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7. Taj Mahal „Swingin' Live At The Church In Tulsa"
8. Michael Rieber & Norbert Goerlich „Nuits Blanches“
9. Patrick Manzecchi feat. Scott Hamilton „Tenderly“
10. Benja Schlez „Grenzhof“
11. Johannes Bigge Trio „Clay“
12. Kjetil Mulelid „Agoja“
Dienstag 26.03.2024
Taj Mahal „Swingin' Live At The Church In Tulsa"
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Er ist eindeutig ein Überlebender. Und noch dazu als Bluesmusiker. 1942 geboren gründete Henry St. Clair Fredericks 1964, nach einem Studium in Ackerbau und Viehwirtschaft an der Universität von Massachusetts, mit dem legendären Ry Cooder seine erste Band. In Anlehnung an einen persönlichen Traum nannte er sich schon damals Taj Mahal. Im Folgenden zog die Karriere des New Yorker Pianisten, Gitarristen, Bluesharp-Virtuosen und Sängers an, er spielte mit Jimi Hendrix, den Rolling Stones, Miles Davis, John Lennon, B.B. King und vielen anderen. Er verwies in seinen eigenen Songs darauf, dass Blues, Country und Folk ähnliche Wurzeln haben und erreichte nicht zuletzt dadurch ein immens breiteres Publikum.
Dieser Tage, mittlerweile 81jährig, ist ein neues Album, „Swingin' Live At The Church In Tulsa", von Taj Mahal erschienen, auf dem der mehrfache Grammy-Gewinner vital und leidenschaftlich seiner größten Obsession nachgeht: Dem Blues. Aufgenommen sozusagen auf heiligem Boden, dem „the Church“ genannten Studio von Leon Russle in Tulsa, Oklahoma, bringt er hier Live vor Publikum die Blues-Seele zum schmelzen. Mit seinen Musikern zelebriert Mahal eine beeindruckende Messe, die fast alle Formen und Einflüsse der populären Musik beinhaltet: Soul, Reggea, Latin, Cajun, Gospel, Westafrika-Sounds, Jazz, Calypso und manches mehr. Und die Musik trifft mitten ins Herz. Dieser arachaische, temperamentvolle Spagat zwischen Retro- bzw. Old-School-Sounds und modernen Arrangements, diese geballte Lebenserfahrung, diese spürbare Freude, mit der sich Mahal seinen Meriten hingibt und die ihn zugleich jung erhalten – sind ein akustisches Erlebnis, weil einfach die Seele des Blues spürbar wird.
Und wenn Mahal und seine Mannen zum Schluss zu einer fast 10minütigen Jam-Session über das T-Bone Walker Stück „Mean Old World“ ansetzen, dann verflüchtigen sich Zeit und Raum, dann wird die Story des Blues lebendig und selbst eine kaputte Welt strahlt in neuem Glanz.
Jörg Konrad

