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112. Grüße aus dem kosmischen Mittag
111. Musiker und Astronom zugleich
110. Vollmond verdeckt Mars
109. Ringlein Ringlein …..
108. Galaktisch asoziale?
107. Distanz Berlin - New York in knapp 40 Sekunden
Mittwoch 01.02.2023
112. Grüße aus dem kosmischen Mittag
Bilder
EsWa, Galaxien 142, Digital, 80 x 140, 2023
Der Monat Februar ist die Zeit für den besten Blick auf unseren hellsten Nachtstern, denn zwischen 21 und 22 Uhr ist Sirius im Sternbild Großer Hund bequem in rund 20 Grad Höhe über dem südlichen Horizont zu entdecken. Über ihm breiten sich viele auffällig helle Wintersterne in den Sternbildern Orion, Kleiner Hund, Stier, Zwillinge und Fuhrmann aus und oberhalb des Stiers flankiert der rote Planet Mars diese Sternenpracht.
Am 22.Februar wird dann der Abendhimmel einen spektakulären Anblick bieten. Der Riesenplanet Jupiter und der „Abendstern“ Venus stehen dicht beieinander und bekommen Besuch von der schmalen Mondsichel. Gegen 19 Uhr ist dieses markante Trio in westlicher Richtung auszumachen. Schon einen Tag später wird man feststellen, dass sich unser Erdmond um mehr als 12 Grad aufgrund seiner wahren Bewegungen von West nach Ost verschoben hat. Ende des Monats stehen dann Jupiter und Venus ganz dicht zusammen. Während die Venus sich mehr und mehr zum auffälligsten Planeten der Dämmerungszeit entwickelt, verabschiedet sich Jupiter schon bald von der Himmelsbühne.

Seit der Inbetriebnahme des James-Webb-Weltraumteleskops vergeht kein Monat, ohne dass großartige Bilder die Gemeinde der Astronomen jubeln lässt. Schon bei der ersten veröffentlichten Aufnahme, die nur als Test gedacht war, staunten die Forscher über die ungeheure Vielfalt der im Hintergrund schimmernden Galaxien. Erst im zweiten Moment begriffen sie, dass sie die ersten Menschen überhaupt waren, die diese fernen Welteninseln zu Gesicht bekommen haben (siehe Kosmos 103- http://www.starobserver.org/2022/03/19/). Großes Staunen gab es auch bei dem ersten offiziellen Deep-Field-Foto. Hierbei schaut das Teleskop über viele Stunden auf einen sehr kleinen Bildausschnitt mit maximaler Vergrößerung. So entstand im Juli 2022 Webbs erster Blick in die Vergangenheit unseres Universums dicht bepackt mit fernen Welteninseln. Der dabei entstehende Gravitationslinseneffekt - das Licht extrem weit entfernter Milchstraßen wird durch davor liegende Galaxien verzerrt - lässt einige der Galaxien so gestreckt und verbogen aussehen wie die schmelzenden Uhren auf den Bildern von Salvadore Dali. Während allerdings auf den Bildern des spanischen Surrealisten die Zeit gestreckt oder gestaucht wird, verformt sich auf dem Webb-Bild der Raum. Hier scheint die Realität die Kunst zu imitieren.
Die glitzernde Ansicht der „Säulen der Schöpfung“ wurden Mitte Oktober veröffentlicht und die Szenerie mag sowohl vertraut als auch völlig neu aussehen, denn das Hubble-Weltraumteleskop hat sie erstmals 1995 betrachtet und 2014 erneut untersucht. Dies ist jedoch das erste Mal, dass so detaillierte Daten im nahen Infrarotlicht vorliegen.
Neu geformte Sterne tauchen in verschiedenen Schattierungen auf und ähneln geschmolzener Lava. Dagegen flankieren ältere blaue und gelbe Sterne die Aufnahme. Sie befindet sich im riesigen Adlernebel, der 6.500 Lichtjahre entfernt liegt.
Mit diesen Daten können Forscher weitaus genauere Zählungen neu gebildeter Sterne durchführen, sowie die Mengen an Gas und Staub in der Region identifizieren. Sie können so die Modelle der Sternentstehung mit noch genaueren Sternzahlen und Staubmengen aktualisieren und dadurch noch detaillierter erfahren, wie Sterne entstehen. Darüber hinaus sind die dreidimensionalen Säulen in der Webb-Aufnahme weitaus durchlässiger abgebildet. Sie bestehen aus kühlem interstellarem Gas und Staub, die im nahen Infrarotlicht halbtransparent erscheinen.
Das Bild stammt von Webbs Near-Infrared Camera (NIRCam) und zeigt auch leuchtend rote Kugeln, die außerhalb der staubigen Säulen liegen. Wenn sich in den Gas- und Staubsäulen Knoten mit ausreichender Masse bilden, beginnen sie unter ihrer eigenen Schwerkraft zu kollabieren, erwärmen sich langsam und bilden schließlich neue Sterne, deren Alter auf nur wenige hunderttausend Jahre geschätzt wird.
Auffällig ist, dass in dieser Ansicht fast keine Galaxien zu erkennen sind. Stattdessen blockiert eine Mischung aus durchscheinendem Gas und Staub, bekannt als das interstellare Medium, unsere Sicht auf einen Großteil des tieferen Universums.
