
Bilder
Bilder
Bilder
Bilder
1974 verbringt der 70-jährige Surrealist Salvador Dalí (BEN KINGSLEY) wie jedes Jahr zusammen mit seiner Frau und Muse Gala (BARBARA SUKOWA) ein paar Monate im St. Regis Hotel in New York. Der junge Galerieassistent James Linton (CHRISTOPHER BRINEY) wird von Dalí überraschend gebeten, ihn bei den Vorbereitungen für eine neue Ausstellung zu unterstützen. Und damit führt der Weg direkt in das schillernde DALíLAND, eine von Models, Musik- und Filmstars sowie einer bunten Mischung aus High und Low Society bevölkerten Welt. Im Zentrum der alternde exzentrische Künstler Dalí, der alle mit seiner Genialität beeindruckt, und gleichzeitig eine berührende Verletzlichkeit offenbart, besonders in Hinblick auf seine Frau. Als Gala sich in einen aufstrebenden jungen Musical-Star verguckt und ihn großzügig finanziert, riskiert sie damit nicht nur den gemeinsamen Ruin, sondern bringt auch die fast fünfzigjährige Ehe ins Wanken.
Im Mittelpunkt von DALíLAND stehen die späteren Jahre der seltsamen und faszinierenden Ehe zwischen Salvador Dalí und seiner tyrannischen Frau Gala, als ihre scheinbar unerschütterliche Bindung zu zerbrechen beginnt. Dabei wird als Gegenpol zur Glam-Rock-Ära Manhattans der 1970er in einer Reihe von Rückblenden die Geschichte der intensiven Liebe von Dalí und Gala gezeigt.
Die Titelrolle des alternden Salvador Dalí wird von Oscar®-Preisträger Sir Ben Kingsley verkörpert („Schindler’s List“, „Gandhi“), Barbara Sukowa („Gloria Bell“, „Hannah Arendt“) spielt Dalís Frau und Muse Gala, und Newcomer „Christopher Briney“ ist in der Rolle des James zu sehen. Zum Hauptcast gehören außerdem Rupert Graves („Emma“, „Sherlock“) als Sekretär Captain Moore, Andreja Peji? („Verschwörung“) als Amanda Lear, Alexander Beyer („Deutschland 83“ „München“) als Dalís Galerist, Ezra Miller („Justice League“) und Avital Lvova („Treason“) spielen Dalí und Gala als junges Paar. Regie führte Mary Harron („American Psycho“, „I Shot Andy Warhol“), das Drehbuch schrieb John Walsh („Pipe Dream“) und für die Kamera zeichnet Marcel Zyskind („Falling“, „Mammoth“) verantwortlich.

Ein Film von Mary Harron
Mit Ben Kingsley, Barbara Sukowa, Rupert Graves, Christopher Briney und Andreja Peji? u.a.