Taj Mahal
„Swingin' Live At The Church In Tulsa“
Lightnin Rod
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Montag 25.03.2024
Michael Rieber & Norbert Goerlich „Nuits Blanches“
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Beide Musiker, sowohl Kontrabassist Michael Rieber, als auch Pianist Norbert Goerlich, besitzen die seltene Gabe des empathischen Erspürens des jeweiligen instrumentalen Partners. Nun möchte man meinen, dies sei sehr wohl die Grundlage jedweder Form des miteinander Musizierens. Aber perfekt vom Blatt spielen und zugleich auf den Nebenmann zu reagieren bedarf schon eines besonderen Könnens. Beide, Rieber und Goerlich, haben sich mit dieser außergewöhnlichen Fähigkeit aufgemacht, um einige Jahrzehnte französische Kammermusik-Literatur zu erforschen.
Herausgekommen ist „Nuits Blanches“, ein Album voller Grazie und Eleganz, voll schwungvoller Melodik und dramaturgischer Herausforderungen. Das Programm reicht von dem (leider) etwas unbekannteren Alfred Desenclos (1912-1971), über Gabriel Fauré, César Franck bis hin zu Maurice Ravel. Anhand dieser Auswahl wird schon deutlich, wie vielschichtig und abwechslungsreich die musikalische Stimmung dieser einen Stunde höchst konzentrierter Präsentation ausfällt.
Desenclos „Aria mit Rondo für Kontrabass und Klavier“ ist ein Stück voller Vitalität und Weltzugewandheit. Rieber schwärmt: „Desenclos steht in direkter Tradition unter anderem der französischen Komponisten, die wir für unsere CD ausgewählt haben. Er lotet das gesamte Klangspektrum des Kontrabasses aus, von höchsten Flageolette-Tönen bis zum Walking-Bass.“ Das klingt ein klein wenig nach Jazz, verlangt eine enorme Virtuosität im Spiel und schöpferische Kreativität.
César Francks „Sonate A-Dur“ ist im Original für Violine und Klavier geschrieben. Ein Sehnsuchtsstück, voller Melancholie, Schmerz, aber auch überschwenglicher Gefühle. Die instrumentalen Stimmen beider Solisten greifen ineinander und formen voller Respekt und mit Würde einen bezaubernden Klangkosmos.
Zum Schluss dann noch Maurice Ravel mit zwei kürzeren Kompositionen („Pièce en forme d'Habanera“ und „Pavane pour une Infante défunte“). Ein würdiger, dabei jedoch nicht pathetischer Abschluss für eine Aufnahme, die in ihrer bemerkenswerten Geschlossenheit und anrührenden Ausstrahlung an dieser Stelle nur empfohlen werden kann.
Jörg Konrad
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Freitag 22.03.2024
Patrick Manzecchi feat. Scott Hamilton „Tenderly“
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Als Scott Hamilton Ende der 1970er Jahre seine Karriere begann, wurde er schnell als „junger Senkrechtstarter“ der Szene gehandelt. Er gehörte weniger zu den Avantgardisten auf dem Tenorsaxophon, als zu den Traditionalisten jener Zeit. Bei ihnen und ihrem Publikum stand die unbeschwerte Dreifaltigkeit des Jazz hoch im Kurs: Harmonik, Rhythmik und Melodik mussten stimmen, die Musik musste ordentlich swingen und natürlich sollte der Solist als Improvisator ein absoluter Individualist sein!
Mit zwanzig spielte Hamilton bei Benny Goodman und schon damals waren seine großen Vorbilder Coleman Hawkins, Ben Webster und vor allem Illinois Jacquet. Das hört man dem mittlerweile 69jährigen noch heute an, wenn er mit seinem unwiderstehlichen Tenor-Sound Standards des Jazz wie „All The Things You Are“, „I Got Rhythm“ oder den einstigen Hit-Erfolg, die Ballade „Tenderly“ spielt. Zu hören ist dies alles auf der gleichnamigen Aufnahme des deutschen Schlagzeugers Patrick Manzecchi, der dieses Album mit seinem Quartett, zu dem vor einiger Zeit eben auch jener Scott Hamilton gehörte, im Mai 2018 einspielte. Es ist Mainstream, so kann man es guten Gewissens sagen, der edlen Art. Mit Pianist André Weiss, Bassist Joel Locher und Manzecchi hat Hamilton ein selbstlos agierendes Trio als Background hinter sich, das sowohl für Sicherheit als auch für Inspiration sorgt. Geschmeidig umspielt der Tenorist die Themen, besonnen und fantasievoll improvisiert er, immer mit einer eleganten wie abgeklärten Coolness unterlegt. Eine wunderbare Einspielung – weit mehr als eine Reise in die Vergangenheit. Obwohl es hin und wieder bereichernd ist, in dieser zu verweilen.
Jörg Konrad

Patrick Manzecchi feat. Scott Hamilton
„Tenderly“
Tonsee Records
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Autor: Siehe Artikel
Dienstag 19.03.2024
Benja Schlez „Grenzhof“
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Authentische Musik ist die Summe gelebter Erfahrungen. Schmerz und Analgesie, Erfolg und Frustration, Entwicklung und Stillstand, Liebe und Verlust – ein weites Feld an emotionalen Befindlichkeiten, als sinnliche Gefolgschaft von Lebensumständen, die wiederum das Jetzt und das Zukünftige gestalten.
Benja Schlez hat einen Großteil dieser Gemütszustände erfahren, die dann letztendlich in sein Album „Grenzhof“ eingeflossen sind. „Grenzhof“ - ein Ort vor den Toren von Heidelberg, der ganz eng mit der Biographie des Gitarristen verbunden ist. Von dort einst unfreiwillig aufgebrochen, ist er nun symbolisch an diesen Ort wieder zurückgekehrt. Gereift, erfahren, orientiert und qualifiziert. Insofern ist „Grenzhof“ auch der Ausdruck einer Art Therapie, die überdeutlich aufzeigt, wie man selbst, bei dementsprechender Auseinandersetzung, wieder in Balance gerät. Denn „Grenzhof“ klingt nach Ausgeglichenheit, nach friedfertiger Identität und Konsens.
Musikalisch bewegt sich Schlez in einem ästhetischen Bereich nahe der Stille. Spartanische Monologe, voller Anmut und Hingabe, wie sie nur große Erzähler zu vermitteln verstehen. Der Gitarrist bewegt sich in einer breiten Enklave von Kammermusik und Improvisation, von Minimal und Landscapes. Hier hat eine Persönlichkeit in der Zurückhaltung seine (zumindest musikalische) Mitte gefunden. Und trotz dieser manchmal süffisanten Harmonien verströmt das Album insgesamt etwas Radikales, in seiner Geschlossenheit und Komplexität etwas Extremes. Vielleicht ist es die Leidenschaft, die Unbedingtheit, mit der hier jemand eine Lebensformel sucht, sie tatsächlich findet und mit spürbarer Empathie vermittelt.
Jörg Konrad