Eine ganz neue Webb-Aufnahme zeigt jedoch eine Region der Sternentstehung, die wesentlich weiter entfernt existiert. Etwa 2 bis 3 Milliarden Jahre nach dem Urknall bildeten Galaxien mit rasender Geschwindigkeit Sterne. Das damalige Feuerwerk der Sternentstehung prägt noch heute die Galaxien. Astronomen untersuchten diese Region, weil die Bedingungen und die Menge an Metallen innerhalb der SMC (Small Magellanic Cloud - deutsch: Kleine Magellansche Wolke) denen ähneln, die vor Milliarden von Jahren in Galaxien beobachtet wurden, während einer Ära im Universum, als die Sternentstehung ihren Höhepunkt erreichte und die heute als „kosmischer Mittag“ bekannt ist.
Margaret Meixner, Astronomin der Universities Space Research Association und Hauptforscherin des Forschungsteams, erklärt, warum gerade dieses Objekt ausgewählt wurde: „Es gibt Tausende von Sternentstehungsregionen wie dieser, aber selbst wenn NGC 346 jetzt der einzige massereiche Haufen ist, der in seiner Galaxie wild Sterne bildet, bietet er uns eine großartige Gelegenheit, die Bedingungen zu untersuchen, die zum Zeitpunkt des ´kosmischen Mittags` herrschten.“
Frühere Infrarotstudien von NGC 346 hatten sich auf Protosterne konzentriert, die schwerer sind als etwa das 5- bis 8-fache der Masse unserer Sonne. „Mit Webb können wir leichtere Protosterne untersuchen, die nur ein Zehntel der Masse unserer Sonne besitzen, um zu sehen, ob sich ihr Bildungsprozess von den massereichen Sternen unterscheidet“, sagte die Co-Autorin Olivia Jones vom United Kingdom Astronomy Technology Centre, Royal Observatory Edinburgh.
„Wir sehen die Bausteine, nicht nur von Sternen, sondern möglicherweise auch von Planeten“, sagte Guido De Marchi von der Europäischen Weltraumorganisation. „Und da die Kleine Magellansche Wolke während des kosmischen Mittags eine ähnliche Umgebung wie Galaxien hat, ist es möglich, dass sich Gesteinsplaneten früher im Universum gebildet haben könnten, als wir vielleicht gedacht haben.“
Die Forschungsergebnisse zeigen einmal mehr, welche außergewöhnliche Dynamik die astronomische Forschung derzeit vorantreibt und wie oft Theorien hinterfragt oder Schulweisheiten revidiert werden müssen. Vielleicht birgt aber der Blick auf den „Kosmischen Mittag“ auch die Chance, das Verständnis über die einstige Entstehung unseres eigenen Sonnensystems zu erweitern. Damit würden wir der Beantwortung der kosmologischen Frage, woher wir kommen, ein entscheidendes Stück näherkommen.
Klaus Huch, Planetarium Halberstadt
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Sonntag 01.01.2023
111. Musiker und Astronom zugleich
Bilder
EsWa, Galaxien 137, Digital, 90 x 70, 2022
Noch immer sind die Nächte lang, sodass bei klarem Himmel die ganze Pracht der Wintersternbilder gut zu erkennen ist. Der Himmelsjäger Orion ist dabei mit seinen vielen hellen Sternen besonders augenfällig. Seine drei Gürtelsterne Alnitak, Alnilam und Mintanka stehen fast genau in einer Reihe und gleichem Abstand zum Mittelstern. Verlängert man ihre Sternenkette in Richtung Horizont, so trifft man auf unseren hellsten Nachtstern Sirius im Sternbild Großer Hund. Verlängert man sie jedoch in die entgegengesetzte Richtung, so trifft man auf Aldebaran im Sternbild Stier. Er wird gleich von zwei offenen Sternhaufen, den Hyaden (Regengestirn) und den Plejaden (Siebengestirn), flankiert.
Während der Planet Jupiter bereits gegen 23 Uhr untergeht, ist der Mars fast die ganze Nacht zu sehen. Der Wüstenplanet ist oberhalb des Stiers mitten im Wintersechseck durch seine auffällige rote Farbe deutlich sichtbar. Ende des Monats beginnt dann die Abendsichtbarkeit der Venus. Je mehr sie sich scheinbar von der Sonne entfernt, desto später geht sie unter. Bis Ende Januar ist sie allerdings nur für knapp eine Stunde tief im Westen zu erkennen.
Zwei Berufe, zwei Länder, zwei Sprachen und ein Planet: Das Leben des Friedrich Wilhelm Herschel, dessen 200. Todestag wir vor Kurzem begangen haben, kulminierte am 13.März 1781: Mit einem selbstkonstruierten und zusammen mit seinem Bruder Alexander gebauten Teleskop konnte der gebürtige Niedersachse im südenglischen Bath die Entdeckung des Planeten Uranus vermelden. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Kunde vom Aufspüren des siebten Planeten unseres Sonnensystems im Garten der Villa in der New King Street No.19 und der inzwischen 42jährige Hannoveraner wurde zur gefeierten Sternenforscher-Berühmtheit seiner Zeit.