Die Regisseurin Mary Harron und Drehbuchautor John C. Walsh über das Projekt „Vor ungefähr sieben Jahren erhielt ich einen Anruf von Ed Pressman, der auch meinen Film AMERICAN PSYCHO produzierte. Er erzählte mir, dass sein Freund David O. Sacks und seine Firma Room 9 ein Projekt über das Leben von Salvador Dalí entwickelt hatten. Mein erstes Gefühl war, dass ich mich bereits in I SHOT ANDY WARHOL der Arbeit einer Künstlerikone widmete und mich nicht nochmal auf ein ähnliches Terrain begeben wollte.“
Als Mary Harron jedoch das bisher recherchierte Material ihrem Ehemann, dem Filmemacher John C. Walsh, zeigte, hatte dieser eine Idee, die ihre Einstellung zu dem Projekt völlig änderte. „Was ich an der vorliegenden Geschichte, mit der sie arbeiteten, am überzeugendsten fand, war Dalís Angst vor dem Tod“, erklärt Drehbuchautor John C. Walsh. „Das machte ihn sehr menschlich. Es war wichtig, die Person hinter der Fassade zu zeigen und Elemente in ihm zu finden, mit denen sich jeder identifizieren kann. Auch, wenn er ein außergewöhnliches Genie war, gab es doch universelle Ähnlichkeiten zu uns allen. Wir waren uns einig, dass dies kein klassisches Biopic werden würde. Dalís Leben und Karriere erstreckten sich über sechs Jahrzehnte. Das in einen zweistündigen Film zu pressen, wäre unmöglich. So beschlossen wir, den Zeitrahmen kurz zu halten und den Schwerpunkt nicht so sehr auf den Künstler, sondern auf den Menschen Salvador Dalí zu legen.“
„Mary und ich liebten auch Gala, aber sie wurde in den vorherigen Versionen überhaupt nicht als Figur entwickelt. Wir beschlossen ihre Rolle auszubauen und waren von der Idee begeistert, einen Einblick in diese turbulente und verwirrende Ehe zu gewähren.“
Da Gala und Dalí in ihrem Verhalten und in ihrer Beziehung so „weltfremd“, aber auch faszinierend und lustig waren, brauchte die Geschichte einen Bezugspunkt, in dem sich das Publikum wiederfindet.
So entschieden sich Harron und Walsh für die Erschaffung der Figur James, ein junger Mann, der sich in die Welt der beiden begibt und hofft, von seinem Helden Dalí zu lernen. Die eigene persönliche und berufliche Beziehung der beiden Filmemacher floss ebenfalls mit ein, diese
ungewöhnliche Ehe zu untersuchen, erklärt Harron: „Die Ehe von Dalí und Gala war offensichtlich viel ungestümer als unsere. Es war wirklich eine stürmische, unbeschreibliche Ehe. Ich hörte Gala sagen, sie hätte Dalís Karriere mehr als jeder andere gefördert und mehr als jeder andere geschädigt. Das ist ein interessantes Paradoxon.“
Ein weiteres Element, das Harron und Walsh durchleuchten wollten, war der älter gewordene Dalí im New York der 1970er Jahre, der mit Leuten wie Alice Cooper Kunst machte und im Studio 54 abhing: „Er lebte zwar das moderne 70er-Jahre-Leben, aber wir alle kennen ihn als den Surrealisten der 1930er Jahre“, sagt Harron.
Das New York der 1970er Jahre liegt Mary Harron sehr am Herzen, da sie 1975 mit 22 Jahren nach dem College selbst dorthin zog. Es war eine sehr entdeckungsreiche Zeit für sie, als die New Yorker Punkszene aufkam: „Als junger Mensch, der naiv, unbescholten und sehr offen war, passierten mir die erstaunlichsten Dinge. Ich wurde zu Partys eingeladen, von denen ich nie zu träumen gewagt hätte, Leute gaben mir Jobs und für ein paar Jahre stieg ich auf dieses Karussell auf. Ich wollte einen Film machen, der an diese wunderbare Zeit in meinem Leben erinnert. Also schufen wir James, den New Yorker Galerieassistenten, der zu Dalís Assistenten wird und ebenfalls auf dieses wahnsinnige Karussell steigt. Aber irgendwann muss das Karussell natürlich anhalten“, sagt Harron, „oder man wird abgeworfen“, fügt Walsh hinzu.
Permalink zum ArtikelDiese Adresse können sie verwenden, um von ihrer Seite, ihrem Blog etc. direkt auf den Artikel zu verweisen.
Klicken sie dazu auf den Link und verwenden die Adresse in der Adressleiste, oder klicken mit der rechten Maustaste hier und kopieren den Link direkt.
Nach oben scrollenKlicken sie hier um schneller an den Anfang der Seite zu gelangen.
Autor: Siehe Artikel
Donnerstag 31.08.2023
SOPHIA, DER TOD & ICH
Ab 31. August 2023 im Kino
Bilder
Bilder
Bilder
Bilder
Der Tod (Marc Hosemann) steht vor der Tür von Reiner (Dimitrij Schaad) und erklärt ihm, dass er in drei Minuten sterben wird. Eine Verkettung irrwitziger Umstände, bei denen Reiners Ex-Freundin Sophia (Anna Maria Mühe) eine entscheidende Rolle spielt, verhindert jedoch das prompte Ableben. Stattdessen finden sie sich auf einer chaotischen Reise wieder, die zunächst zu Reiners Mutter (Johanna Gastdorf) und schließlich seinem kleinen Sohn Johnny (Mateo Kanngiesser) führt – mit von der Partie der Tod, der das irdische Leben zu genießen scheint.
Verkompliziert wird alles durch einen zweiten Tod (Carlo Ljubek), der die Killermission vollenden soll. Ganz offensichtlich ist das Geschehen dem scheinbar allmächtigen G. (Josef Ostendorf) und seinem Erzengel Michaela (Lina Beckmann) entglitten...
Rund 20 Jahre währt die Film- und Fernsehkarriere von Charly Hübner. Parallel zu seinen Erfolgen als Schauspieler hatte der Darsteller, dessen Palette von Rosa Praunheims DER ROSA RIESE über den Rostocker „Polizeiruf 110“ bis zum Kinoerfolg MITTAGSSTUNDE reicht, auch immer Lust, einmal Regie zu führen. DCM, mit denen er 2014 bei BIBI & TINA zusammenarbeitete, wusste von seinen Absichten und bot ihm 2016 die Adaption des gefeierten Debütromans von Kultmusiker Thees Uhlmann (Tomte) an.
Gemeinsam mit der Autorin Lena May Graf (WIR LIEBEN DAS LEBEN) brachte Charly Hübner den Stoff zur Drehreife.
Im Frühjahr 2022 fanden die Dreharbeiten in Hamburg, Berlin, Brandenburg und Bayern statt. Für die Rolle des Reiner fand Charly Hübner mit Dimitrij Schaad (DIE KÄNGURU VERSCHWÖRUNG) eine idealtypische Besetzung, Sophia wurde übernommen von Anna Maria Mühe („Solo für Weiss“) und der Tod selbst wird gespielt von Marc Hosemann („Die Discounter“), gefeiert für seine Darstellung des Mephisto an der Berliner Volksbühne.
Reiners Mutter wurde besetzt mit Johanna Gastdorf („KDD – Kriminaldauerdienst“), außerdem übernahm Charly Hübner selbst eine kleine Rolle.
Zu seinen Mitstreitern hinter den Kulissen gehört Kameramann Martin Farkas, den Charly Hübner aus gemeinsamen „Polizeiruf“-Drehs und von seiner Kinodokumentation WILDES HERZ kannte, sowie Szenenbildnerin Dorle Bahlburg und Kostümbildnerin Ulé Barcelos (SYSTEMSPRENGER).
Den Schnitt übernahm Eva Schnare (LINDENBERG! MACH DEIN DING), für die Filmmusik übernahm Charlotte Goltermann (HERR LEHMANN) die Beratung und brachte Charly Hübner (die Idee ist gemeinsam entstanden) mit dem Musikerinnen-Duo Steiner & Madlaina zusammen, die neben Thees Uhlmann, Ansa Sauermann einen Großteil der Songs für den Scores beisteuern.