Benja Schlez
„Grenzhof“
Poly Unique
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Autor: Siehe Artikel
Freitag 15.03.2024
Johannes Bigge Trio „Clay“
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Johannes Bigge ist Jahrgang '89 und wurde somit in ein Jahrzehnt hineingeboren, in dem stilistische Grenzen und Zeitgeistphänomene in der Musik nicht mehr die alles dominierende Rolle spielten. Denn die 1990er und folgenden Jahre waren offen für Altes wie auch Neues, für streng Reglementiertes (Techno), klassisch dominierten Crossover und für weltmusikalische Wirkungsfelder. So kam es, dass sich Johannes Bigge schon als Jugendlicher intensiv mit den Beatles und der Band Genesis beschäftigte und mit seiner ersten Berliner Schülerband Songs von Radiohead coverte. Als das Klavierspiel immer stärker seinen Alltag bestimmte, erweiterte sich auch fast automatisch sein Favoritenkreis - um Keith Jarrett, Brad Mehldau und Alexander Nikolajewitsch Skrjabin.
Mit nur einundzwanzig gründete er sein erstes Trio, mit dem er schon zwei Jahre später den Jazznachwuchspreis der Marion Ermer Stiftung gewann. Brigge studierte an der HMT Leipzig unter anderem bei Richie Beirach und wurde später Meisterschüler von Michael Wollny.
Clay“ ist Bigges drittes Trio-Album. Am Bass die Plaueb gevoerene Robert Lucaciu, am Schlagzeug der allseits verehrte und umtriebige Moritz Baumgärtner. Diese schlagkräftige Truppe widmet sich eigenen Kompositionen und findet in deren Umsetzung tatsächlich auch eine individuelle, breitgefächerte Musiksprache. Es sind atmende, manchmal gar vibrierende Klangräume, die mit einfachen, fast schlichten Themen korrespondieren. Es ist die (schwierige) Kunst der Einfachheit, die diese Aufnahmen bestimmt und eine melodische Verspieltheit, die gelegentlich durch ein gewisses Understatement der Musiker einzelnen Musiker besticht. Zudem beeindruckt sowohl die nachdenkliche, aber auch heiter gestimmte Gelassenheit, die dieses Kollektiv wie beiläufig kreiert.
Jörg Konrad

Johannes Bigge Trio
„Clay“
Nwog
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Autor: Siehe Artikel
Mittwoch 13.03.2024
Kjetil Mulelid „Agoja“
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Es gab Zweiten, da sprach man von der Schweiz als jenem Land, das Prozentual zur Bevölkerung die meisten Jazzmusiker weltweit auf Tourneen hatte. Mittlerweile scheint diese Trophäe, wenn sie denn eine ist, in Norwegen zu stehen. Denn von diesem Königreich mit gerade einmal 5,5 Millionen Einwohnern erreichen uns Monat für Monat entweder gänzlich unbekannte Musikernamen, oder eine außerordentliche Anzahl von neuen Alben flutet den Markt.
Pianist Kjetil Mulelid gehört eindeutig zu letzteren. Bekannt geworden ist er durch sein Trio, mit dem er seit Jahren aufnimmt und über die Grenzen Europas hinaus unterwegs ist. Es gibt Solo-Aufnahmen des 33jährigen und Duo-Einspielungen mit der Sängerin Siril Malmedal Hauge. Gerade erschienen ist jetzt das Album „Agoja“, auf dem Mulelid erstmals für ein größeres Ensemble komponiert und arrangiert hat. Mit dabei sind unter anderen der Saxophonist Trygve Seim und die beiden Trompeter Mathias Eick und Arve Henriksen. Mulelid gelingt es, sein eher eingängiges Trio-Konzept auf diese Besetzung zu übertragen. Was den melodischen Einfallsreichtum betrifft, kann man in diesem Fall getrost von einem expressiven Minimalismus sprechen. Beinahe sakrale Themen, die sich im Kontinuum von Stille und Kontemplation entwickeln, ja hier regelrecht aufblühen. Das erinnert manchmal an den schon seit zweieinhalb Jahrzehnten nicht mehr unter uns weilenden Finnen Edvard Vesala. Und Helsinki, wo Vesala einst lebte, liegt, so könnte man auch sagen, gleich um die Ecke von Norwegen.
Auch Kjetil Mulelid kleines Orchester klingt raffiniert und trivial, es beschwört einen emotionalen Charakter und geriert sich dann wieder abstrakt. Mulelid verlässt dabei nur selten die Ebene der Balance, spielt neben dem guten und eleganten Börsendorfer das Wurlitzer Piano, das verlässliche Fender Rhodes Piano und den für jede musikalische Besonderheit zu habenden Synthesizer.
Alles in allem entsteht so ein weites Feld an Klangfarben und -möglichkeiten, wodurch „Agoja“ (zu deutsch: Qual) sehr abwechslungsreich und stimulierend gerät.
Jörg Konrad

Kjetil Mulelid
„Agoja“
Odin
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Autor: Siehe Artikel
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