Wie viele seiner astronomischen Vorgänger war er als junger Mann in einem ganz anderen Beruf tätig und betrieb die Sternenkunde zunächst nur als Hobby. Schon im Alter von knapp 15 Jahren diente er im hannoveranischen Garderegiment. Herschel etablierte sich schnell als profilierter Orchestermusiker, da er gleich mehrere Instrumente beherrschte. Er spielte sowohl Oboe als auch Violine und Cello. Auch der Umgang mit der Orgel war ihm vertraut. Um sein Glück auf der Insel zu versuchen, musste Herschel allerdings bereits mit 21 Jahren desertieren. Da sein Regiment zu diesem Zeitpunkt in England stationiert war, konnte er dem Rat des Vaters Isaac folgen. Außerdem kamen ihm seine ausgezeichneten Sprachkenntnisse zugute. Trotz allem hatte der Deutsche anfangs zunächst einen schweren Stand. Erst mit der Zeit verschaffte er sich den nötigen Respekt seiner englischen Mitmusiker.
Als er im Herbst 1766 im Prominentenkurort Bath eine Stelle als Kirchenorganist antrat, umfasste sein kompositorisches Schaffen bereits 20 Sinfonien. Georg Friedrich Händel, der zu dieser Zeit auch in England lebte, soll sie sehr geschätzt haben. Übrigens soll ihn auch die Qualität der Fernrohre aus der Werkstatt Herschel begeistert haben.
Die Anstellung als Kirchenmusiker erwies sich als so lukrativ, dass Herschel schon bald mit dem Schleifen von größeren Linsen beginnen konnte. Schon hier zeigte sich, dass sowohl seine Brüder Jacob und Alexander als auch seine Schwester Caroline eine große Hilfe waren, denn sie zeigten sich bei der nicht gerade einfachen Politur der unfertigen Hohlspiegel als äußerst ausdauernd und begabt.
Die Glas- und Metallspiegel waren die Grundlage für den Eigenbau von Spiegelteleskopen. So erhielt Herschel nach der Entdeckung des neuen Planeten die Chance, eines seiner Eigenkonstruktionen dem von der Astronomie begeisterten König Georg III. zu präsentieren. Die Vorführung fand großen Anklang beim Herrscher. „The King has very good Eyes and enjoys observations with telescopes exceedingly“ (Übersetzung: Der König hat sehr gute Augen und erfreute sich außerordentlich an den Beobachtungen mit den Fernrohren) soll Herschel in einem Brief an die Familie begeistert geschrieben haben.
Bald schon erhielt er auch in Würdigung seiner astronomischen Leistungen die Ernennung zum Astronomer Royal. Als Hofastronom nunmehr finanziell unabhängig, konnte sich Herschel der astronomischen Forschung in vollem Umfang widmen. Zusammen mit seiner Schwester Caroline - die heute weithin als eine der ersten Astronominnen der Geschichte gilt (siehe Kosmos 82) -, gelangen ihm in den darauffolgenden Jahrzehnten weitere spektakuläre Entdeckungen von zum Teil weit entfernten Himmelsobjekten. Das eigens dafür gebaute Teleskop hatte für die damalige Zeit wahrhaft gigantische Ausmaße: Über 10 Meter hoch und mit einem Spiegel von fast 50 Zentimeter Durchmesser war er ebenso die Voraussetzung für die Erarbeitung dreier Kataloge von Himmelsobjekten wie für für die Entdeckung gleich mehrerer Monde der Planeten Jupiter und Saturn. Auch physikalisch war der deutsch-englische Astronom sehr erfolgreich. Mit einem denkbar einfachen Versuchsaufbau gelang es ihm als ersten Wissenschaftler die Infrarotstrahlung direkt nachzuweisen. Ihm zu Ehren wurde 2009 das erste europäische Infrarotteleskop Herschel benannt.
Hochbetagt übergab Sir William Herschel (wie er sich inzwischen nannte) seinem Sohn John den wissenschaftlichen Nachlass, da dieser schon früh großes Interesse an der astronomischen Beobachtung gezeigt hatte. Er setzte die Arbeit seines Vaters äußerst erfolgreich fort und kartografierte den Südsternhimmel, den sein Vater nie erblickt hatte. Als einer der ersten Forscher setzte er auf die Photografie, dessen Begriff er ( ebenso wie „positiv“ und „negativ“) prägte. Später stieg er zum Präsidenten der Royal Astronomy Society und zum königlichen Münzmeister auf.
Interessanterweise zieht es auch noch heute viele junge Wissenschaftler in fremde Gefilde. Dort scheinen wie einst in England die Bedingungen für die Forschung und die damit verbundene finanzielle Sicherheit noch heute wesentlich fundamentaler zu sein als daheim in deutschen Landen.
Klaus Huch, Planetarium Halberstadt
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Donnerstag 01.12.2022
110. Vollmond verdeckt Mars
Bilder
EsWa, Galaxien 142, Digital, 150 x 120, 2022
Aus meteorologischer Sicht ist bereits der 1. Dezember der erste Wintertag, doch die Himmelskunde hat einen anderen Ansatz. Genau an dem Tag, an dem die Sonne die geringste Mittagshöhe im Südpunkt erreicht und der kürzeste Tag des Jahres uns bei guten Wetterbedingungen nur knapp acht Sonnenstunden beschert, beginnt der astronomische Winter. Man spricht auch dabei von der Wintersonnenwende, denn nach dem Durchlaufen dieses Umkehrpunktes werden die Tage langsam wieder länger.