VOM HÖHLENKLOSTER IN DIE MÄRCHENWELT - DIE ANFÄNGE

Streng genommen begann die Regielaufbahn von Charly Hübner vor 32 Jahren. Der Abiturient und angehende Schauspielschüler zog damals in den Bauernhof des Schauspielerpaars Bettina Mahr und Dieter Unruh ein. Bei den beiden begann er nicht nur das Handwerk zu lernen, mit dem er sich in den folgenden Jahrzehnten deutschlandweit einen Namen machen sollte, sondern beschäftigte sich auch mit Fragen der Inszenierung: „Ich habe damals schon die Regie immer mitgedacht und schon entsprechende Konzepte entworfen. Aber dann habe ich mich auf die Schauspielerei konzentriert, weil mir das der gangbarere Weg erschien.“
Den Gedanken, selbst Geschichten in Bilder umzusetzen, gab er währenddessen nie auf, entwickelte rein privat so unterschiedliche Projekte wie eine deutsche Adaption des amerikanischen Thrillerdramas FALLING DOWN oder ein Drehbuch über ein Mönchskloster in Kiew. Allerdings
fehlten ihm Zeit und Fokus für die Umsetzung. „Ich sagte mir: Irgendwann wird es kommen, und wenn nicht, dann soll es nicht so sein.“
Doch im Jahr 2014/2015 mehrten sich die Zeichen, dass es so sein sollte, wenngleich der erste Anlass etwas unerwartet kam.
In diesen Jahren spielte er für DCM in drei BIBI & TINA- Filmen die Rolle des Hans Kakmann, und in einer der gemütlichen Abendrunden kam das Thema auf, dass er auch gerne mal Regie führen würde.
Ein Jahr später bekamen Produzentin Sonja Schmitt und DCM den Erstlingsroman von Thees Uhlmann, des Sängers der Kultband Tomte, noch vor Veröffentlichung zu lesen. In „Sophia, der Tod und ich“ berichtet der Ich-Erzähler, wie der Tod bei ihm an der Tür klingelt, doch anstatt ihn abzuholen, geht er erst einmal mit dem Protagonisten und dessen Ex-Freundin in eine Kneipe und dann auf eine Reise quer durch Deutschland. „Wir waren sofort vom Roman begeistert und wollten ihn partout verfilmen. Bei den Überlegungen wer für die Regie in Frage kommt, kamen uns die Gespräche mit Charly wieder in den Sinn und da er so ein unglaublicher Vielleser und Buchkenner ist, kannte er natürlich auch den Roman. Deshalb sagte er auf unsere Anfrage auch direkt zu.
Passenderweise kannte Charly Hübner auch Thees Uhl- mann und dessen musikalisches Schaffen. Die Lektüre bestätigte Schmitts Gefühl, dass diese Geschichte genau auf seiner Wellenlänge lag „Sie hat eine innere Theatralik und sie spielt in dem, was mich in meiner Arbeit reizt, nämlich diesem Aufeinandertreffen von interpretierbarer Wirklichkeit und abstrusem Fantasykram. Und sie ist in der Kultur des skandinavischen und britischen Humors ganz trocken heruntergeschrieben.“ Auch fühlte er sich von dem Konzept der Hauptfigur angesprochen: „Das ist ein Zögling der Bildungsbürgergesellschaft, der alles verstanden hat, aber für den sich keiner interessiert. Er pflegt alte Leute und ansonsten ist er komplett antriebslos. Das alles war für mich so viel Input, dass ich dem nachgehen wollte.“
Ein weiteres Schlüsselthema, das für ihn eine ganz besondere Bedeutung hatte, war die Auseinandersetzung mit Tod und Sterben: „Ich habe mir immer gedacht: Warum fangen wir erst kurz vor Schluss an, uns damit zu beschäftigen? Am Leben ist nur eines klar – dass es enden wird. Wenn wir darin eintreten, dann gibt es eine stehende Verabredung: ‚Death will come.‘ Er ist wie ein Partner oder ein Schatten, der neben einem herläuft.“
Der Roman war für Hübner „eine Art Märchen, die dieses philosophische Thema einfängt“. Er ließ dabei für sich die Lesart zu, dass sich das ganze Geschehen nur im Kopf des Helden abspielt und seine Unterhaltungen mit dem Tod „auch eine Art Selbstgespräch“ sind.
Doch der Weg dieser Geschichte auf die Leinwand sollte auch einer Märchenregel folgen: Er dauerte geschlagene sieben Jahre.


