Der Monat Februar ist die Zeit für den besten Blick auf unseren hellsten Nachtstern, denn zwischen 21 und 22 Uhr ist Sirius im Sternbild Großer Hund bequem in rund 20 Grad Höhe über dem südlichen Horizont zu entdecken. Über ihm breiten sich viele auffällig helle Wintersterne in den Sternbildern Orion, Kleiner Hund, Stier, Zwillinge und Fuhrmann aus und oberhalb des Stiers flankiert der rote Planet Mars diese Sternenpracht.
Am 22.Februar wird dann der Abendhimmel einen spektakulären Anblick bieten. Der Riesenplanet Jupiter und der „Abendstern“ Venus stehen dicht beieinander und bekommen Besuch von der schmalen Mondsichel. Gegen 19 Uhr ist dieses markante Trio in westlicher Richtung auszumachen. Schon einen Tag später wird man feststellen, dass sich unser Erdmond um mehr als 12 Grad aufgrund seiner wahren Bewegungen von West nach Ost verschoben hat. Ende des Monats stehen dann Jupiter und Venus ganz dicht zusammen. Während die Venus sich mehr und mehr zum auffälligsten Planeten der Dämmerungszeit entwickelt, verabschiedet sich Jupiter schon bald von der Himmelsbühne.
Seit der Inbetriebnahme des James-Webb-Weltraumteleskops vergeht kein Monat, ohne dass großartige Bilder die Gemeinde der Astronomen jubeln lässt. Schon bei der ersten veröffentlichten Aufnahme, die nur als Test gedacht war, staunten die Forscher über die ungeheure Vielfalt der im Hintergrund schimmernden Galaxien. Erst im zweiten Moment begriffen sie, dass sie die ersten Menschen überhaupt waren, die diese fernen Welteninseln zu Gesicht bekommen haben (siehe Kosmos 103- http://www.starobserver.org/2022/03/19/). Großes Staunen gab es auch bei dem ersten offiziellen Deep-Field-Foto. Hierbei schaut das Teleskop über viele Stunden auf einen sehr kleinen Bildausschnitt mit maximaler Vergrößerung. So entstand im Juli 2022 Webbs erster Blick in die Vergangenheit unseres Universums dicht bepackt mit fernen Welteninseln. Der dabei entstehende Gravitationslinseneffekt - das Licht extrem weit entfernter Milchstraßen wird durch davor liegende Galaxien verzerrt - lässt einige der Galaxien so gestreckt und verbogen aussehen wie die schmelzenden Uhren auf den Bildern von Salvadore Dali. Während allerdings auf den Bildern des spanischen Surrealisten die Zeit gestreckt oder gestaucht wird, verformt sich auf dem Webb-Bild der Raum. Hier scheint die Realität die Kunst zu imitieren.
Die glitzernde Ansicht der „Säulen der Schöpfung“ wurden Mitte Oktober veröffentlicht und die Szenerie mag sowohl vertraut als auch völlig neu aussehen, denn das Hubble-Weltraumteleskop hat sie erstmals 1995 betrachtet und 2014 erneut untersucht. Dies ist jedoch das erste Mal, dass so detaillierte Daten im nahen Infrarotlicht vorliegen.
Neu geformte Sterne tauchen in verschiedenen Schattierungen auf und ähneln geschmolzener Lava. Dagegen flankieren ältere blaue und gelbe Sterne die Aufnahme. Sie befindet sich im riesigen Adlernebel, der 6.500 Lichtjahre entfernt liegt.
Mit diesen Daten können Forscher weitaus genauere Zählungen neu gebildeter Sterne durchführen, sowie die Mengen an Gas und Staub in der Region identifizieren. Sie können so die Modelle der Sternentstehung mit noch genaueren Sternzahlen und Staubmengen aktualisieren und dadurch noch detaillierter erfahren, wie Sterne entstehen. Darüber hinaus sind die dreidimensionalen Säulen in der Webb-Aufnahme weitaus durchlässiger abgebildet. Sie bestehen aus kühlem interstellarem Gas und Staub, die im nahen Infrarotlicht halbtransparent erscheinen.