Das Herbstviereck, welches aus den Sternbildern Andromeda und Pegasus besteht, ist nun schon mehr in westlicher Richtung zu erkennen. Flankiert wird es durch den Planeten Jupiter, der als deutlich hellstes Objekt diesen Teil des winterlichen Himmels dominiert. Dafür bestimmt nun für die nächsten Monate das Wintersechseck mit den Sternbildern Zwillinge, Fuhrmann, Stier, Orion, Großer und Kleiner Hund den Anblick in südlicher Richtung. Mitten durch diese größte Konstellation am gestirnten Himmel zieht sich ein gut sichtbarer Teil der Milchstraße. Allerdings ist diese Himmelsbrücke nur bei absoluter Dunkelheit zu erkennen.
Wesentlich einfacher ist der rote Planet Mars zu erkennen, denn seine Position oberhalb des ebenfalls leicht rötlich scheinenden Sterns Aldebaran im Stier ist nicht zu übersehen. Wenn am frühen Morgen des 8.Dezembers zwischen 6 und 7 Uhr dieses Sternbild schon fast am Untergehen ist, kann man ein ganz besonderes Himmelsspektakel bewundern. Für fast eine Stunde schiebt sich der Vollmond vor den Planeten Mars. Für Frühaufsteher ist diese sehr seltene Planetenbedeckung ein absolutes Muss.
Im Mittelpunkt des 110. Artikels der Serie Kosmos steht ein Meilenstein in der Geschichte der Astronomie: Der wichtigste Katalog der Nebel und Galaxien, erstellt von Charles Messier. Es sind genau 110 Objekte, die in diesen Index einflossen. Heute werden die von Messier aufgeführten Himmelsobjekte nur noch kurz mit M1 bis M 110 bezeichnet. Die Nummer 1 dieses Tabellariums ist der Krebsnebel.
Allein schon dieser im Fernrohr als diffus erscheinende Nebelfleck hat es in sich. Heute wissen wir, dass im Inneren von M1 ein Gravitationsmonster steckt, welches vor fast eintausend Jahren bei der Explosion einer Supernova entstanden ist. Für die Wissenschaft Astronomie begründete sich damit ein völlig neuer Beobachtungsbereich der veränderlichen Sterne. Der Pulsar, der im Zentrum dieses gigantischen Nebels sitzt und diesen gleichzeitig auseinandertreiben lässt, ist ein extrem kompakter Neutronenstern, der präzise wie ein Uhrwerk tickt. Genau dreiunddreißig Mal in der Sekunde dreht sich dieser kaum 30 km große Zwerg um seine eigene Achse und genau zwei Strahlungskeulen gehen von ihm aus. Die auch Synchrotronstrahlung genannte Emission erreicht uns auf der Erde nur durch Zufall, denn die Strahlungsquelle befindet genau in der Beobachtungsebene. Dies ist auch gleichzeitig der Grund dafür, dass viele Pulsare unerkannt bleiben, weil ihre Wellenfronten einfach über oder unter uns vorbeiziehen.
Doch zum Begründer des Katalogs selbst: Charles Messier wurde 1730 im lothringischen Badenweiler geboren und war ein französischer Astronom. Bis zum Jahr 1770 hatte er bereits 103 Objekte in seine umfassende Übersicht aufgenommen. Er galt lange Zeit als der begabteste Beobachter seiner Zeit, doch Krankheit und zunehmender Verlust der Sehfähigkeit ließen ihn im hohen Alter das Interesse an der Erweiterung verlieren, sodass erst sein Nachfolger Mechain das Register auf 110 Eintragungen erweiterte. Unter ihnen sind die bekanntesten Himmelsobjekte. Ganz vorn steht mit M 31 die Andromeda-Galaxis, die uns nächst stehende Welteninsel mit ungefähr 400 Milliarden Sternen. Aber auch M 42 ist nicht minder unbekannt, handelt es sich hier doch um den schon mit bloßem Auge erkennbaren Orionnebel. M 45 ist ein offener Sternhaufen, der gleich oberhalb des Stiers in jeder Winternacht hervorsticht Es sind die Plejaden, die bei uns auch Siebengestirn genannt werden. Die wohl schönsten Galaxien in der Aufstellung Messiers sind die Whirlpool-Galaxie M 51 und die Feuerradgalaxie M 101. Ihr Anblick ist beispielhaft für Himmelsräder, die man direkt „head on“ , also von oben sieht. Dafür ist die Spindelgalaxie M 102 der Klassiker für die „edge on“ - Kantenansicht einer fernen Milchstraße. Der Herkuleshaufen M 13 ist hingegen ein typischer Kugelsternhaufen. Mindestens 500 000 Sterne stehen hier besonders eng zusammen. Die Kugelsternhaufen stellten eine eigenständige Gruppe in Messiers Liste dar, sind sie doch im Fernrohr ein besonders schöner Anblick. Jedes vierte Objekt der Auflistung ist ein solcher „Eyecatcher“. Auch die Gruppe der planetarischen Nebel ist vertreten. Besonders eindrucksvoll ist der Ringnebel M 57 im Sternbild Leier. Allerdings ist es kein planetarischer Ursprung, der den Namen entstehen ließ: Es war einfach die falsche Annahme, dass man ein fernes Planetensystem in seiner frühen Entwicklung erkennen könnte. Erst heute wissen wir, dass auch hier ein sterbender Stern Ausgangspunkt für die ringförmig diffundierenden Nebelschwaden war,
Eine Auflistung aller 110 Objekte ist unter https://de.wikipedia.org/wiki/Messier-Katalog#Liste_der_Messier-Objekte einsehbar.