HÖHERE MÄCHTE - DAS DREHBUCH
Die Länge dieser Reise hatte zum einen mit den zahlreichen schauspielerischen Aufgaben des Regisseurs in spe zu tun, und zum anderen damit, dass die Übertragung des Romans fürs Kino ihre Tücken hatte.
Eine der Fragen war, wie man mit den Spezialeffekt-Sequenzen, bei denen sich Thees Uhlmann unter anderem von den STAR WARS-Filmen inspirieren ließ, umgeht: „So etwas kriegt man in Deutschland nicht finanziert oder schlecht umgesetzt.“
Außerdem gab es ein weiteres, grundlegendes Problem: „Wenn wir einfach einen Typen in der Realität einführen, der sich als Tod ausgibt, dann nimmt uns das der Zuschauer nicht ab. Das kann einfach ein Freak sein. Aber das Publikum muss akzeptieren, dass er kein echter Mensch ist.“
Die „Schlüsselidee“, um dieses Dilemma zu lösen, kam dann von Charly zusammen mit Lena May Graf, die als Drehbuchautorin zu dem Projekt stieß. Sie erfanden eine zusätzliche Erzählebene mit der quasi-göttlichen Figur des G. und Erzengel Michaela. Damit war das übernatürliche Wesen des Todes, der noch eine ganze Reihe von Kollegen hat, für jeden Zuschauer eindeutig. „Wir haben damit signalisiert, dass es nicht mit normalen Dingen zugeht,“ so Charly Hübner. Für eine weitere Eingebung sorgte eine höhere Macht der Filmgeschichte: Die Idee, dass die Damen und Herren des Himmels in einer Art Würstchenbude residieren, ist inspiriert von den Filmen Aki Kaurismäki: „Der Film spielt mit Zitaten des Kinos, und er sollte wie der Roman einen trockenen nordischen Humor haben. Da musste Kaurismäki her“, meint Charly Hübner. Nach den zwei Jahren Arbeit mit Lena May Graf wusste er schlussendlich „wo die Reise hingeht.“