Das Bild stammt von Webbs Near-Infrared Camera (NIRCam) und zeigt auch leuchtend rote Kugeln, die außerhalb der staubigen Säulen liegen. Wenn sich in den Gas- und Staubsäulen Knoten mit ausreichender Masse bilden, beginnen sie unter ihrer eigenen Schwerkraft zu kollabieren, erwärmen sich langsam und bilden schließlich neue Sterne, deren Alter auf nur wenige hunderttausend Jahre geschätzt wird.
Auffällig ist, dass in dieser Ansicht fast keine Galaxien zu erkennen sind. Stattdessen blockiert eine Mischung aus durchscheinendem Gas und Staub, bekannt als das interstellare Medium, unsere Sicht auf einen Großteil des tieferen Universums.
Eine ganz neue Webb-Aufnahme zeigt jedoch eine Region der Sternentstehung, die wesentlich weiter entfernt existiert. Etwa 2 bis 3 Milliarden Jahre nach dem Urknall bildeten Galaxien mit rasender Geschwindigkeit Sterne. Das damalige Feuerwerk der Sternentstehung prägt noch heute die Galaxien. Astronomen untersuchten diese Region, weil die Bedingungen und die Menge an Metallen innerhalb der SMC (Small Magellanic Cloud - deutsch: Kleine Magellansche Wolke) denen ähneln, die vor Milliarden von Jahren in Galaxien beobachtet wurden, während einer Ära im Universum, als die Sternentstehung ihren Höhepunkt erreichte und die heute als „kosmischer Mittag“ bekannt ist.
Margaret Meixner, Astronomin der Universities Space Research Association und Hauptforscherin des Forschungsteams, erklärt, warum gerade dieses Objekt ausgewählt wurde: „Es gibt Tausende von Sternentstehungsregionen wie dieser, aber selbst wenn NGC 346 jetzt der einzige massereiche Haufen ist, der in seiner Galaxie wild Sterne bildet, bietet er uns eine großartige Gelegenheit, die Bedingungen zu untersuchen, die zum Zeitpunkt des ´kosmischen Mittags` herrschten.“
Frühere Infrarotstudien von NGC 346 hatten sich auf Protosterne konzentriert, die schwerer sind als etwa das 5- bis 8-fache der Masse unserer Sonne. „Mit Webb können wir leichtere Protosterne untersuchen, die nur ein Zehntel der Masse unserer Sonne besitzen, um zu sehen, ob sich ihr Bildungsprozess von den massereichen Sternen unterscheidet“, sagte die Co-Autorin Olivia Jones vom United Kingdom Astronomy Technology Centre, Royal Observatory Edinburgh.
„Wir sehen die Bausteine, nicht nur von Sternen, sondern möglicherweise auch von Planeten“, sagte Guido De Marchi von der Europäischen Weltraumorganisation. „Und da die Kleine Magellansche Wolke während des kosmischen Mittags eine ähnliche Umgebung wie Galaxien hat, ist es möglich, dass sich Gesteinsplaneten früher im Universum gebildet haben könnten, als wir vielleicht gedacht haben.“
Die Forschungsergebnisse zeigen einmal mehr, welche außergewöhnliche Dynamik die astronomische Forschung derzeit vorantreibt und wie oft Theorien hinterfragt oder Schulweisheiten revidiert werden müssen. Vielleicht birgt aber der Blick auf den „Kosmischen Mittag“ auch die Chance, das Verständnis über die einstige Entstehung unseres eigenen Sonnensystems zu erweitern. Damit würden wir der Beantwortung der kosmologischen Frage, woher wir kommen, ein entscheidendes Stück näherkommen.
Klaus Huch, Planetarium Halberstadt