Wer sich die wunderschönen Objekte des Charles Messier selbst mit Hilfe eines Spiegelteleskops oder eines Linsenfernrohrs erschließen möchte, dem sei der Messier-Guide von Ronald Stoyan empfohlen, der 2020 im Oculum-Verlag Erlangen erschienen ist. Mit Hilfe eines Leitsterns und verschiedenen Sternkartenausschnitten kann man sich aufgeteilt nach günstigen Beobachtungsmonaten den Geheimnissen des Charles Messier eindrucksvoll nähern.
Klaus Huch, Planetarium Halberstadt
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Dienstag 01.11.2022
109. Ringlein Ringlein …..
Bilder
EsWa, Galaxien 140, Digital, 150 x 120, 2022
Mit dem Monat November sind wir wieder zur Normalzeit zurückgekehrt. Schon ab 17 Uhr kann man in der Dämmerung das Sommerdreieck erkennen und im Süden ist das Herbstviereck sichtbar. In der zweiten Nachthälfte bis in die frühen Morgenstunden kommt das Wintersechseck zur Geltung. Damit sind in einer einzigen Nacht alle drei Großkonstellationen offenkundig.
Jupiter ist das hellste Objekt des Abendhimmels, da keine in der Nähe befindlichen Himmelskörper auch nur annähernd an seine strahlende Vorherrschaft heranreichen. Somit ist er problemlos erkennbar. Mars hingegen eifert in puncto Helligkeit mit den Sternen des Stiers und des Orions um die Wette. Dabei ist zu beachten, dass das Licht der Sterne in der Nachbarschaft des roten Planeten oft Jahre oder Jahrhunderte braucht, bevor es auf unsere Netzhaut fällt. So ist das Licht zum Beispiel von Aldebaran (Hauptstern des Stiers) 67 Jahre und von Beteigeuze (zweithellster Stern des Orion) 642 Jahre unterwegs. Die ruhige und deutlich rote Erscheinung des Mars rührt von der Tatsache her, dass sein Licht eigentlich von der Sonne stammt. Rund zwölf Minuten braucht es, ehe es von ihm reflektiert wird, bevor es nach weiteren acht Minuten auf der Erde angelangt ist.

Ringlein, Ringlein, du musst wandern, heißt es schon in einem alten Singspiel. Gleich zwei völlig ungewöhnliche kosmische Erscheinungen lassen ihre Ringe ebenfalls wandern, doch dies geschieht natürlich durch einen ganz anderen Antrieb.
Zu den absoluten Sonderlingen unter den fernen Himmelsobjekten zählen die Wolf-Rayet-Sterne. Diese teilweise mehr als 100 Sonnenmassen schweren und bis zu 100.000 Grad heißen Giganten verbrauchen ihren Wasserstoffvorrat enorm schnell und haben eine 2000fach geringere Lebenserwartung als unsere Sonne (Kosmos 84). Nach gerade einmal fünf Millionen Jahren endet ihre Existenz mit einer gewaltigen Supernova. Zuvor allerdings zeigen sie oft ungewöhnliche Formen von Energieausstößen. Das interessante Beispiel dieser Art wurde jetzt vom James-Webb-Space-Telescope erstmals in seiner vollen Größe erfasst. Die Aufnahme zeigt dabei den Wolf-Rayet Stern WR 140 und indirekt auch seinen unmittelbaren Nachbarstern, der ebenfalls zu den massereichen Sternen gehört. Das Doppelsternpaar bewegt sich in 8 Jahren einmal um seinen gemeinsamen Schwerpunkt. Sie kommen sich dabei auch alle 8 Jahre einmal so nah, dass der aktivere WR 140 eine Staubfront abstößt, die das System verlässt und eine neue Hülle erzeugt. Die dadurch entstehenden Ringstrukturen haben so immer den gleichen Abstand voneinander. Bisher waren nur zwei Ringe bekannt, doch das JWST hat schon auf den ersten Blick 12 weitere erfasst. Übrigens sind die Ringe nicht gleichförmig, denn sie werden teilweise vom Nachbarstern aufgesogen, sodass nur etwas mehr als die Hälfe der Hüllen sichtbar bleibt. Auf der Website https://webbtelescope.org/news/first-images/gallery kann man sich übrigens ausgiebig mit den neuen, teilweise sensationellen Bilder des neuen Weltraumteleskops beschäftigen.
Doch es gibt eigentlich eine ganze Armada von Raumteleskopen, die kontinuierlich Daten für die forschende Astronomie liefern. Auch hier sind von Zeit zu Zeit sehr aufschlussreiche Bilder zu sehen, die uns von zum Teil hochinteressanten Forschungsprojekten berichten.
So konnte unlängst das im Bereich der Gammastrahlung arbeitende Neil-Gehrels-SWIFT-Observatory einen GRB (GammaRayBurst) von bisher nicht gekannter Stärke detektieren. GRBs sind Gammastrahlungsausbrüche, bei denen in sehr kurzer Zeit enorme Energiemengen freigesetzt werden. Nun steht der offiziell GRB 221009 A genannte Blitz vom 10. September dieses Jahres uneingeschränkt an der Spitze aller bisher erfassten Ereignisse dieser Art.
Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass bei diesem über 10 Stunden nachleuchtenden Ausbruch in einer einzigen Sekunde weit mehr als 100 Million Elektronenvolt freigesetzt wurden. Umgerechnet würde dies bedeuten, dass unsere Sonne in ihrem bisherigen Leben nur halb soviel Energie produziert hat, wie sie bei der Entstehung des neuen Schwarzen Lochs als Folge des GRB 221009 A ausgestoßen wurde. Erst in ungefähr 5 Milliarden Jahren wird die Strahlungsleistung unseres Zentralgestirns die unfassbare Energiemenge dieser eine Sekunde dauernden Gammastrahlenausbruchs ausgeglichen haben.