MECKLENBURGISCHER BUDDHISMUS - DIE FINANZIERUNG
Im Rahmen der Finanzierung konnte Produzentin Sonja Schmitt das ZDF, mit Redakteurin Solveig Cornelisen und verschiedene Fördergremien mit ins Boot holen. Charly Hübner begleitete diese Verhandlungen „mit einem buddhistischen Gleichmut, den man als Mecklenburger hat“. Unterschiedliche Perspektiven waren für ihn durchaus nützlich: „Ich bin so sehr in der Welt von Thees Uhlmann zuhause, dass die Gefahr bestand, dass ich mich in einer isolierten Blase bewege. Da hat es geholfen, dass Menschen gesagt haben: ‚Ich weiß nicht, was du damit vor hast.‘ Denn das hat mich provoziert, zu erklären, warum man diesen Film anschauen soll.“
Und warum? „Es ist eine Geschichte über den Sinn des Lebens. Wenn man den hinterfragt, dann landet man bei diesen Antworten: 1. Familie bzw. kleinste soziale Einheit, 2. miteinander Spaß haben und Genießen. Am Ende geht es also darum: Wie leben wir? Und wie lebt es sich mit dem Tod an der Seite?“
Permalink zum ArtikelDiese Adresse können sie verwenden, um von ihrer Seite, ihrem Blog etc. direkt auf den Artikel zu verweisen.
Klicken sie dazu auf den Link und verwenden die Adresse in der Adressleiste, oder klicken mit der rechten Maustaste hier und kopieren den Link direkt.
Nach oben scrollenKlicken sie hier um schneller an den Anfang der Seite zu gelangen.
Autor: Siehe Artikel
Donnerstag 24.08.2023
THE INSPECTION
Ab 24. August 2023 im Kino
Bilder
Bilder
Bilder
Bilder
Ellis French (Jeremy Pope) ist ganz unten angekommen: Von seiner streng religiösen Mutter Inez (Gabrielle Union) aufgrund seiner Homosexualität verstoßen, landet er auf der Straße. Den Weg aus der Obdachlosigkeit und die Hoffnung, den Respekt seiner Mutter wiederzuerlangen, sieht er ausgerechnet bei den US-Marines. Im Bootcamp spürt er schnell, dass diese Gemeinschaft einen queeren Schwarzen Mann vor gegensätzlichste Herausforderungen stellt: Schikanen und Ausgrenzung muss er in gleichem Maße ertragen, wie sein muslimischer Mitrekrut Ismael. Einzig Drill Sergeant Rosales (Raúl Castillo) scheint Ellis zugewandt zu sein und übt eine starke sexuelle Anziehungskraft auf ihn aus. Die offene Feindseligkeit und Ausgrenzung nimmt weiter zu, dennoch gewinnt Ellis an Selbstbewusstsein und findet in dieser neuen Gemeinschaft Stärke und Anerkennung, die sein Leben und auch die Beziehung zu seiner Mutter verändern.

Ein Film von ELEGANCE BRATTON
Mit JEREMY POPE, GABRIELLE UNION, BOKEEM WOODBINE, RAÚL CASTRO, MCCAUL LOMBARDI u.a.

Regisseur und Autor Elegance Bratton erzählt mit diesem intensiven Drama seine persönliche Lebensgeschichte. Mit spürbarer Authentizität, wahrhaftigen Figuren sowie dynamischen und immer wieder humorvollen Tönen geht THE INSPECTION tief unter die Haut und erzählt die Geschichte eines Außenseiters, der seinen Platz in der Welt findet.
Nach den Oscar-Erfolgen von „Everything Everywhere All At Once” und „The Whale” liefert A24 wieder einen wichtigen Film mit ehrlichen Charakteren: Eine kraftvolle, bewegende und hautnah inszenierte Geschichte über Selbstermächtigung, Anerkennung und die Stärke über sich selbst hinauszuwachsen. Für seine brillante Leistung als Ellis French erhielt der vielversprechende Hauptdarsteller Jeremy Pope die Golden Globe Nominierung als Bester Schauspieler Drama und wurde von der African-American Film Critics Association (AAFCA) als Bester Schauspieler ausgezeichnet.
THE INSPECTION wurde 2022 bereits auf den Filmfestivals von Toronto, London und New York gefeiert und vielfach ausgezeichnet, u.a. wählte das amerikanische National Board of Review THE INSPECTION unter die „Top Ten Independent Films 2022“.
Neben Hauptdarsteller und Broadway-Star Jeremy Pope („Hollywood“, „Pose“) begeistern in weiteren starken Rollen Gabrielle Union („Sleepless – Eine tödliche Nacht“), Raúl Castillo („Atypical“), Bokeem Woodbine („Queen & Slim“), McCaul Lombardi („American Honey“), Aaron Dominguez („Only Murders in the Building“) und Eman Esfandi („King Richard“). Die Filmmusik stammt von der Experimental-Pop-Band Animal Collective.


