Joseph Haydn (1732-1809) galt schon zu Lebzeiten als ein Genie. Zudem hat er mit seinen Kompositionen das Schaffen von Mozart, Beethoven, Schubert und Brahms maßgeblich beeinflusst. Ohne ihn hätten diese mit anzunehmender Wahrscheinlichkeit eine völlig andere künstlerische Entwicklung genommen. Haydn, der früh Begabte, traf, als Voraussetzung für seine beispiellose Arbeit, die richtigen Leute zur richtigen Zeit, wie den Grafen Karl von Morzin und vor allem den Fürsten Esterházy. Sie alle ermöglichten ihm freie kreative Entfaltung bei wirtschaftlicher Unabhängigkeit.
Nur so war er in der Lage, innerhalb von sechs Jahrzehnten unter anderem 68 Streichquartette, 46 Klaviertrios, 52 Klaviersonaten, 21 Streichtrios, über drei Dutzend Solokonzerte, 4 Oratorien, 14 Messen, etliche Bühnen- und Orchesterwerke und 108(!!) Sinfonien zu komponieren. Ein unglaubliches Oevre, da er so erklärte: „Gewöhnlich verfolgen mich musikalische Ideen bis zur Marter. Ich kann sie nicht loswerden, sie stehen wie Mauern formiert. Ist es ein Allegro, das mich verfolgt, dann schlägt mein Puls stärker, ich kann keinen Schlaf finden. Ist es ein Adagio, dann bemerke ich, dass der Puls langsamer schlägt. Die Fantasie spielt mich, als wäre ich ein Klavier.“
Die Heidelberger Sinfoniker haben es sich zur Aufgabe erklärt, sämtliche Sinfonien dieses erstrangigen Vertreters der Wiener Klassik einzuspielen. Die vorliegende 4CD Box ist die vorletzte Aufnahme dieses 1999 begonnen Projekts. Sie enthält insgesamt vierzehn Sinfonien plus der Sinfonie deest, die im Hoboken-Verzeichnis nicht auftaucht, weil sie erst später entdeckt wurde.
Alle Aufnahmen wurden 2021/22 unter der Leitung von Johannes Klumpp, dem künstlerischen Leiter der Heidelberger Sinfoniker, eingespielt. Es sind wunderbar lebendige, erfrischend verspielte Aufnahmen, die eine ganze Breite an unterschiedlichsten Stimmungslagen, die Haydn imstande war auszudrücken, beinhalten. Die Heidelberger Sinfoniker zeigen sich entsprechend der Vorlagen beeindruckend wandlungsfähig. Elegant bis frech, mit Raffinement und sprudelnder Energie sind die drei- und viersätzigen Sinfonien hoch diszipliniert umgesetzt. Klumpp findet genau den richtigen Ansatz, geht in die Tiefe der Musik, lässt sie von seinem Orchester flüssig wie kraftvoll interpretieren und unterhält den Hörer ebenso anspruchsvoll wie kurzweilig. Fazit: Absolut empfehlenswert!
Gerhard von Keußler
Haydn
„Symphonies“ Volume 28 / 29 / 30 / 31
Heidelberger Sinfoniker unter Johannes Klumpp
4 CD
Hänssler Classic