Doch zurück zu den Ringen, die auch hier zu wandern scheinen. Der leitende Astronom Andrew Beardmore von der University of Leicester in England erklärt dies so: „Diese Merkmale sind nicht Teil der Explosion, sondern „Lichtechos“, die entstehen, wenn die vom Ereignis ausgehende Röntgenstrahlung von mikroskopisch kleinen Körnern, die in Staubwolken in unserer eigenen Galaxis schweben, zur Erde gestreut wird.“
Abschließend sei vermerkt, dass es mittlerweile mehr als 60 Jahre her ist, dass die Gammastrahlungsausbrüche eher zufällig entdeckt wurden. Der kalte Krieg hatte damals dazu geführt, dass man mit Hilfe von Satelliten versuchte, möglichen Atombombenexplosionen auf die Spur zu kommen. Sinnigerweise sind wir momentan in genau der gleichen Situation wie einst, denn die „Satelliten-Ohren“ der Geheimdienste sind derzeit auf das Schärfste konzentriert, um im ukrainischen Kriegsgebiet genau eben diese Ereignisse – hoffentlich nicht – zu erfassen.
Klaus Huch, Planetarium Halberstadt
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Samstag 01.10.2022
108. Galaktisch asoziale?
Bilder
EsWa, Galaxien 135, Digital, 145 x 115, 2022
Mit jedem Tag erweitern sich die Beobachtungszeiten für die Astronomen, denn bis zum Ende des Monats wird die Nacht schon 14 Stunden lang sein und die sommerlichen Sternbilder Leier, Schwan und Adler sind nach und nach am Abendhimmel nicht mehr sichtbar. Dafür schieben sich die Herbststernbilder Pegasus und Andromeda in den Vordergrund. Ihre vier hellsten Objekte bilden das gut erkennbare Herbstviereck. Der leuchtende Planet Jupiter bestimmt allerdings den Abendhimmel.
Am Monatsanfang steht er genau gegenüber der Sonne und ist somit die ganze Nacht über als deutlich hellstes Himmelsobjekt sichtbar. Seine beste Beobachtungsmöglichkeit ist gegen Mitternacht. Am Abend des 8. Oktober bildet Jupiter gemeinsam mit dem fast vollen Mond ein interessantes Paar, denn sie stehen unmittelbar beieinander. Auch Mars und Saturn sind zu dieser Zeit in westlicher Richtung zu sehen. Die sonnennahen Planeten Venus und Merkur halten sich hingegen eher bedeckt.

Schon immer wollte der Mensch wissen, was die Welt im Innersten zusammenhält. Der deutsche Physiker und gleichzeitige Begründer der Quantenmechanik Werner Heisenberg hatte bereits im Jahre 1958 eine Weltformel postuliert, die davon ausging, dass die Elementarteilchen die kleinsten und damit bestimmenden Teilchen der Physik sind und somit die Grundbausteine aller existierenden Himmelskörper darstellen. Doch hinsichtlich dieser These kamen schon kurze Zeit später in der Fachwelt große Bedenken auf. Der Nachweis der Quarks 1968 und die vor wenigen Jahren im Kernforschungszentrum CERN gemachte Entdeckung des Higgs-Teilchens zeigen auf, dass der klassische Atomaufbau nicht die Endstufe des inneren Zusammenhalts des Mikrokosmos darstellt.
Wie aber ist der Makrokosmos aufgebaut? Viele offenen Fragen wurden bereits in der Vergangenheit nach und nach beantwortet. Sir Isaac Newton hatte schon im Jahre 1685 mit der Formulierung des Gravitationsgesetzes die Grundlagen der Massenanziehung formuliert. Die Urkraft war gefunden und Albert Einstein postulierte 1916, dass Gravitation sich ebenso über Wellen ausbreiten könnte. Hundert Jahre später gelang den Astronomen die Bestätigung der Existenz von Gravitationswellen durch die VIRGO - und LIGO - Detektoren.
Speziell in der uns umgebenden Welt der Milchstraße stellt sich aber die unabwendbare Frage, ob wir allein sind. Nun ist einer der größten Protagonisten, die sich mit den Fragen der außerirdischen Intelligenz beschäftigt haben, im Alter von 92 Jahren verstorben. Gemeint ist Frank Drake, einer der bekanntesten und profiliertesten Astronomen weltweit. Der 1930 in Chicago geborene Drake war bis zuletzt geistig höchst aktiv, wenn auch seine Lehrtätigkeit an der Universtity of California in Santa Cruz seit vielen Jahren ruhte. Doch unermüdlich hatte er immer wieder darauf hingewiesen, dass die Frage, ob wir allein im Universum sind, von vielen Faktoren abhängig sein müsste. Seine Überlegungen mündeten in der berühmten Drake-Gleichung, die der Autor im Jahr 1961 auf einer Konferenz in Green Bank erstmalig der erstaunten Fachwelt präsentierte.