INTERVIEW MIT AUTOR UND REGISSEUR ELEGANCE BRATTON

Dieser Film ist sehr persönlich, weil er direkt auf Ihren persönlichen Erfahrungen beruht. Was war der Grund dafür, dass Sie diesen Teil Ihrer Geschichte in einen Film verwandeln wollten?
Ich habe diesen Film in erster Linie gemacht, um mich selbst von den Dingen zu heilen, die ich durchgemacht habe. Ich glaube am meisten geschadet hat mir die Vorstellung, dass ich im Grunde ein gesellschaftlicher Außenseiter bin, weil ich schwul und Schwarz bin. Ich dachte, ich hätte keinen Mehrwert für die Welt, also war ich nicht wichtig - ich existierte nicht. Dann ging ich zu den Marines und lernte, dass ich wichtig bin, wenn ich die Menschen links und rechts von mir schützen kann. Und diese Lektion - dass man nur dann wichtig ist, wenn man in der Lage ist, andere zu schützen – die war für mich wirklich heilsam. Sie gab mir einen Sinn im Leben.
Momentan habe ich das Gefühl, dass sich die Welt in politischer Hinsicht zunehmend polarisiert. Ich empfand die Lektion, die ich gelernt habe, als so wichtig, dass sie an andere Menschen weitergetragen werden sollte: Du bist wichtig, weil du in einer Gemeinschaft mit anderen Menschen lebst. Und du bist es dir selbst schuldig, dich zu lieben, damit du für sie da sein kannst.

Wie viel von dem Film ist Ihrer Meinung nach lebensnah und wie viel ist Fiktion?
Dieser Film ist völlig authentisch, was die Wünsche, Ängste und letztlich das Hauptziel der Figur angeht. Besonders in den Szenen zwischen French und Inez, seiner Mutter, ist vieles davon buchstäblich aus meinem Leben gestohlen.
Was die Geschehnisse im Ausbildungslager angeht, ist es eine Kombination aus mehreren Dingen. Als ich im Ausbildungslager war, war es in der Mannschaftsbarracke so, als würde man in einem Mehrfamilienhaus leben. Was man im Film nicht sieht, ist, dass es wirklich drei oder vier Stockwerke mit Rekruten über und unter uns gab, die gleichzeitig denselben Prozess durchliefen wie wir. In der Etage über uns lebte eine Person mit nahöstlicher Abstammung. Sie nannten ihn „Taliban“ und misshandelten ihn. Ich erinnere mich, dass wir einmal aufgefordert wurden, uns in einem Spießrutenlauf aufzustellen, und seine Ausbilder ließen ihn diesen Spießrutenlauf laufen, während andere ihn gegen seinen kahlen Kopf schlugen – am helllichten Tag. Ich habe nicht mitgemacht, aber ich habe mich immer mit ihm verbunden gefühlt, weil ich mir sicher war, dass meine Ausbilder wussten, dass ich schwul bin. Sie ließen es mich auf jeden Fall wissen, indem sie kleine Drohwitze machten, und French erlebt im Film das ganze Ausmaß ihrer Drohungen.
Es sind fiktionalisierte Darstellungen von realen Situationen wie diesen, die die Grundlage dieses Films bilden. Ich kenne mich sehr gut mit der Geschichte queerer Menschen aus und höre viele Podcasts über queere Veteranen. Es haben bisher noch nicht genug Menschen über unsere Erfahrungen während der „Don't Ask, Don't Tell“-Zeit gesprochen. Die Geschichten mehrerer Leute in French zu verpacken war für mich bedeutsam, weil ich nicht der einzige queere Mensch in einem Boot Camp war. Ich hatte das Gefühl, dass es reichlich Gründe gab sich diese Freiheit zu nehmen um eine wichtige Botschaft über den Wert und die Bedeutung von Menschen füreinander zu verbreiten.
Ich habe großes Glück, dass ich meine Geschichte durch diesen Film teilen kann. Andere, die ähnliche Kämpfe durchgemacht haben, können Trost und Inspiration finden, wenn sie diese Geschichte erzählt sehen. Ich weiß, dass es viele andere gibt, die Ähnliches durchgemacht haben und ihre Geschichte nicht erzählen, und es war mir wirklich wichtig, dass French sie ebenso widerspiegelt wie mich. Es ist ein vollkommen persönlicher Film, aber ich hoffe, dass er die Herzen und Köpfe sowohl von militärischen Führungskräften als auch aller, die ähnliche Erfahrungen machen, berühren kann. Die Fähigkeit, diese Geschichte zu erzählen und anderen die Möglichkeit zu geben, meine Wahrheit zu erfahren, ist das mächtigste Werkzeug, das ich habe.

Sie sagen, dass es eine heilende Erfahrung für Sie war diesen Film zu machen. Was war das Schwierigste daran, diese Geschichte zu Papier zu bringen?
Die erste Schwierigkeit war, überhaupt daran zu glauben, dass sich jemand wirklich für meine Geschichte interessieren würde. Ich habe in meinem Leben so viele Traumata erlebt. Und obwohl ich denke, dass ich sie ziemlich gut verarbeitet und mich selbst aus den Trümmern wiederaufgebaut habe, ist es schwer, sie nicht in gewisser Weise als etwas zu verinnerlichen, das von mir selbst verschuldet ist und meinetwegen existiert. Dieser ganze Prozess war wirklich schwer, weil mir nicht bewusst war, wie tief die Schuldgefühle in mir verankert waren. Und dann ging ich auch noch in eine Branche, in der die meisten Menschen weder meine Herkunft noch meine Erfahrungen teilen. Und dann ist da auch immer noch diese innere Scham davor zugeben zu müssen, dass ich obdachlos und auf Hilfe angewiesen war. Damit habe ich bis heute zu kämpfen, auch wenn ich viel darüber spreche. Ich spreche darüber, weil ich weiß, dass es mir guttut, aber es fällt mir noch immer schwer.
Am Ende des Films, wenn French das Gespräch mit seiner Mutter führt und sie ihm sagt: „Ich hätte dich vor irgendeine Haustür legen können...“ – dieses Gespräch hat sich so oft in meinem Leben abgespielt. Und jedes Mal, wenn es passierte – außer beim Drehen dieses Films – habe ich wirklich geglaubt, dass man mich irgendwo hätte aussetzen sollen. Ich habe ernsthaft geglaubt, dass diese Worte wahr sind, dass ich von ihnen verflucht wurde und ihnen niemals würde entkommen können. Ich kann ihnen gar nicht sagen wie schwer es war, Gabrielle Union an diesem Tag immer und immer wieder beim Aussprechen dieser Worte gegenüber Jeremy zuzusehen. Aber ich habe die Hoffnung in meine Familie nie aufgegeben, auch wenn sie nicht wirklich auf meiner Seite war. Es war nicht einfach, während der Regiearbeiten mit dieser Wahrheit konfrontiert zu werden.
Aber am Ende des Tages hatten wir die Szene abgedreht und den Ton aufgenommen und mir ging es gut. Letztendlich war ich der Filmregisseur. Ich war nicht obdachlos, nachdem mir diese Worte gesagt wurden. Ich war nicht am Boden zerstört. Ich bin dadurch stärker geworden. Und das ist die Schwierigkeiten wert.

Bei den Marines haben Sie zum ersten Mal eine Kamera in die Hand genommen. Hätten Sie jemals gedacht, dass Sie Filmemacher werden würden?
Als ich den Marines beitrat, war ich bereits zehn Jahre lang obdachlos gewesen. Diesen Teil der Geschichte erzähle ich sehr oft. Darüber, was ich zum Überleben getan habe, spreche ich nicht. Es gab viele Möglichkeiten, aber eine der wirksamsten war es, Kunstbücher zu stehlen, weil sie einen sehr hohen Wiederverkaufswert haben – vor allem, wenn man sie von großen Buchhändlern stiehlt und sie zu kleinen Läden bringt. Ich hatte also ein kleines Zusatzgeschäft mit dem Verkauf von Büchern. Als ich bei meinem Rekrutierer vorsprach und die Einstufungsprüfung ablegte, schnitt ich sehr gut ab. Mein Rekrutierer legte großen Wert darauf, die drei wichtigsten Berufe im Marine Corps hervorzuheben. Für ihn stand an erster Stelle der Geheimdienst, aber ich bin kein Spitzel, also konnte ich das nicht machen. Der zweite Job war Journalist. Ich bin so meinungsstark, dass ich auch das nicht machen konnte. Und der dritte Job war Filmemacher. Als er mich fragte, ob ich jemals darüber nachgedacht hätte, Filme zu machen, hatte ich bereits die Bücher von Spike Lee, Pedro Almodóvar und Julie Taymor gelesen, weil ich sie gestohlen und weiterverkauft hatte. Also ja, ich hatte darüber nachgedacht, Filme zu machen. Ich hatte keine aber Ahnung, dass ich 15 Jahre später dort landen würde, wo ich jetzt bin.