Diese Gleichung verwendet genau sieben Variablen, um die Anzahl der nachweisbaren Zivilisationen in der Milchstraße zumindest ansatzweise zu schätzen. Grundlage und gleichzeitig Variable Nr.1 ist die durchschnittliche Sternentstehungsrate pro Jahr, die durch die Beobachtungen des Hubble-Space-Telescopes recht genau mit 10 Sonnenmassen festgelegt werden konnte. Darüber hinaus berücksichtigt sie Faktoren wie den Anteil der sonnenähnlichen Sterne mit Planetensystemen und die Anzahl der bewohnbaren Planeten in jedem dieser Systeme. Zusätzlich betrachtet sie, wie oft sich Leben auf Welten innerhalb der habitablen Zone (siehe Kosmos 105) entwickeln kann und wie oft diese Lebensformen letztendlich nachweisbare Technologien hervorbringen können. In ihrer ursprünglichen Form geht die Gleichung davon aus, dass sich technologisch hochentwickelte Außerirdische auf Planeten entwickeln würden, die sonnenähnliche Sterne umkreisen. Es ist dabei aber auch notwendig, die Kommunikationsfähigkeit dieser intelligenten Lebewesen in Betracht zu ziehen und darüber hinaus das Interesse dieser Zivilisation, mit anderen intelligenten Bewohnern unserer Galaxis in Kommunikation zu treten. Als letzte und abschließende Variable bezieht die Gleichung auch die Lebensdauer einer technischen Zivilisation mit ein.
Doch zurück zu Frank Drake: Er hatte gemeinsam mit Carl Sagan darauf gedrängt, dass die Raumsonden Voyager 1 und Voyager 2 mit den berühmten vergoldeten LaserDiscs ausgestattet werden, die eine Vielzahl von Nachrichten über die Entwicklung auf unserer Erde gespeichert haben. So könnte eine andere Spezies in der Milchstraße zumindest indirekt Informationen über uns Menschen erlangen. Dies war natürlich auch ein äußerst gut durchdachter Promotion-Trick, denn noch heute erinnern sich viele Menschen genau an diese überdimensionalen DVDs, kennen aber die wissenschaftlichen Resultate der beiden Voyager - Planetenmissionen der 1980er Jahre kaum. Gleichzeig erfüllte Drake damit aber wohlwissend eine wichtige Variable aus seiner Gleichung, welche die Fähigkeit und den Willen, mit anderen intelligenten Lebewesen in wissentlichen Kontakt zu treten, einfordert. Die wenig später ebenfalls von Frank Drake ins Leben gerufene SETI-Forschung (Search for Extraterrestrial Intelligence) wurde zu einem riesigen Erfolg, denn im Laufe der Jahre beteiligten sich nicht nur viele Wissenschaftler an diesem Projekt, sondern auch Tausende von Hobbyastronomen.
Leider gab es aber nie auch nur das kleinste Anzeichen dafür, dass irgendwo da draußen jemand die Absicht hatte, mit uns in Kontakt zu treten.
Sollte dahinter vielleicht gar eine Absicht stecken? Liegt es nicht nahe, dass der „Hohe Galaktische Rat“ – so er denn existieren sollte – schon längst ein Urteil über die Bewohner des dritten Planeten im System des Sterns Sonne gefällt hat? Könnte es vielleicht sein, dass wir die zu erfüllenden Kategorien einer hochentwickelten galaktischen Zivilisation doch nicht gänzlich erfüllen, weil wir unsere Intelligenz für die unsinnigsten Dinge vergeuden und es darüber hinaus noch zulassen, dass im eigentlich fortgeschrittenen 21. Jahrhundert barbarische Kriege angezettelt werden? Gelten wir vielleicht sogar als galaktisch asozial? Möglich wäre dies sicherlich und so müssten wir uns letztendlich nicht wundern, dass wir vollkommen allein sind.
Klaus Huch, Planetarium Halberstadt
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Donnerstag 01.09.2022
107. Distanz Berlin - New York in knapp 40 Sekunden
Bilder
EsWa, Galaxien 128, Digital, 130 x 110, 2022
Auch in den letzten Sommertagen wird das Sommerdreieck den Abendhimmel beherrschen. Am markantesten ist dabei Wega - der Hauptstern der Konstellation Leier. Schon in der Dämmerung ist der mit 500 Millionen Jahren noch recht junge Stern hoch in Zenitnähe zusehen. Er ist dreimal so groß wie unsere Sonne, strahlt 37mal heller und ist nur 25 Lichtjahre entfernt. Während unsere Erde neben der täglichen Rotation um ihre geneigte Achse, die im Laufe von 25.700 Jahren auch einen sogenannten Präzisionskreiskegel beschreibt, wandert gleichzeitig auch der Himmelsnordpol mit. Vor 14.000 Jahren stand die Wega dort in unmittelbarer Nähe und war so Polarstern und in knapp 12.000 Jahren wird sie wieder unser Polarstern sein.
Nacheinander gehen die Planeten Saturn, Jupiter und Mars auf. Allerdings kann man sie gemeinsam erst weit nach Mitternacht sehen. Venus und Merkur sind derzeit nicht sichtbar.
Am 23.September ist um 3.04 Uhr die zweite Tagundnachtgleiche des Jahres und die Möglichkeit der nächtlichen Beobachtung erhöht sich nach und nach wieder auf mehr als 12 Stunden.
In den tiefsten Fernen unseres Sonnensystems gibt es immer wieder Neues zu entdecken. Die Ursache liegt zum Teil darin, dass auch viele Jahre nach dem direkten Vorbeiflug der Raumsonden noch Bilder ausgewertet werden. Die ungeheure Datenflut bringt dies mit sich: Nach und nach werden die Daten geordnet, aufbereitet und analysiert. Erstmals geschah eine solche „Spätauswertung“ bei den immer mit Spannung erwarteten Bildern, welche die Raumsonden Voyager 1 und Voyager 2 abschickten, während dem Vorbeiflug an allen vier Gasplaneten. Während der direkten Passage dieser Planeten und deren Monde ist keine Zeit für Übertragungen, denn Bild auf Bild war zunächst zu speichern. Erst in den teilweise bis zu vier Jahren dauernden Passagen zwischen den Himmelskörpern wurden die Speicherinhalte zur Erde gefunkt. Ein äußerst kompliziertes Verfahren, wenn man bedenkt, dass ein Computer der 3.86er Baureihe an Bord ist und die Sendekapazität der Antenne gerade einmal 12 Watt beträgt.
Etwas besser ausgestattet ist die im Jahre 2006 gestartete Raumsonde New Horizon, Auch ihre Datensätze stellen nach der Decodierung die Grundlage einer weitgefächerten Feldforschung für viele Jahre dar. So ist es nicht verwunderlich, dass sieben Jahre nach dem direkten Vorbeiflug beim Zwergplaneten Pluto jetzt eine Forschergruppe um Kelsi Singer vom Southwest Research Institute in Boulder (Colorado) eine sensationelle Entdeckung verkündete. Immerhin ist Pluto vierzig Mal weiter von der Sonne entfernt als unsere Erde. Trotzdem konnte nun erstmals Kryovulkanismus nachgewiesen werden. In Kosmos 98 war beschrieben worden, dass der kleine Saturnmond Enceladus eifrig Eis spukt. Eine Erklärung dafür ist die Gezeitenreibung des kleinen Mondes während seines Umlaufes um den Ringplanten. Für Pluto gibt es diese Erklärung nicht, denn der Himmelskörper bewegt sich einmal in 248 Jahren um unsere Sonne und hat selbst fünf Monde, die ihn auf unterschiedlichen Bahnen umrunden. Es stellt sich also die Frage, welche inneren Energien bei Temperaturen von unvorstellbar kalten -210° C wirken. Was bringt und hält diese Eisbewegungen in Schwung? Hat Pluto in seinem Inneren noch Wärme aus seiner Entstehungszeit gespeichert oder kann er sogar selbst Wärme erzeugen? Die Forscher stehen vor einem Rätsel. Fest steht jedoch, dass in der Nähe der bis zu sieben Kilometer hohen Berge Piccard Mons und Wright Mons Eis ausgetreten ist oder dies möglicherweise sogar noch immer der Fall ist ( https://www.sueddeutsche.de/wissen/astronomie-pluto-vulkane-zwergplanet-1.5556886). Es gibt Hinweise darauf, dass riesige Mengen von Stickstoff-Eis sich von den Bergeshöhen hinab in die rund 1000 Kilometer große Tiefebene Sputnik Planitia gewälzt haben, um sich dort großflächig anzusammeln.
Doch zurück zur Sonde New Horizon, denn die ist immerhin das schnellste bisher von Menschenhand entwickelte Flugobjekt, welches das Sonnensystem verlässt. Mit einer Geschwindigkeit von 16,21 km/s jagt sie hinaus in die Fernen des Alls. Schon nach knapp 14 Monaten passierte sie den Gasriesen Jupiter mit einem sogenannten Swing-by-Manöver. Dieser physikalische Effekt der Schwerkraftumlenkung erzeugte eine weitere Erhöhung der Geschwindigkeit auf 83.600 Kilometern pro Stunde.
So dauerte es bis zum fernen Pluto nicht einmal zehn Jahre. Vor wenigen nun Tagen konnte sie die magische Grenze von 50 Astronomischen Einheiten erreichen (https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/von-meteoriten-bis-kleinplaneten/new-horizons/). Zum Vergleich: Unsere Erde bewegt sich im Mittel 150 Millionen Kilometer entfernt von der Sonne und diese Distanz wird als eine Astronomische Einheit (1AE) bezeichnet. Trotz dieser hohen Geschwindigkeit wird es noch sehr lange dauern, bis New Horizon das derzeit am weitesten entfernte Flugobjekt Voyager 1 (momentaner Abstand zur Sonne 157,3 AE) „einholen“ wird. Erst im Jahre 2170 wird dies der Fall sein.
Den absoluten Rekord für kosmische Geschwindigkeiten halten allerdings Raumsonden, die unser Sonnensystem nicht verlassen. Ganz im Gegenteil umlaufen sie unser Zentralgestirn auf extrem schnellen Kepler-Ellipsen. Hier ist die Parker Probe Sonde absoluter Spitzenreiter. Mit fast 700.000 Kilometern pro Stunde wird sie am Heiligabend 2024 den sonnennächsten Punkt passieren und der Sonnen so nah kommen, wie noch nie ein anderer Himmelskörper. Noch ein Vergleich zum Abschluss: Mit der oben genannten Geschwindigkeit der Sonde könnte man die Distanz Berlin - New York in knapp 40 Sekunden überwinden. In unserer eigenen Galaxis kommen wir natürlich mit diesem „Schneckentempo“ nur sehr langsam voran. Reisezeiten von mehr 100.000 Jahren zu den nächsten Sternen wären einzuplanen.
Klaus Huch, Planetarium Halberstadt
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