Was an Jeremy Pope als Schauspieler und als Mensch hat ihn für Sie zur richtigen Wahl für seine Rolle gemacht?
Ich nenne es den „Cate-Blanchett-Test“ - können Sie sich vor die Kamera setzen und nichts tun, außer darüber nachzudenken, woran Ihre Figur denkt, und können wir, die Beobachtenden, das sehen? Müssen wir wegschneiden, oder können wir bleiben?
Jeremy hat diesen Test mit Bravour bestanden. Ich wollte Jeremy, weil... Ich meine, wer will nicht von einem gutaussehenden Menschen gespielt werden? Darüber hinaus ist Jeremy geoutet, schwul, Schwarz, überdurchschnittlich begabt, und er hat genauso wenig Angst vor Auseinandersetzungen wie ich. Jeremy ist mein Verbündeter. Jeremy hat sich meine Geschichte zu eigen gemacht. Er schätzt meine Erfahrungen und ist ein phänomenaler Künstler. Bis jetzt habe ich überwiegend mit Nicht-Schauspielern gearbeitet, und ich werde damit auch nicht aufhören. Aber wenn man mit einem Künstler von Jeremys Disziplin und Exzellenz arbeitet, hat dieser einfach die Fähigkeit, sich in ganz bestimmte Momente und Emotionen hineinzuversetzen und sie authentisch wiederzugeben. Danach kann er sich davon lösen, zu mir zurückkommen und die Geschichte als Ganzes betrachten. Und er beobachtet seine Entwicklung die ganze Zeit. Das tat er vom ersten Vorsprechen an.

Bokeem Woodbine ist eine Legende des Schwarzen Kinos. Lassen Sie uns über die Besetzung der Rolle des Drill-Sergeant Laws sprechen.
Der Name der Figur ist absichtlich Laws. Er hält sich an die Vorschriften; er befolgt den Uniform Code of Military Justice (das Wehrstrafrecht der Vereinigten Staaten) und hat ein emotionales und moralisches Rückgrat. Ich brauchte jemanden, der sich so bewegt, als ob der Uniform Code of Military Justice seine Seele wäre. Bokeem ist ein kreatives Genie. Dieser Mann ist ein Schauspieler der Extraklasse. Und ich hatte das Gefühl, eine Chance zu haben mit ihm etwas zu machen das schon lange hätte gemacht werden sollen. Und es würde die Leute daran erinnern, dass dieser Mann eine amerikanische Institution ist. Er ist ein nationaler Schatz. Er ist im wahrsten Sinne des Wortes einer der besten lebenden Schauspieler, die es derzeit auf diesem Planeten gibt.

Was ist mit Raúl Castillo?
Raúls Geschichte ist lustig. Vor vier Jahren gab es beim Tribeca Film Festival die erste queere Party. Ich glaube, ich habe mich einfach so hineingemogelt. Aber ich hatte schon gehört, dass in diesem Raum eine Menge Leute sein würden, die ich ansprechen und besetzen wollte. Ich hatte gehört, dass Raúl bei dieser Veranstaltung sein würde, also habe ich mich darum bemüht, reinzukommen. Ich ging auf ihn zu und sagte: „Hör mal, Kumpel, ich habe eine Rolle für dich in meinem Spielfilm, von dem du früher oder später hören wirst, und ich möchte wirklich, dass du darin mitspielst.“ Das waren vielleicht 20 Sekunden.
Er hörte nicht mehr von mir bis wir das Casting für den Film begannen. Und als wir dann am Set waren sagte er mir, dass er sich an diesen Moment erinnerte. So ist Raúl also reingekommen. Es war immer seine Rolle. Ich habe mir nie jemand anderen als Raúl in dieser Rolle vorgestellt.
Permalink zum ArtikelDiese Adresse können sie verwenden, um von ihrer Seite, ihrem Blog etc. direkt auf den Artikel zu verweisen.
Klicken sie dazu auf den Link und verwenden die Adresse in der Adressleiste, oder klicken mit der rechten Maustaste hier und kopieren den Link direkt.
Nach oben scrollenKlicken sie hier um schneller an den Anfang der Seite zu gelangen.
Autor: Siehe Artikel
© 2024 kultkomplott.de | Impressum
Nutzungsbedingungen & Datenschutzerklärung
KultKomplott versteht sich als ein unabhängiges, kulturelle Strömungen aufnehmendes und reflektierendes Portal.